Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
schlugen aufeinander ein, wenn der andere die Deckung sinken ließ. Wir griffen nach allem, was als Waffe dienen konnte, und schwangen oder schleuderten es. Nach einem Hagel von Schlägen gingen wir taumelnd in den Clinch. Auf dem Gesicht spürte ich Harlos heißen Atem samt einem leichten Sprühregen aus Speichel, und ich hörte seine Zähne zuschnappen; sie schnappten nach meinem rechten Ohr, weil er aus Panik in die Taktik einer Bestie verfallen war.
    Ich löste mich aus der Umklammerung, um meinen Gegner von mir wegzustoßen. Während mein Ellbogen an Harlos Kinn krachte, verfehlte ich mit dem Knie die Weichteile, auf die ich gezielt hatte.

    Gerade in dem Augenblick, als in der Ferne Sirenen zu hören waren, erschien Stevies Mama in der offenen Tür, das funkelnde Schlachtmesser stoßbereit in der Hand. Tatsächlich nahte da die Kavallerie, und das gleich mit zwei Regimentern: das eine im Pyjama, das andere in der blau-schwarzen Uniform der Polizei von Pico Mundo.
    An mir und der bewaffneten Frau kam Harlo nicht vorbei, und an Stevie, den ersehnten Schutzschild, kam er unter dem Bett nicht heran. Stieß er ein Fenster auf, um auf das Dach der vorderen Veranda zu klettern, dann floh er direkt in die Arme der eintreffenden Cops.
    Während das Geheul der nahenden Sirenen anschwoll, wich Harlo in eine Ecke zurück, wo er keuchend und zitternd stehen blieb. Mit qualvoll grauem Gesicht rang er die Hände und beäugte den Boden, die Wände, die Decke, nicht wie ein in der Falle sitzender Mensch, der die Abmessungen seines Käfigs abschätzte, sondern voll Verwirrung, so als könnte er sich nicht erinnern, wie er an diesen Ort und in diese Lage gekommen war.
    Anders als die Tiere der Wildnis kämpfen die vielen grausamen Abarten menschlicher Ungeheuer nur selten mit größerer Wildheit, wenn man sie endlich in die Enge getrieben hat. Stattdessen enthüllen sie die Feigheit im Kern ihrer Brutalität.
    Harlo Landerson löste die Hände voneinander und bedeckte sein Gesicht. Hinter den Lücken des zehnfingrigen Visiers sah ich seine Augen vor blankem Entsetzen zucken.
    Den Rücken in die Ecke gepresst, rutschte er an der Wand herab und blieb mit gespreizten Beinen auf dem Boden sitzen. Dabei verbarg er sich weiter hinter seinen Händen, als wären sie eine Tarnkappe, mit der er dem Auge der Gerechtigkeit entgehen konnte.

    Eine halbe Häuserzeile entfernt erreichten die Sirenen ihre höchste Lautstärke, um dann abzuebben. Aus einem Kreischen wurden ein Knurren und dann ein Stöhnen, das vor dem Haus erstarb.
    Der Tag war vor kaum einer Stunde angebrochen, und schon hatte ich jede Minute des Morgens damit verbracht, meinem Namen alle Ehre zu machen.

3
    Die Toten reden nicht. Ich weiß nicht, warum.
    Harlo Landerson war von den Gesetzeshütern mitgenommen worden. In seiner Brieftasche hatten sie zwei Polaroidaufnahmen von Penny Kallisto gefunden. Auf der ersten war sie nackt und lebendig. Auf der zweiten war sie tot.
    Stevie lag unten im Erdgeschoss in den Armen seiner Mutter.
    Wyatt Porter, der Polizeichef von Pico Mundo, hatte mich gebeten, in Stevies Zimmer zu warten. Ich saß auf der Kante des ungemachten Betts.
    Ich war noch nicht lange allein, als Penny Kallisto durch die Wand kam und sich neben mich setzte. Die Würgemale an ihrem Hals waren verschwunden. Sie sah aus, als wäre sie nie erdrosselt worden, als wäre sie nie gestorben.
    Wie vorher blieb sie stumm.
    Ich neige dazu, an die traditionelle Konstruktion des Lebens vor und nach dem Tod zu glauben. Diese Welt ist eine Reise der Entdeckung und Reinigung. Die nächste Welt besteht aus zwei Reisezielen. Das eine ist ein Palast für den Geist und ein unendliches Königreich der Wunder, das andere hingegen ist kalt, dunkel und unvorstellbar.
    Nennt mich einfältig. Andere tun das sowieso.
    Stormy Llewellyn, eine Frau mit unkonventionellen Ansichten, glaubt im Gegensatz zu mir, unsere Reise durch diese Welt sei dazu vorgesehen, uns zäher für das nächste Leben zu machen. Sie sagt, unsere Ehrlichkeit und Integrität, unser Mut und entschlossener Widerstand gegen das Böse würden am
Ende unserer Tage hier beurteilt, und wenn wir zum Appell anträten, würden wir in eine Armee von Seelen eingegliedert, die in der nächsten Welt irgendeine große Mission erfüllen müssten. Wer diese Prüfung nicht bestehe, höre einfach auf zu existieren.
    Kurz, Stormy sieht dieses Leben als Ausbildungslager. Das nächste Leben nennt sie »Dienst«.
    Ich hoffe inständig, dass sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher