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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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unmerklichen Liebkosung.
Doch schon war er aufgestanden und warf einen kalten, spöttischen Blick auf sie.
»Nun, meine Schöne, Ihr seid gefügiger geworden, wie mir scheint. Ich habe es Euch ja gesagt. Bald werdet Ihr Euch vollends unterwerfen. Inzwischen wünsche ich Euch einen angenehmen Aufenthalt zwischen diesen dicken Mauern. Die Nonnen haben Anweisung, Euch zu essen zu geben, Euch aber keinen Schritt nach draußen machen zu lassen. Damit Ihr es wisst: sie erfreuen sich als Gefangenenwärterinnen eines vorzüglichen Rufs. Ihr seid nicht die einzige Zwangspensionärin dieses Klosters. Viel Vergnügen, Madame! Es mag sein, dass Ihr heute abend die Hörner der Königlichen Jagd vorbeiziehen hört. Ich werde zu Euren Ehren eine Fanfare blasen lassen.«
Mit einem höhnischen Gelächter ging er hinaus. Sein Lachen war unausstehlich. Er kannte nur das Lachen der Rache.
    In ihre grobe Decke gehüllt, blieb Angélique lange Zeit regungslos liegen. Sie fühlte sich müde und mutlos. Nach den Schrecknissen der Nacht und den Aufregungen der Auseinandersetzung hatte sie sich erschöpft in die Forderungen ihres Gatten gefügt. Er hatte ihr Gewalt angetan, und nun hatte sie keine Kraft mehr; ihr Körper verfiel in einen Zustand der Erschlaffung, der an Wohlbehagen grenzte. Ein jäher Brechreiz stieg in ihrer Kehle hoch, und während der Schweiß an ihren Schläfen perlte, kämpfte sie eine Weile gegen die Übelkeit an. Nachdem sie auf ihr Lager zurückgesunken war, fühlte sie sich niedergeschlagener denn je. Diese Unpässlichkeit bestärkte sie in dem Verdacht, den sie schon seit einem Monat hegte und immer wieder von sich gewiesen hatte. Doch nun gab es keinen Zweifel mehr. Die schreckliche Hochzeitsnacht, die sie auf Plessis-Bellière durchgemacht hatte und an die sie nicht denken konnte, ohne vor Scham zu erröten, hatte Folgen gezeitigt. Sie war schwanger! Sie erwartete ein Kind von Philippe, von jenem Manne, der sie hasste und der geschworen hatte, sich an ihr zu rächen und sie bis aufs Blut zu peinigen.
    Eine Zeitlang fühlte Angélique sich niedergedrückt und war versucht, sich gehenzulassen und den Kampf aufzugeben. Schlafbedürfnis überkam sie. Schlafen! Hinterher würde sie alles mit anderen Augen betrachten. Aber es war nicht der geeignete Moment dafür. Danach wäre es zu spät. Sie hätte den Zorn des Königs erregt und wäre für immer aus Versailles, ja sogar aus Paris verbannt. Sie raffte sich auf, lief zur schweren, hölzernen Tür und hämmerte mit ihren Fäusten auf sie ein:
»Macht auf! Lasst mich hinaus!«
Die Sonne flutete nun in die Zelle. Zu dieser Stunde sammelten sich die Wagen des Königs im Ehrenhof, die Kutschen der geladenen Pariser fuhren durch die Porte Saint-Honoré. Einzig Angélique würde sich am Treffpunkt nicht einfinden.
»Ich muss unbedingt dabeisein! Wenn ich mir die Gunst des Königs verscherze, bin ich verloren. Der König allein kann Philippe in Schach halten. Hat er nicht gesagt, ich würde von hier aus die Jagdhörner hören? Also bin ich in einem Kloster in der Umgebung von Versailles? Ach, ich muss unter allen Umständen hier herauskommen!«
Aber das Umherirren in der Zelle brachte keine Lösung. Endlich vernahm sie das Geräusch schwerer Holzschuhe im Flur. In neu erwachender Hoffnung blieb Angélique stehen, dann streckte sie sich geschwind auf der Lagerstätte aus und zwang sich zu einer möglichst sanften Miene. Ein mächtiger Schlüssel drehte sich im Schloss, und eine Frau trat ein. Es war keine Nonne, sondern eine Magd in einer großen Haube aus Perkal und einem Barchentgewand, die ein Servierbrett trug. Sie brummte ein grobes »Guten Tag« und begann, auf dem Tisch zu verteilen, was das Brett enthielt. Es schien dürftig zu sein. Ein Krug mit Wasser, ein Napf, dem der leise Geruch nach Linsen mit Speck entstieg, ein rundes Brot.
Angélique beobachtete die Magd aufmerksam. Dies war vielleicht die einzige Berührung mit der Außenwelt, die sie den ganzen Tag über haben würde. Sie musste die Gelegenheit nutzen. Das Mädchen schien keine der plumpen Bäuerinnen zu sein, die üblicherweise in den Klöstern die niederen Arbeiten verrichten. Beinahe hübsch war sie, mit großen schwarzen, feurigen Augen und einer Art, sich in den Hüften zu wiegen, die deutlich verriet, was sie früher getan haben mochte. Angéliques auf Erfahrung gegründeter Verdacht wurde durch die Flüche bestärkt, die der Magd entfuhren, als sie aus Unachtsamkeit den Löffel vom Tablett fallen
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