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Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Titel: Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
Autoren: Lisa Desrochers
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über den Untergang des christlichen Jerusalem während der Kreuzzüge.
    Ich kann meinen Blick nicht von Frannie lösen – das heißt von Mary Francis  – und muss unwillkürlich grinsen.
    Auch Mary Francis sieht mehr als nur einmal zu mir herüber.
    Dann geht das Licht aus, und ein Bild des alten Jerusalem wird an die Wand geworfen.
    «Was war der Grund für den Kampf um Jerusalem?», fragt Mr. Sanghetti. Ein paar Hände gehen in die Höhe. Ich höre mir die Antworten an und muss daran denken, wie es wirklich abgelaufen ist. Da ich das meiste selbst erlebt habe, finde ich Geschichtsunterricht immer ausgesprochen amüsant. Er erinnert mich an das Spiel, wo einer dem anderen etwas ins Ohr flüstert, das der dem Nächsten zuflüstern muss, bis der Letzte in der Runde das, was er gehört hat, laut ausspricht. Von dem, was der Erste gesagt hat, ist dann gewöhnlich nichts mehr zu erkennen.
    Frannie
    Okay, dann starre ich eben die ganze Zeit zu Luc hinüber, aber ich kann nicht anders. Luc sitzt da und trägt während der gesamten Geschichtsstunde ein kleines selbstzufriedenes Lächeln zur Schau – keine Ahnung, was ihn dermaßen amüsiert. Wenn ich genauer darüber nachdenke, bin ich eigentlich ganz froh, dass er nicht mit in die Cafeteria kommen will. Denn sonst müsste ich ihn Taylor vorstellen, und das würde mir nicht sonderlich passen. Taylor ist meine Freundin, genau wie Riley. Die beiden werfen mir dauernd vor, dass ich mich vor allem aus Mitleid mit Typen einlasse, womit sie meinen, dass ich mir immer die Jungs aussuche, die sonst niemand groß beachtet. Riley vermutet, unterschwellig wolle ich solche Typen dominieren, und vielleicht stimmt das, ich lasse mir nicht gerne sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Und in einer Beziehung zu stecken, in der ich mich unter Druck gesetzt fühle, wäre der Horror. Aber dann gibt es da auch noch den nicht zu vernachlässigenden Taylor-Faktor. Wir haben uns in der vierten Klasse kennengelernt. Seitdem sind wir befreundete Rivalinnen. Zu ihrem Leidwesen kriege ich die guten Noten. Zu meinem Leidwesen kriegt sie die guten Jungs. Je mittelmäßiger ein Typ aussieht, desto geringer ist die Gefahr, dass Taylor sich für ihn interessiert.
    Luc dagegen – der noch immer dasitzt und grinst – ist alles andere als mittelmäßig. Das heißt, dass Taylor sich an ihn heranmachen wird. Deshalb sollte ich ihn mir lieber gleich aus dem Kopf schlagen.
    Luc hat gemerkt, dass ich ihn anschaue, und hält meinen Blick fest. Mit angehaltenem Atem, ebenso wie ich. Ich hole tief Luft, woraufhin er das Gleiche tut. Doch dann lächelt er mich an, und mein Herz macht einen Satz.
    «Luc, haben Sie auch etwas dazu zu sagen?» Mr. Sanghetti steht direkt vor uns. Weiß der Teufel, wie und wann er dorthin geraten ist.
    Luc lehnt sich zurück, verschränkt die Hände hinter dem Kopf, streckt die Beine lang aus und überkreuzt die Füße. «Na ja», beginnt er und schaut zu Mr. Sanghetti hoch. «Einen einzigen Grund dafür zu finden, scheint mir ziemlich unmöglich. Angeblich ging es ja um theologische Fragen, obwohl der erste Kreuzzug anfangs wohl kaum ein Religionskrieg war. Ich nehme an, Papst Urban stand unter dem Druck der Meute aus Konstantinopel, und deshalb wollte er ein paar Punkte machen, um die Schäfchen zurück in seine Herde zu holen.»
    Für einen Moment ist Mr. Sanghetti sprachlos. Dann dreht er sich um und geht zu seinem Pult. «Das ist auch eine Sichtweise», sagt er. «Nicht unbedingt die richtige, aber immerhin eine Sichtweise.»
    Luc stemmt sich hoch und stützt die Ellbogen auf den Tisch. Er wirkt verärgert, doch dann hat er sich wieder unter Kontrolle. «Gut, wenn Sie nicht glauben, dass das alles nur ein päpstlicher Machtkampf war, dann hätte ich noch die französische Aristokratie zu bieten, die dermaßen gelangweilt war, dass sie in Jerusalem ein bisschen Abwechslung suchte.»
    Zum Glück läutet es in dem Augenblick zum Ende der Stunde, obwohl ich nicht weiß, wessen Glück das ist – das von Luc oder Mr. Sanghetti.
    «Heißt du wirklich Lucifer?», frage ich Luc.
    «Heißt du wirklich Mary Francis?»
    Ich werfe ihm einen warnenden Blick zu. «Wie kann man denn Lucifer heißen? Ich dachte, so heißt nur der Teufel.»
    «Da, wo ich herkomme, ist das ein sehr geläufiger Name.»
    «Und woher kommst du?», frage ich und greife nach meiner Tasche.
    Etwas Hungriges und Gieriges blitzt in seinen Augen auf. «Aus einem Ort, den du nicht kennst.»
    Mich überläuft
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