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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung
Autoren: D Koontz
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kamen viele der ersten Bewohner von der Ostküste und schwärmten für eine Architektur, die eher zu ihrer fernen, kälteren und feuchteren Heimat gepasst hätte.
    Vielleicht dachten sie, sie könnten allein die Dinge in dieses Tal mitbringen, die sie liebten, während sie alle Hässlichkeit zurückließen.
    Wir sind jedoch keine Spezies, die das Gepäck wählen kann, mit dem sie reisen muss. Trotz unserer besten Absichten stellen
wir immer wieder fest, dass wir einen oder zwei Koffer voller Dunkelheit und Elend mitgebracht haben.
    Eine halbe Minute lang war ein hoch am Himmel dahinschwebender Habicht das Einzige, was sich bewegte. Man sah ihn durch die Äste der Bäume hindurch.
    Der Habicht und ich waren an diesem Morgen Jäger.
    Penny Kallisto muss meine Angst gespürt haben. Sie griff mit ihrer linken Hand nach meiner rechten.
    Ich war dankbar für ihre Liebenswürdigkeit. Ihr Griff war fest, und ihre Hand fühlte sich nicht kalt an. Aus ihrem starken Geist schöpfte ich Mut.
    Weil der Wagen im Leerlauf mit nur ein paar Stundenkilometern dahinrollte, hörte ich nichts, bis er um die Ecke bog. Als ich das Fahrzeug erkannte, überkam mich eine Traurigkeit, die ebenso groß war wie meine Furcht.
    Der Pontiac Firebird 400, Baujahr 1968, war liebevoll restauriert worden. Das zweitürige, mitternachtsblaue Cabrio glitt auf uns zu, als schwebten alle Reifen ein winziges Stück über dem Pflaster. Es schimmerte in der Morgenhitze wie ein Trugbild.
    Harlo Landerson und ich waren auf der Highschool in derselben Klasse gewesen. Im vorletzten Schuljahr hatte Harlo den Pontiac als Schrotthaufen gekauft und dann so lange daran herumgebastelt, bis er wieder so jungfräulich aussah wie damals, als er zum ersten Mal im Ausstellungsraum eines Autohauses gestanden hatte.
    Zurückhaltend und etwas schüchtern, wie Harlo es war, hatte er sich bei seiner Arbeit nicht der Hoffnung hingegeben, der Wagen könne sich als Frauenmagnet entpuppen oder jene, die ihn für langweilig hielten, plötzlich davon überzeugen, er sei cool genug, um das Quecksilber in einem Thermometer gefrieren zu lassen. Er hatte keine gesellschaftlichen Ambitionen,
und er machte sich keine Illusionen bezüglich seiner Chancen, je die unteren Ränge des schulischen Kastensystems zu verlassen.
    Mit seinem 340 PS starken Achtzylinder konnte der Firebird in unter acht Sekunden von null auf hundert Stundenkilometer beschleunigen. Harlo war aber kein Rennfahrer; er war nicht besonders stolz darauf, einen derart rasanten Schlitten zu besitzen.
    Er verwendete so viel Zeit, Mühe und Geld auf den Firebird, weil ihn die Schönheit von dessen Design und Funktion verzauberte. Seine Arbeit war eine Herzenssache, eine Leidenschaft, fast spirituell in ihrer Reinheit und Intensität.
    Manchmal dachte ich, der Pontiac spiele eine so große Rolle in Harlos Leben, weil sein Besitzer für die Liebe, die er auf den Wagen verschwendete, keinen geeigneten Empfänger hatte. Seine Mutter war gestorben, als er sechs war. Sein Vater war ein erbärmlicher Säufer.
    Ein Auto kann die Liebe, die man ihm entgegenbringt, nicht erwidern. Aber wenn man einsam genug ist, kann man möglicherweise das Blitzen des Chroms, den Glanz des Lacks und das Summen des Motors mit Zuneigung verwechseln.
    Auf der Schule waren wir keine richtigen Kumpel, Harlo und ich, nur lose befreundet. Ich mochte den Burschen. Er war ein stiller Typ, aber still zu sein fand ich besser als das großspurige Auftreten, mit dem viele um einen Aufstieg in der schulischen Hackordnung rangelten.
    Penny Kallisto an meiner Seite, hob ich die linke Hand und winkte Harlo zu.
    Seit er die Schule abgeschlossen hatte, jobbte Harlo wie besessen. Von neun bis fünf lud er am Supermarkt die frisch gelieferte Ware vom Lastwagen oder räumte die Regale ein.

    Davor war er ab vier Uhr morgens im Osten von Pico Mundo unterwegs, um hunderte von Zeitungen zu verteilen. Einmal pro Woche bekam jedes Haus außerdem einen Plastikbeutel mit Werbebroschüren und Rabattcoupons.
    Heute Morgen verteilte er nur Zeitungen, die er mit einem Schlenker aus dem Handgelenk warf, als wären es Bumerangs. Jede gefaltete und von einer Kunststoffhülle geschützte Dienstagsausgabe der Maravilla County Times segelte durch die Luft und landete mit einem leisen Klatschen auf der Einfahrt oder dem Fußweg zur Haustür, genau da, wo der Abonnent sie am liebsten haben wollte.
    Harlo belieferte gerade die andere Straßenseite. Als er das Haus mir gegenüber erreichte,
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