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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände
Autoren: Alexandra Marinina
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Stirn küsste. »Hättest du mich nicht geheiratet, hätte ich nie Kinder bekommen und folglich auch nicht abgenommen. Wenn ich jetzt den Männern gefalle, dann ist das einzig und allein dein Verdienst. Das weiß ich, und das werde ich nie vergessen. Also hör bitte auf mit deiner albernen Eifersucht. Übrigens ist gar nicht ausgeschlossen, dass Grashewitsch sich nicht an mich ranmachen will, sondern an dich. Sein Junge ist ja schon groß.«
    »Verstehe.« Gordejew nickte und trank seinen Tee aus. »Ich werde mich gleich heute erkundigen. Wenn sein Söhnchen auch nur einmal vorgeladen wurde oder auch nur irgendwo bei uns registriert ist, dann gibst du die Karten bedauernd zurück. Wenn bei dem Jungen alles in Ordnung ist, gehen wir zur Premiere. Abgemacht?«
    Dann küsste er seine Frau, verließ die Wohnung und fuhr zur Arbeit.
    Der Montag in der Petrowka 38 begann da, wo der letzte Freitag geendet hatte: mit der Erörterung der Frage, ob man wohl zum ersten Juli wie versprochen ihre Gehälter anheben oder sie wieder einmal betrügen würde. Der Betrug bestand darin, dass das Versprechen nicht im offiziell angekündigten Monat eingelöst wurde, sondern erst im folgenden. Wenn also das Gehalt ab ersten Juli erhöht wurde, erhielten im Juli alle noch das alte Gehalt und im August das neue, plus die ausstehende Differenz vom Juli. Bei stabilen Preisen wäre das nicht weiter schlimm, jetzt aber, da die Inflation so schnell wuchs, dass die Banken gar nicht nachkamen, führte eine verzögerte Auszahlung zu einem erheblichen Verlust.
    In Gordejews Abteilung war die Debatte gerade in vollem Gange, als Jura Korotkow durch den Flur rannte und in jedes Zimmer hineinrief:
    »Leute, alle zu Knüppelchen!«
    Die Einsatzbesprechung begann Gordejew wie üblich mit einer langen Begrüßung; er sagte, er freue sich, alle bei guter Gesundheit zu sehen, und machte eine Bemerkung über das blühende Aussehen von Kolja Selujanow, der aus dem Urlaub zurück war. Nicht aus Geschwätzigkeit, sondern weil er wusste, dass seine Leute, gerade aus dem Wochenende wieder zur Arbeit gekommen, noch vor wenigen Minuten Neuigkeiten ausgetauscht und diverse höchstwahrscheinlich nicht ganz dienstliche Dinge besprochen hatten. Sie mussten Gelegenheit bekommen, sich zu entspannen, um sich dann konzentrieren zu können.
    »Beginnen wir mit den Altlasten«, verkündete Gordejew. »Der Mordfall Pleschkow, Generaldirektor der Firma Parnass. Ich höre, Korotkow.«
    Mit diesen Worten nahm Knüppelchen die Brille ab und steckte den Bügel in den Mund. Ein Zeichen höchster Aufmerksamkeit und Konzentration.
    »Die Überprüfung der Hypothesen zur Ermordung Pleschkows aus Rache, Eifersucht oder Gewinnsucht hat bislang keine Ergebnisse gebracht. Keine der Personen, die Zutritt zu Pleschkows Wohnung hatten, hatte ein Motiv für den Mord. Wir verfolgen eine Hypothese, der zufolge das Mordmotiv eine Art Raskolnikow-Syndrom gewesen sein könnte: Der Mord wird begangen, um zu beweisen, dass der Täter dazu prinzipiell im Stande ist. Dabei müssen Täter und Opfer nicht zwangsläufig verfeindet gewesen sein. Aufgrund dieser Hypothese wurde ein ungefähres Täterprofil erstellt. Alle Personen, die Zutritt zur Wohnung hatten, werden daraufhin nun erneut überprüft. Es gibt zwei Hauptverdächtige, und es wurden Maßnahmen eingeleitet, die den Täter provozieren sollen, sich zu erkennen zu geben.«
    »Raskolnikow-Syndrom?« Gordejew lachte spöttisch. »Interessant. Wann habt ihr euch das denn ausgedacht?«
    »Am Samstag, Genosse Oberst«, antwortete Korotkow schnell und warf einen vorsichtigen Blick in die Ecke, auf einen tief gesenkten blonden Haarschopf.
    »Wann rechnet ihr mit Ergebnissen?«
    »Wir hoffen, heute oder morgen.«
    »Gut.« Gordejew nickte. »Und was hält der Untersuchungsführer von dieser Hypothese? Oder habt ihr ihm eure Erkenntnisse aus der russischen Literatur noch nicht mitgeteilt?«
    Korotkow schwieg. Der blonde Schopf in der Ecke sank noch tiefer.
    »Alles klar«, resümierte der Oberst. »Also, Folgendes: Keine Konflikte mit dem Untersuchungsführer. Die Hypothese weiter verfolgen. Ich denke, es ist eine Möglichkeit. Das Motiv lässt sich praktisch nicht beweisen, also bitte äußerste Präzision, Juwelierarbeit. Und nichts überstürzen. Noch ist Zeit. Weiter. Die Leiche des Models aus dem Modehaus. Ich höre.«
    Nun berichtete der jüngste Mitarbeiter der Abteilung, der schwarzäugige Mischa Dozenko.
    »Gegen einen der Verdächtigen gibt es
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