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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain
Autoren: Alexandra Marinina
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anderen Mitarbeitern des Sanatoriums. Weshalb Jelena Jakowlewna nicht im geringsten überrascht war, als sie schon zum zweiten Mal einen Anruf wegen dieser Kamenskaja bekam.
    Einzelzimmer gegen ein Schmiergeld zur Verfügung zu stellen, das praktizierte sie schon lange. Noch nie war sie erwischt worden, weshalb ihre Vorsicht etwas nachgelassen hatte. Ja, mit der Kamenskaja hatte sie sich einen Schnitzer geleistet, doch als ihr das klar wurde, da war es schon zu spät. Wie hatte sie bloß vergessen können, daß vor zehn Tagen jemand aus der Polizeidirektion der STADT angerufen hatte mit der Bitte, dieser Moskauerin ein Einzelzimmer zu geben. Einfach total vergessen! Und gestern, als die Borowkowa, die an der Rezeption Dienst gehabt hatte, anrief und fragte, wieso man in Zimmer 513 ›niemanden einquartieren‹ dürfe, da hatte Jelena Jakowlewna aus purer Gewohnheit gelogen, es habe da einen Anruf gegeben. Für ein Sanatorium von solchem Rang waren derartige Anrufe die gewöhnlichste Sache der Welt, sie wurden nirgends registriert und niemals nachgeprüft. Aber kaum hatte sie aufgelegt, da war ihr wieder eingefallen, daß es wirklich einen Anruf gegeben hatte, und auch noch aus der Polizeidirektion. Verdammt unangenehm!
    Nach kurzem Nachdenken kam Jelena Jakowlewna jedoch zu der Überzeugung, daß im Grunde nichts Schlimmes passiert war. Warum hatte die Kamenskaja von sich aus nichts von einem Anruf gesagt? Weil es ihr peinlich war. Oder sie wollte sich aus irgendwelchen Gründen demjenigen, der angerufen hatte, nicht verpflichtet fühlen. Statt dessen hatte sie es vorgezogen zu bezahlen, obgleich solch ein Betrag, nach ihrem Outfit zu urteilen, sicherlich keine Kleinigkeit für sie war. Sie konnte also erstens kein ganz so hohes Tier sein, wenn sie sich schämte, Vitamin B zu gebrauchen, und zweitens war sie ›arm, aber stolz‹. Die lange Arbeitserfahrung im Sanatorium hatte Jelena Jakowlewna gelehrt, auf den ersten Blick zu erkennen, ob jemand dazu neigte auf den Tisch zu hauen und sich zu beschweren. So eine wie diese Kamenskaja würde sich nicht beschweren oder auf ihr Recht pochen. Außerdem, wenn es ihr schon peinlich war, Vitamin B zu gebrauchen, dann würde es ihr erst recht unangenehm sein zuzugeben, daß sie Schmiergeld gezahlt hatte. Wenn also ihr Gönner von der Polizei nachfragen sollte, wieso sie in einem Zweibettzimmer sei, würde sie bestimmt sagen, es sei doch egal, sie habe es ganz für sich allein, und in einem Zweibettzimmer sei mehr Platz.
    Aufgrund solcher Überlegungen kam Jelena Jakowlewna zu dem Schluß, daß ihr keine Entlarvung drohte. Trotzdem mutete die Situation, mit Distanz betrachtet, in der Tat etwas ungewöhnlich an. Wieso mußte die Kamenskaja unbedingt allein in ein Zweibettzimmer gelegt werden? Die Verwaltungschefin beschloß, für alle Fälle sicherzugehen und sich nicht auf einen Anruf aus der Polizeidirektion der STADT zu berufen, sondern auf einen aus dem Russischen Innenministerium. Das Ministerium war eine ernstzunehmende Behörde, wenn man dort darum gebeten hatte, der Kamenskaja ein Zweibettzimmer für sich allein zu geben, dann hatte es auch so zu sein. Und keiner würde das nachprüfen.
    Als am nächsten Tag der zweite Anruf kam, erklärte sie sofort: Wegen der Kamenskaja hätte jemand aus dem Innenministerium angerufen.
    * * *
    Geduldig und sachkundig erklärte Jurij Fjodorowitsch Marzew am Telefon seine Vorstellungen bezüglich der Regieführung.
    »In der Filmszene muß unbedingt ein sieben- bis achtjähriger Junge dabeisein. Sonst ergibt das alles keinen Sinn.«
    »Das Sujet bleibt das gleiche?«
    »Ja, ja, genau das gleiche. Verstehen Sie, in der ersten Variante muß man sich den Jungen hinzudenken, er wird von der Mutter und vom Sujet ›gespielt‹, so wie das Gefolge den König mitspielt. Der Junge selbst ist nicht zu sehen. Jetzt will ich, daß er mit drauf ist.«
    »Aber das ist unmöglich, verstehen Sie doch. Wir können kein Kind dazu bringen, da mitzumachen.«
    »Lassen Sie sich was einfallen. Vielleicht eine Montage? Keine Ahnung, Sie sind schließlich die Fachleute!«
    »Geht es nicht doch irgendwie ohne?«
    »Keinesfalls. Das Kind ist der springende Punkt.«
    »Also gut, wir denken uns was aus. Aber Sie können sich vorstellen, daß das teuer wird!«
    »Das ist nun wiederum mein Problem, ich werde es lösen. Und nicht vergessen, das Kleid muß das gleiche sein wie auf dem Foto.«
    Jurij Fjodorowitsch legte auf, blätterte nachdenklich in seinem
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