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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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requirieren.
»Alle meine Pferde? Alle meine Kutschen?« wiederholte Angélique, starr vor Bestürzung.
»Jawohl, Madame«, bestätigte der herbeigeeilte Haushofmeister Roger. Er senkte den Blick, ebenso verlegen, seine Herrin in Mieder und weißer Haube zu sehen, als stände sie völlig nackt vor ihm. Angélique ließ sich nicht entmutigen:
»Nun, dann werde ich eben eine Freundin um Hilfe bitten müssen. Javotte, Thérèse, beeilt Euch. Ich brauche ein Bad. Legt mir mein Jagdkostüm zurecht. Und man soll mir ein Frühstück heraufbringen mit einer Flasche guten Weins.«
Der helle Klang einer Turmuhr, die Mittag schlug, ließ sie auffahren.
»Weiß der Himmel«, dachte sie, »welche Ausrede Philippe erfunden hat, um Seiner Majestät meine Abwesenheit zu erklären! Dass ich Medizin genommen habe, dass ich im Bett liege und mich vor Schmerzen winde... Er ist durchaus dazu imstande, dieser Unmensch! Und nun werde ich ohne meinen Wagen, ohne meine Pferde womöglich erst bei Sonnenuntergang dort sein? Verwünschter Philippe!«

Zweites Kapitel

    »Verwünschter Philippe!« wiederholte Angélique. Am Fenstervorhang sich festklammernd, betrachtete sie sorgenvoll den ausgefahrenen Weg, über den die klapprige Kutsche holperte. Der Wald wurde immer dichter. Die Wurzeln der riesigen Eichen zogen sich wie dicke braune Schlangen durch den Morast bis in die Mitte der Straße. Aber konnte man diese schlammige Schlucht, die wie gepflügt aussah, überhaupt Straße nennen? Offensichtlich hatten erst vor kurzem unzählige Wagen und Reiter sie benutzt.
»Nie werden wir ankommen«, seufzte die junge Frau, zu der neben ihr sitzenden Léonide de Parajonc gewandt. Die alte Preziöse schob mit dem Fächer ihre Perücke zurecht, die bei einem jähen Stoß des Wagens verrutscht war, und erwiderte vergnügt:
»Überwerft Euch nicht mit dem gesunden Menschenverstand, meine Teure. Irgendwie kommt man schließlich immer an.«
»Es fragt sich nur, in was für einer Kutsche und nach wie langer Zeit«, gab Angélique zurück, deren Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. »Und wenn es der Zweck der Fahrt ist, zur königlichen Jagd zu stoßen, an der man schon seit sechs Stunden teilnehmen sollte, und die Gefahr besteht, zu Fuß anzukommen, um eben noch das ›Sammeln‹ blasen zu hören, hat man allen Grund, wütend zu werden. Wenn dem König meine Abwesenheit aufgefallen ist, wird er mir diese neuerliche Ungehörigkeit nie verzeihen.«
Sie hatte sich schon im Geist am Treffpunkt der Ehrengäste in ihrem rabenschwarzen Sechsergespann ankommen sehen, mit ihren drei Lakaien in der neuen blau-gelben Livree, dem Kutscher und dem Vorreiter in roten Schaftstiefeln und mit federverzierten Filzhüten. Man würde einander zuflüstern: ›Wem gehört diese prächtige Equipage? – Der Marquise du Plessis-Bellière. Man sieht sie nicht oft. Ihr Gatte versteckt sie. Er soll eifersüchtig sein wie ein Türke… Aber es heißt, der König interessiere sich für sie…‹
Mit größter Sorgfalt hatte sie sich auf diesen entscheidenden Tag vorbereitet. Sie war fest entschlossen gewesen, sich nicht mehr beiseite schieben zu lassen. Hatte sie erst einmal am Hofe Fuß gefasst, mochte Philippe sich noch so bemühen, sie von dort zu vertreiben. Sie würde sich aufdrängen, sich festklammern, um ihren Platz ringen wie die andern, diese Parasiten und Ehrgeizlinge. Schluss mit Schüchternheit und Zurückhaltung!
Mademoiselle de Parajonc kicherte maliziös hinter ihrem Fächer.
»Ohne Hellseherin zu sein, kann ich Eure Gedanken lesen. Ich kenne Eure kriegerische Miene. Welche Festung gedenkt Ihr zu erobern? Den König selbst … oder Euren Gatten?«
Angélique zuckte die Schultern.
»Den König? Er ist bereits versehen und wohlbehütet. Eine legitime Frau: die Königin, eine langjährige Mätresse: Mademoiselle de La Vallière, und dazu all die andern. Was meinen Ehemann betrifft – warum sollte ich mich mit einer Festung befassen, die sich bereits ergeben hat?«
Die alte Jungfer gluckste. »Dafür befasst sich dieser charmante Marquis weiterhin auf eine höchst seltsame Art mit Euch!« Sie fuhr sich genießerisch mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Erzählt mir doch noch ein bisschen, Liebste. Das ist eine der amüsantesten Geschichten, die ich je gehört habe. Ist es denn wirklich wahr? Kein Pferd mehr in Euren Ställen heute früh, als Ihr nach Versailles fahren wolltet? Und die Hälfte Eurer Lakaien verschwunden… Monsieur du Plessis muss Euren Leuten
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