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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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den Schritt und fühlt meine Hose. Er ist mir ein bisschen steif geworden. Nicht gerade knüppelhart, aber doch genug …
    »Er ist dir steif geworden, du geiler Bock, du Hurensohn! Er ist dir steif geworden, und du drückst ihn an diese läufige Hündin. Zwei Minuten später, und du hättest ihn ihr reingesteckt … Minerva, du unverschämtes Luder! Willst du, dass ich das deinem Mann erzähle? Willst du, dass ich ihm das sage und er dich mit blanken Fäusten totschlägt?«
    »Um Himmels willen, nein, Gloria, tu das nicht! Er wird mich umbringen, wenn er davon erfährt. Er wird mich totschlagen. Pedro Juan hat mich gezwungen. Ich wollte gar nicht tanzen, aber er hat mich gepackt und gezwungen.«
    »Und du … also wirklich, wenn du nicht bald aufwachst, verblödest du am Ende noch völlig! Närrisches Luder!«
    »Hör jetzt auf, deine Schwester zu beschimpfen, Gloria. Du weißt genau, dass sie eine Seele von Mensch ist. Hör auf, ihr wehzutun.«
    »Ach nee, jetzt verteidigen wir sie wohl noch?«
    »Ich muss niemanden verteidigen.«
    »Und ich blödes Weib laufe mir noch die Hacken ab, um dir Rum zu besorgen. So zynisch und pervers, wie du bist! Ich weiß gar nicht, wie ich mich in dich verlieben konnte! Satansbraten! Du liebst überhaupt niemanden, höchstens dich selbst!«
    »Es reicht, Gloria! Schluss jetzt mit dem Scheiß!«
    »Du liebst mich ja nur aus einem einzigen Grund: dass du vögeln kannst und deine Scheißromane schreiben. Glaubst du etwa, ich würde das nicht merken? Seit drei Jahren tust du nichts anderes als bumsen und mir so dumme Fragen stellen wie, ob ich zweimal am Tag scheiße!«
    »Hör jetzt auf zu schreien, verflucht noch mal, alle Nachbarn können uns hören!«
    »Ach, guck mal, wie vornehm! Auf einmal kümmert ihn, was die Nachbarn denken! Was für ein braver Junge!«
    »Gloria, ich haue dir gleich ein paar runter, und dann bist du still!«
    »Von wegen! Ich werde gar nicht still sein. Und erzählen werde ich dir auch nichts mehr, Pedro Juan. Kein Sterbenswörtchen erfährst du mehr von mir, hau ab! Wenn man ein Buch schreibt, muss man sich etwas ausdenken. Was soll das, die ganze Wahrheit auszubreiten? Spinnst du? Und wenn die Leute denken, dass ich diese Gloria bin? Wo soll ich mich dann verkriechen?«
    »Okay, Schluss jetzt. Hol Gläser, und dann trinken wir ein Gläschen Rum, damit du dich beruhigst.«
    »Denk dir was aus! Oder lass das Schreiben sein. Ich werde dir jedenfalls nichts mehr erzählen!«
    »Hol schon die Gläser, Kindchen! Bring mir ein Gläschen.«
    »Nein. Ich hole zwei. Glaub ja nicht, ich hätte nicht auch Lust auf eins!«
    »Bring auch eins für Minerva mit.«
    »Nein, nein, ich trinke keinen Alkohol.«
    »Nein, das Unschuldslamm trinkt nicht, raucht nicht, vögelt nicht, spricht nie schlecht über andere und mag nicht einmal Schweinefleisch. Es heißt, der Papst kommt nach Kuba zurück, um sie sich zu holen. Er wird sie mit rübernehmen, dahin, wo er lebt, wie heißt es noch?«
    »In den Vatikan.«
    »Genau dahin! In den Vatikan. Die heilige Minerva von Havanna! Und dann verewigt man sie auf einer Briefmarke, mit dem begriffsstutzigen Gesicht, das sie immer macht. Du unverschämter Kerl! Wäre ich nicht rechtzeitig gekommen, hättest du sie gleich hier gevögelt, im Stehen, zu Bolero-Klängen.«
    »Gloria, sei still und hol die Gläser.«
    Wir schenkten uns ein und gingen hinaus auf den Balkon, um zu trinken. Krötengift. Reinstes Petroleum. Wie lange soll ich dieses Zeug noch schlucken? Ich würge zwei große Schlucke hinunter. Ziehe eine angeekelte Grimasse und sage laut:
    »Ahhh, was für ein Scheiß! Heilige Santa Barbara, Changó, hilf mir, einen Bestseller zu schreiben, damit ich an richtigen Whisky komme!«
    »Was willst du schreiben?«, fragte Gloria.
    »Ach, gar nichts. Hol mir ein Feuerzeug.«
    Ich zünde mir eine Lancero an. Die Boleros spielen weiter im Hintergrund. Wir sind im siebten Stock. Vor uns das nasse Havanna, das schutzlos dem Wind und dem Salpeter ausgesetzt ist. Das ruinierte Havanna, das Stück für Stück in sich zusammenfällt. Man liebt eine Stadt, wenn man in ihr glücklich gewesen ist und in ihr gelitten hat. Wenn man geliebt und gehasst hat. Wenn man ohne einen Pfennig war, sich auf der Straße durchgeschlagen, sich anschließend davon erholt hat und Gott dankt, dass doch nicht alles Scheiße ist. Wenn du dort, wo du lebst, keine Geschichte hast, bist du wie ein Staubkorn im Wind.
    Der Tag ist grau und verregnet, ein bisschen
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