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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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Nichts wie Scherereien, jawohl, und vielleicht ein noch schlimmeres Kerkerloch.«
»Und dies«, sagte Angélique, die rasch mit der Hand unter das Kopfpolster fuhr und die Perlenkette zutage förderte.
Angesichts des rosafarbenen Geriesels war die Sonntag so perplex, dass sie nur einen langen, bewundernden Pfiff von sich zu geben vermochte.
»Ist das Zeug auch nicht falsch, Schwester?« hauchte sie schließlich fassungslos.
»Nein. Probier nur. Da, nimm sie. Sie gehört dir, wenn du mir hilfst.«
»Ist das dein Ernst?«
»Ehrenwort. Mit dem da kannst du dich an dem Tag, an dem du rauskommst, wie eine Prinzessin einrichten.«
Die Sonntag ließ den fürstlichen Schmuck von einer Hand in die andere gleiten.
»Nun, hast du dich entschieden?«
»Einverstanden. Aber ich hab’ eine bessere Idee als du. Wart mal. Ich komm’ gleich wieder.«
Sie ließ die Halskette in die Gründe ihres Rockes gleiten und ging hinaus. Ihre Abwesenheit zog sich endlos in die Länge. Endlich kam sie atemlos zurück, ein Bündel Kleider im einen Arm, eine Kupferkanne am andern.
»Die Mutter Yvonne, dieses widerliche Frauenzimmer, hat mich aufgehalten. Uff! Ich hab’s geschafft, sie zum Teufel zu schicken. Wir müssen uns beeilen, weil die Kühe bald gemolken sind. Um diese Zeit holen die Frauen die Milch im Gutshof des Klosters ab. Du ziehst dieses Kuhmagdzeug an, nimmst Kanne und Kopfpolster, steigst die Leiter des Taubenschlags runter, die ich dir zeigen werde, und wenn du im Hof bist, mischst du dich unter die andern und siehst zu, dass du deine Milchkanne auf dem Kopf gut im Gleichgewicht hältst.«
Der Plan der Sonntag ließ sich ohne Zwischenfall ausführen. Kaum eine Viertelstunde später wanderte Madame du Plessis-Bellière in kurzem, rot und weiß gestreiftem Rock, die Büste in ein schwarzes Mieder gezwängt, in der einen Hand ihre viel zu großen Schuhe, mit der andern den Griff der gefährlich schwankenden Kupferkanne festhaltend, auf der staubigen Landstraße gen Paris, das weit hinten im Tal zu erkennen war. Sie war eben noch rechtzeitig im Gutshof angekommen, wo Laienschwestern, nachdem sie die Kühe gemolken hatten, die Milch an Frauen ausgaben, denen es oblag, sie nach Paris oder in seine Vororte zu tragen.
    Die aufsichtführende alte Nonne hatte sich zwar gewundert, woher die Nachzüglerin kam, doch Angélique hatte eine möglichst einfältige Miene aufgesetzt und alle Fragen in ihrem Poitou-Dialekt beantwortet, und da sie hartnäckig ein paar großzügig von der Sonntag vorgestreckte Sous hinhielt, hatte man sie trotzdem bedient und weggehen lassen. Nun hieß es, sich beeilen. Sie befand sich auf halbem Weg zwischen Versailles und Paris. Nach einigem Überlegen hatte sie gefunden, dass es Unsinn wäre, direkt nach Versailles zu gehen. In dieser Magdkleidung konnte sie sich vor dem König und seinem Hof ohnehin nicht sehen lassen! Es war also besser, nach Paris zurückzukehren, sich umzuziehen und mit ihrer Kutsche im Galopp quer durch den Wald zur Jagdgesellschaft zu stoßen. Angélique ging rasch, aber sie hatte das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen. Ihre bloßen Füße stießen sich an den scharfen Kieselsteinen, und als sie die plumpen Schuhe anzog, verlor sie sie wieder und stolperte. Dazu drohte die Milch überzuschwappen, und das Polster verschob sich.
    Endlich wurde sie vom Karren eines nach Paris fahrenden Kupferwarenhändlers eingeholt.
»Könntet Ihr mich aufladen, Freund?« fragte sie.
»Mit Vergnügen, schönes Kind. Für einen kleinen Schmatz fahr’ ich Euch bis Notre-Dame.«
»Daraus wird nichts. Meine Küsse spar’ ich mir für meinen Verlobten auf. Aber ich geb’ Euch gern diese Kanne Milch für Eure Knirpse.«
»Es gilt! Das ist ein unverhoffter Fang. Steigt nur auf, ebenso hübsches wie artiges Mädchen.«
Das Pferd trabte wacker. Um zehn Uhr war Paris erreicht. Der Kupferwarenhändler setzte sie auf dem Seinequai ab, und Angélique lief wie der Wind zu ihrem Hause, wo der Pförtner fast auf den Rücken fiel, als er seine als Vorstadtmagd verkleidete Herrin erkannte. Seit dem Morgen hatten sich die Dienstboten über die mysteriösen Vorgänge im Hause die Köpfe zerbrochen. Zu dem Entsetzen über die Feststellung, dass ihre Herrin spurlos verschwunden war, hatte sich die Verblüffung gesellt, als der Kammerdiener des Marquis du Plessis-Bellière, ein hochgewachsener, ausnehmend unverschämter und arroganter Bursche, erschienen war, um alle Pferde und Kutschen des Hôtel du Beautreillis zu
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