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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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ihres Alters, und sie war weniger ernüchtert. Ihr Leben war durchsetzt mit kleinen Freuden und voller Wunder gleich dem der Kinder. Konnte man mit vollem Genuss in ein Stück frischen Brotes beißen, wenn man den Hunger nicht kennengelernt hatte? Und hatte man nicht Anlass, sich für die glücklichste Frau der Welt zu halten, wenn man einmal barfuß durch die Straßen von Paris gewandert war?
    Abermals blies sie die Kerze aus, und während sie sich wohlig zwischen den nach Iris duftenden Laken ausstreckte, dachte sie: »Wie schön ist es doch, reich zu sein und schön und jung …!« Sie setzte nicht hinzu: »Und begehrenswert …«, denn das brachte ihr Philippe in Erinnerung, und ihre Freude erlosch, als habe sich eine Wolke über sie gelegt. Wieviel Verachtung bezeigte er ihr gegenüber! Sie vergegenwärtigte sich die beiden seit ihrer Wiederverheiratung mit dem Marquis du Plessis-Bellière vergangenen Monate und die beispiellose Situation, in die sie durch eigene Schuld geraten war. Da der Hof am Tage nach ihrem Empfang in Versailles nach Saint-Germain zurückgekehrt war, hatte Angélique ihrerseits wieder nach Paris reisen müssen. Logischerweise wäre ihr Platz im Palais ihres Gatten im Faubourg Saint-Antoine gewesen, doch als sie sich nach langem Zögern dorthin begab, hatte sie vor verschlossener Tür gestanden. Der zur Rede gestellte Pförtner hatte ihr erklärt, sein Herr befinde sich bei Hof, und er habe, was ihre Person betreffe, keinerlei Anweisungen. So war die junge Frau genötigt gewesen, wieder in ihr Hôtel du Beautreillis zu ziehen. Hier lebte sie seitdem in Erwartung einer neuerlichen Einladung des Königs, die ihr erlauben würde, am Hof die ihr zukommende Stellung einzunehmen. Doch nichts war in dieser Hinsicht geschehen, und sie machte sich bereits ernstliche Sorgen deswegen. Bis eines Tages Madame de Montespan, die sie bei Ninon traf, zu ihr sagte: »Was ist mit Euch, meine Liebe, habt Ihr den Verstand verloren? Das ist nun die dritte Einladung des Königs, der Ihr nicht Folge leistet. Einmal hattet Ihr Wechselfieber, ein andermal Blähungen, oder ein Pickel auf der Nase tat Eurer Schönheit Abbruch, so dass Ihr Euch nicht zu zeigen wagtet. Das sind unvorteilhafte Ausreden, die der König nicht schätzt, weil er eine Abneigung gegen kranke Menschen hat. Ihr werdet ihm lästig werden.« Auf solche Weise hatte Angélique erfahren, dass Philippe, vom König aufgefordert, sie zu verschiedenen Festen mitzubringen, nicht nur sie nicht verständigt, sondern sie obendrein in den Augen des Herrschers lächerlich gemacht hatte.
»Jedenfalls kann ich Euch verraten«, hatte Madame de Montespan hinzugefügt, »dass ich mit eigenen Ohren gehört habe, wie der König dem Marquis du Plessis sagte, er wünsche, dass Ihr an der Jagd am Mittwoch teilnähmt. ›Und seht zu, dass ihre Gesundheit Madame du Plessis-Bellière nicht wiederum veranlasst, Unsere Aufmerksamkeit zu missachten‹, hat er übellaunig hinzugesetzt, ›andernfalls werde Ich ihr persönlich den schriftlichen Rat erteilen, in ihre Provinz zurückzukehren.‹ Kurz, Ihr seid dicht vor der Ungnade.«
Niedergeschmettert erst, dann wütend, hatte Angélique beschlossen, sich zum Treffpunkt der Jagd zu begeben und Philippe vor die vollendete Tatsache zu stellen. Und wenn der König ihr Fragen stellte – nun, sie würde die Wahrheit sagen. Im Angesicht des Königs würde Philippe sich beugen müssen. In aller Heimlichkeit hatte sie die beiden Kleider anfertigen lassen, die Stute vorausgeschickt und ihre Reise mit der Kutsche in der Morgendämmerung vorbereitet. Eine Morgendämmerung, die bald anbrechen würde, ohne dass sie ein Auge zugetan hatte. Sie zwang sich, die Lider zu schließen, an nichts mehr zu denken, und ganz sacht versank sie in Schlaf.
    Plötzlich zuckte ihr unter der Steppdecke zu einer Kugel eingerollter Affenpinscher Arius zusammen, dann richtete er sich jäh auf und begann zu kläffen. Angélique packte ihn, zog ihn näher zu sich heran und gebot ihm zu schweigen. Das Tierchen knurrte zitternd weiter, blieb eine Weile ruhig liegen, dann sprang es von neuem mit wütendem Gekläff auf. »Was ist denn, Arius?« fragte die junge Frau ärgerlich. »Was hast du? Hörst du Mäuse?« Sie hielt ihm das Maul zu und horchte gespannt, um herauszufinden, was den Pinscher dermaßen in Erregung versetzte. Ein kaum vernehmbares Geräusch drang zu ihr, das sie nicht sofort zu definieren vermochte. Es war, als glitte ein harter Gegenstand über
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