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An Alle! Gesucht wird Mörder... Kommissar Morry

An Alle! Gesucht wird Mörder... Kommissar Morry

Titel: An Alle! Gesucht wird Mörder... Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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schien er am Ende seiner Kräfte und völlig ausgepumpt zu sein.
    Schwarze Punkte begannen vor seinen Augen einen hektischen Tanz zu vollführen. Sein Blut rauschte wie irrsinnig durch die Adern und hämmerte bis zum Halse. Immer kürzer wurde sein keuchender Atem. Er bot seine letzten Kräfte auf und versuchte, dem vor ihm rasenden Eric Shannon auf den Fersen zu bleiben. Verbissen kämpfte er gegen einen erneuten Schwächeanfall. Noch zwanzig Schritte stolperte er durch den zähen Matsch weiter, dann wurden ihm die Knie weich. — Dr. Jules Steenlunds Körper war durch die Untersuchungshaft und den langen Aufenthalt hinter den grauen Mauern von Dartmoor so sehr geschwächt, daß er den Strapazen des schnellen Laufes durch das aufgeweichte knöcheltiefe Erdreich nicht gewachsen war. — Auch hatte seine physische Kraft durch den Urteilsspruch „Lebenslänglich!“ einen starken Schock erlitten. Aufstöhnend schlug er der Länge nach hin. Eine wohltuende Ermattung durchzog seine Glieder, überwältigende Müdigkeit umgaukelte sein Gehim und drohte es ganz in seinen Bann zu reißen. Dr. Jules Steenlund war nahe daran, alles aufzugeben. In diesem Augenblick geschah etwas Unerwartetes.  
    „Doktor — ruhig liegenbleiben und tief ein-und ausatmen!“ hörte Steenlund die Stimme Eric Shannons plötzlich neben sich. Er vernahm die Worte fast halb im Unterbewußtsein und konnte es kaum glauben. Als er aber die Augen öffnete, sah er direkt in das lehmverschmierte Gesicht Eric Shannons. Der Mann, der schon knapp den schützenden Wald erreicht hatte, war wieder umgekehrt und lag jetzt neben ihm. Shannon versuchte zu lächeln und bemühte sich, seinen Gefährten anzuspornen. Dr. Jules Steenlund aber schüttelte resigniert den Kopf.
    „Lassen Sie, Shannon! — Ich schaff' es doch nicht. Der kurze Weg bis hierher hat meine Kräfte beinahe schon restlos verzehrt. Selbst wenn ich den Wald erreiche, werde ich nur eine Behinderung für Sie sein . . .“
    „Reden Sie nicht soviel, Doktor! Schon gar nicht solch einen Unsinn“, fuhr Eric Shannon dem Keuchenden ins Wort.
    „Sparen Sie sich Ihre Luft für später. Sie werden sie noch nötig haben.“
    „Glauben Sie wirklich, es wird uns noch gelingen, Shannon?“ meinte Dr. Steenlund skeptisch. Shannon sparte sich die Antwort. Jules Steenlund gab sich damit zufrieden. Lang und tief atmete er ein und aus, um sich zu beruhigen. Allmählich entspannten sich seine überforderten Muskeln. Ein neuer Lebensmut keimte auf. Dr. Jules Steenlunds Körper schien die kurze Krise überwunden zu haben. Schon wollte er sich wieder erheben und versuchen die gemeinsame Flucht fortzusetzen, als sich die Finger Eric Shannons in seine Schulter krallten.
    „Da, Doktor!“ stieß der Mann neben ihm erschreckt hervor. Sein Kopf deutete dabei zur Anstalt zurück. In diesem Moment schien die Hölle loszubrechen, eine gnadenlose Hölle für die beiden Flüchtenden. Scheinwerfer zuckten hinter der Anstaltsmauer auf und suchten mit gierigen Fingern das freie Gelände ab. Rufe wurden laut und drangen bis zu ihnen herüber. Zwischen den tappenden Schritten der über den Steinboden des Innenhofes eilenden Wächter vernahmen sie deutlich das Klicken der Gewehrschlösser. Zu ihrer Rechten blitzte es oberhalb des Torhauses grell auf. Donnernd rollte der erste Schuß durch die zum Tage gewor= dene Nacht und fand hundertfaches Echo. Überall glaubten die Wärter von Dartmoor die Schatten der zwei Ausbrecher zu erkennen. Ohne Vorwarnung brach Schuß auf Schuß aus ihren weitreichenden Gewehren. Zwitschernd jaulten die Projektile durch die Luft.
    Noch erfaßten die Lichtbündel der Scheinwerfer sie nicht. Der quellende Dunst, der wie ein tanzender Schleier über der trostlosen Landschaft lag, blieb für wenige Sekunden ihr einziger Schutz. Aber schon fingerten die grellen Strahlen nicht mehr wild durcheinander, sondern pendelten systematisch hin und her. Ruckartig fielen sie bis zu der Anstaltsmauer zurück und begannen von neuem, Lichtstrahl an Lichtstrahl das öde Gelände abzutasten. Erbarmungslos krochen die Lichtbündel auf die beiden Geflohenen zu und schoben sich näher an sie heran.
    Dr. Jules Steenlund und Eric Shannon hatten sich bisher nicht von der Stelle gerührt. Wie gebannt hingen ihre Augen an den blendenden Lichtquellen. Das plötzliche Aufhellen der stockdunklen Nacht hatte ihre Glieder gelähmt. Würgend hielt sie die Furcht vor der Entdeckung in den Klauen. Eng aneinandergepreßt verschmolzen ihre
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