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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain
Autoren: Alexandra Marinina
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ziemlich gute . . .«, sie verzog den Mund zu einem Grinsen, »Goldwäscherin. Es gibt viele, die unter schwierigen Bedingungen unermüdlich Goldsand waschen. Dann kommt ein anderer daher, sammelt den Sand ein, gießt ihn zu Barren und schafft sie zum Juwelier. Und der Juwelier macht daraus ein weltberühmtes Schmuckstück. Der Juwelier kassiert Ruhm und Ehre, aber an den, der seine Gesundheit fürs Goldwaschen geopfert hat, denkt keiner mehr. Wissen Sie denn, Nastja, wer Rosina Lewina war?«
    »Eine Lehrerin an der Juillard School of Music. Van Cliburn hat bei ihr studiert«, erwiderte Nastja prompt und lobte sich innerlich für ihr gutes Gedächtnis.
    »Sehen Sie!« rief Regina Arkadjewna triumphierend. »Den Namen von Rosina Lewina kennt alle Welt, obwohl sie gar keine konzertierende Pianistin war, sondern nur Lehrerin. Und bei uns? Können Sie mir die Lehrer von Richter, Gilels, Sokolow nennen? Nicht die, unter denen sie bei den Wettbewerben gewonnen haben, sondern die, bei denen sie Notenlesen und Handhaltung gelernt haben, die während des täglichen Unterrichts den Goldsand herausgewaschen haben, aus dem dann der Goldbarren geworden ist. Und der hervorragende Petrow, bei wem hat der studiert? Bei uns werden die Lehrer einfach nicht geachtet. Nur wenn der Lehrer selbst eine bekannte Persönlichkeit ist, heißt es: Der hat bei dem und dem studiert. . . Sehen Sie es mir nach, meine Liebe, ich habe mich mal wieder hineingesteigert. Lassen Sie uns das Thema wechseln.«
    »Wie Sie möchten.« Nastja hatte nichts dagegen. »Lassen Sie uns zum Beispiel darüber reden, weshalb Sie glauben, ich hätte mit Sex keine Probleme.«
    »Oh, das ist ganz einfach«, die Alte winkte ab. »Sie sind in ein Sanatorium gekommen, das zu Recht den Ruf eines Saustalls genießt. Exakt die Hälfte der Zimmer sind Einzelzimmer, also keine Probleme mit Zimmergenossen. Um die Hausordnung kümmert sich keiner, die ganze Nacht herrscht ein Hin und Her zwischen den Zimmern. Zwei Bars, beide bis Mitternacht geöffnet, jeden Abend Tanz, ein Laden, in dem man zu jeder Zeit Alkohol und Dazugehöriges kaufen kann. Und was die Sitten angeht, absolute Freizügigkeit. Ich weiß das deshalb so genau, weil ich in dieser Stadt lebe und zweidreimal pro Jahr eine Kur in der ›Doline‹ buche. Sie hingegen kommen mit Wörterbüchern und einer Schreibmaschine hier an, sind unauffällig gekleidet, schminken sich nicht. Was sollte ich also anderes daraus schließen?«
    Keine alte Dame, sondern Sherlock Holmes, dachte Nastja. »Stimmt das wirklich, die Hälfte sind Einzelzimmer? Da hat mich die an der Rezeption aber ganz schön drangekriegt. So eine linke Tour.«
    * * *
    Noch eine Viertelstunde, dann machte die Bar zu. Viel Publikum war nicht mehr da. Die Musik dröhnte etwas weniger ohrenbetäubend, war aber immer noch laut genug, um niemanden das Gespräch mithören zu lassen, das am Ecktisch geführt wurde.
    »Warum ist die allein in einem Zweibettzimmer?«
    »Im Anmeldungsbuch steht die Notiz »Niemand einquartieren‹. Ich habe die an der Anmeldung gefragt, aber sie weiß von nichts. Gestern hatte Jelena Jakowlewna Dienst, sie hat die Buchung der Kamenskaja gemacht. Natürlich bat ich darum, Jelena daheim anzurufen, um etwas über diese Kamenskaja herauszubekommen. Ihre Auskunft war, es sei ein Anruf gekommen, man solle sie allein in einem Zweibettzimmer unterbringen. Was daran so Besonderes ist? Im Sanatorium sind massenhaft Plätze frei, die Saison ist vorbei und die Kuraufenthalte sind doch ziemlich teuer.«
    »Dann ist es unverständlich, wieso sie kein Einzelzimmer bekommen hat. Wo arbeitet sie denn?«
    »Nirgends. Sie ist Übersetzerin, arbeitet freiberuflich.«
    »Seltsam. Versuch mal herauszubekommen, wer da angerufen hat. Diese Kamenskaja gefällt mir nicht. Irgendwas ist da faul.«

Kapitel 2
    TAG DREI
    Nach vierundzwanzig Stunden Dienst standen der Verwaltungschefin Jelena Jakowlewna eigentlich drei freie Tage zu. Doch! geriet alles immer leicht durcheinander im Sanatorium – mit dem ständigen Wechsel von offiziellen Kuraufenthalten und individuell anreisenden Gästen, mit einer zentralisierten Buchung, aber auch der direkten Buchung vor Ort, mit Kuraufenthalten für vierundzwanzig Tage oder für zwölf oder für sieben oder sogar nur für drei Tage (wer das Wochenende für Kurbehandlungen nutzen wollte) – und dieses unruhige Leben erforderte einen ständigen Austausch zwischen den diensthabenden Mitarbeitern an der Rezeption sowie den
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