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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung
Autoren: D Koontz
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Ellbogen, Knie oder Fuß traf er mich an der Kehle.
    Obwohl das träge Wasser dem Schlag den größten Teil seiner Kraft nahm, schnappte ich nach Luft, schluckte und würgte am Geschmack von mit Sonnenöl gewürztem Chlor. Ich musste Harlo loslassen, taumelte in Zeitlupe durch wogende Schleier aus grünem Licht und blauem Schatten und brach durch die Wasseroberfläche in flirrenden Sonnenschein.
    Ich befand mich in der Mitte des Pools, und Harlo war am Rand. Er griff nach der Kante und zog sich auf die betonierte Terrasse.
    Hustend und zerstäubtes Wasser aus den Nasenlöchern blasend, platschte ich geräuschvoll hinter ihm her. Als Schwimmer habe ich weniger Talent für olympische Wettkämpfe als fürs Ertrinken.
    In einer besonders deprimierenden Nacht – ich war gerade sechzehn – hat man mich einmal an zwei tote Männer gekettet und von einem Boot in einen See namens Mala Suerte geworfen. Seither habe ich eine Abneigung gegen Wassersport.
    Der genannte See ist künstlich und breitet sich jenseits der Stadtgrenze von Pico Mundo aus. Mala suerte heißt »Unglück«.
    Während der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre als Projekt zur Arbeitsbeschaffung angelegt, trug der See zuerst den Namen eines zweitrangigen Politikers. Obwohl man sich unzählige Geschichten über seine tückischen Wasser erzählt, kann niemand in der Gegend mit Sicherheit sagen, wann und weshalb er offiziell in Mala Suerte umbenannt wurde.

    Alle Dokumente über den See sind bei dem Brand unseres Rathauses im Jahre 1954 vernichtet worden. Damals protestierte ein Mann namens Mel Gibson gegen die Beschlagnahme seines Grundbesitzes wegen nicht bezahlter Steuern. Seinen Protest drückte Mr. Gibson in Form der Selbstverbrennung aus.
    Mit dem australischen Schauspieler desselben Namens, der Jahrzehnte später zum Filmstar wurde, war er nicht verwandt. Soweit bekannt, war er außerdem – im Gegensatz zu diesem – weder besonders talentiert noch attraktiv.
    Weil ich diesmal nicht mit zwei Männern belastet war, die zu tot waren, um selbst zu schwimmen, erreichte ich den Rand des Pools mit wenigen kurzen Zügen. Ich stemmte mich aus dem Wasser.
    Harlo Landerson, der an der Schiebetür angelangt war, hatte sie verschlossen vorgefunden.
    Die Frau im Schlafanzug war verschwunden.
    Während ich mich aufrappelte, trat Harlo weit genug von der Tür zurück, um Schwung zu holen. Dann zog er den Kopf ein und benutzte die linke Schulter als Rammbock.
    In Erwartung strömenden Bluts, abgetrennter Glieder und eines von Glasscherben guillotinierten Kopfes zuckte ich zusammen.
    Natürlich zersplitterte das Sicherheitsglas in Kaskaden aus winzigen, gummierten Stückchen. Als Harlo ins Haus krachte, blieben seine Glieder unversehrt, und sein Kopf saß immer noch fest auf dem Hals.
    Glas knirschte und klirrte unter meinen Schuhsohlen, als ich ihm hinterherlief. Ich schnupperte Brandgeruch.
    Wir befanden uns in einem Wohnzimmer. Sämtliche Möbel waren auf einen Breitwandfernseher hin ausgerichtet, der so groß wie zwei Kühlschränke nebeneinander war.

    Der gewaltige Kopf der Nachrichtenmoderatorin wirkte in derart vergrößertem Detail regelrecht furchterregend. In solchen Dimensionen besaß ihr munteres Lächeln die Wärme eines Barrakuda-Grinsens. Ihre funkelnden Augen, groß wie Zitronen, schienen irre zu glitzern.
    Die offene Architektur des Hauses ließ das Wohnzimmer direkt in die Küche übergehen. Nur eine Frühstückstheke bildete eine Barriere.
    Die Frau von vorhin hatte sich entschlossen, in der Küche Stellung zu beziehen. Mit der einen Hand umklammerte sie ein Telefon, mit der anderen ein Schlachtmesser.
    Harlo stand an der Schwelle zwischen den Räumen und versuchte zu beurteilen, ob eine Hausfrau Mitte zwanzig in einem supersüßen, im Stil eines Matrosenanzugs gehaltenen Pyjama tatsächlich den Mut aufbrachte, ihn bei lebendigem Leib aufzuschlitzen.
    Sie schwang das Messer, während sie ins Telefon brüllte: »Er ist im Haus, er steht direkt vor mir!«
    Hinter ihr stand auf einer Arbeitsfläche ein Toaster, aus dem Rauch quoll. Irgendein Teilchen zum Aufbacken war verkohlt. Es roch nach Erdbeeren und schwelendem Gummi. Die junge Dame hatte keinen schönen Morgen.
    Harlo warf mir einen Barhocker entgegen und rannte aus dem Wohnzimmer in den vorderen Teil des Hauses.
    Ich wich dem Hocker aus, sagte: »Ma’am, bitte entschuldigen Sie das Durcheinander«, und nahm die Verfolgung von Pennys Mörder wieder auf.
    Hinter mir kreischte die Frau: »Stevie,
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