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Animus

Animus

Titel: Animus
Autoren: Marina Heib
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wusste, wer Pete war, schließlich hatte er Marc lange genug beschatten lassen. »Was verschafft mir die Ehre in diesen etwas unbequemen Zeiten?«
    Ich ergriff das Wort. »Unbequem ist untertrieben. Marc hatte mit dir einen Fluchtplan für uns gedealt …«
    »Zu dem ihr nicht rechtzeitig am verabredeten Ort erschienen seid«, warf Conrad gelangweilt ein.
    »Was daran liegt, dass alles schiefging. Marc ist tot, seine Schwester auch. Übrig sind nur noch Pete und ich.«
    »Welche Rolle spielst du denn in unserem hübschen Komplott?«, wandte sich Conrad an Pete.
    »Ich war nicht involviert. Aber ich komme aus der beschissenen Nummer nicht mehr raus. Genügt das?«
    Conrad hantierte mit dem Brieföffner unter seinen Fingernägeln.
    »Wie seid ihr durch den Sicherheitskorridor des Secret Service gekommen? Das ganze Gelände ist abgesperrt«, fragte er misstrauisch.
    »Mit meinem Ausweis. Noch hat mich mein Chef nicht zur Fahndung ausgeschrieben.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich ihm das Leben gerettet habe durch eine Warnung in letzter Sekunde von Lucy.«
    Conrad sah Pete undurchdringlich an. Er legte den Brieföffner beiseite und zog seine Pistole aus dem Hosenbund. Ich hielt die Luft an. Pete hatte ihn provoziert. Doch Conrad plauderte ganz entspannt weiter. »Cool, Mann, du traust dich was. Bist halt ’n Kumpel von Marc. Scheiße, dass er abgekratzt ist, tut mir echt leid. War ein Guter. Früher.«
    Ich ging in die Offensive, denn ich wusste nicht, wie lange ich meine eigene Nervosität noch ertragen konnte. »Was hast du vor? Was glaubst du, wie du hier rauskommst?«
    Die First Lady und ihre Tochter warfen Blicke voller Hoffnung auf Pete und mich. Aber das war mir egal.
    »Ist doch nicht dein Problem! Was wollt ihr von mir?«, fragte Conrad zurück. »Ich bin euch nichts schuldig.«
    »Schon klar«, antwortete ich. »Aber wir haben da draußen keine Chance zum Überleben.«
    Pete pflichtete mir bei. »Das Militär und die gesamten Geheimdienste sind hinter Lucy her. Mein Ausweis wird uns nicht mehr lange schützen. Wir kommen nicht aus der Stadt raus.«
    »Und was soll ich da tun?« Conrad ließ gelangweilt die Pistole in der Hand baumeln.
    Mir ging das Geplänkel auf die Nerven. Außerdem war mir schlecht vor Anspannung. »Du sollst uns hier raushelfen. Und wir helfen dir hier raus.«
    »Ihr glaubt, ich brauche euch?«
    »Wenn du auf deine Geiseln setzt – sorry, Madam, für das offene Wort …« Ich warf einen entschuldigenden Blick zur First Lady. »Du glaubst, sie lassen dich ausfliegen, weil du die First Lady und ihre Tochter auf dem Schoß sitzen hast. Vergiss es! Du wirst abgeschossen, noch bevor du den Luftraum über dem Weißen Haus verlassen hast. Der Befehl wird dem Übereifer eines Idioten in die Schuhe geschoben, der schon ein paar Stunden später Dienst auf einer Radarstation in Alaska schiebt. So naiv bist du nicht.«
    »Und was schlagt ihr vor?«
    »Den Geheimgang.« Pete überraschte mich immer wieder. Er hatte meine Strategie sofort verstanden. Ich stand von dem Sofa auf und schlenderte scheinbar absichtslos durch den Raum.
    »Es existiert also tatsächlich einer?« Conrad versuchte eine gelangweilt-belustigte Miene aufzusetzen, doch ich sah: Wir hatten ihn.
    »Schick deine Gorillas raus, dann reden wir weiter.«
    »Warum sollte ich?«
    »Wenn einer von deinen Leuten kalte Füße bekommt und den Gang benutzt, um sich abzusetzen, ist der Gang damit erledigt. Wieso, sagen wir dir, wenn sie draußen sind.«
    Conrad zögerte. Er sah uns misstrauisch an, blickte auf seine Waffe, die er um seinen rechten Zeigefinger schaukeln ließ. Dann befahl er seinen Leuten, das Zimmer zu verlassen und sich vor der Tür zu postieren. Sie gingen raus.
    Ich schlenderte auf den Schreibtisch zu.
    »Setz dich wieder hin, Schlampe.«
    Ich pflanzte meinen Hintern auf den Schreibtisch. »Recht so?«
    Pete fing an, irgendetwas über das Sicherheitssystem im Geheimgang zu erzählen, und lenkte damit Conrads Aufmerksamkeit auf sich. Conrad achtete darauf, dass der Lauf seiner Pistole immer auf Pete gerichtet war. Aber er spielte weiter mit ihr, ließ sie wie ein blöder Westernheld um seinen Abzugsfinger kreisen, ließ sie baumeln. Er fühlte sich sicher. Pete war etwa drei Meter von ihm entfernt, und der Schreibtisch stand zwischen ihnen. Conrad schnauzte mich zwar an, mich wieder auf das Sofa zu setzen, behielt dabei aber Pete im Auge. Vermutlich fühlte er sich von einer unbewaffneten Frau nicht bedroht. Dieser arrogante
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