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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wenn Warden über seinen Chef nachdachte, spürte er unterschwellige, aber hartnäckige Ängste.
    Nur die Ruhe bewahren, sagte er sich.
    Behalte klaren Kopf.
    Denk daran, was du machst.
    Holt Fasner strahlte eine Aura des Beunruhigenden aus. Trotz seiner einhundertfünfzig Jahre wirkte er jünger als Warden, hatte man zumindest oberflächlich den Eindruck, er sei bei besserer Gesundheit. Schonende Medikamente verjüngten seine Haut um achtzig oder neunzig Jahre, das Gewebe von Herz und Lungen sowie das Knochenmark um immerhin die Hälfte. Nur die augenfällige Rötung seiner Wangen, das gelegentliche Zittern der Hände und die Weise, wie er blinzelte, als kostete es ihn Mühe, klar zu sehen, und die Andeutungen der Sterblichkeit, die Warden in seiner IR-Sicht wahrnahm, vermittelte darüber Aufschluß, daß er keineswegs vollständig wohlauf war.
    Zur Begrüßung lächelte er Warden über die Platte des nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit gestalteten Schreibtischs hinweg kühl zu. Nicht allein der Schreibtisch, das gesamte Büro war überfüllt mit Computer- und Datenterminals, Videomonitoren sowie Kommunikationsapparaturen jeder Sorte – bereit zur Informationsbeschaffung wie ein lebendiges Gehirn –, aber allzu geräumig war es nicht, ja nicht einmal sonderlich behaglich.
    »Hallo, Warden.« Mit der Hand deutete Fasner auf einen Sessel, der vor dem Schreibtisch stand. »Nehmen Sie Platz. Ich dachte, wir zwei plaudern mal ’n bißchen.«
    Indem er sich streng zusammenriß, um seine Unruhe zu verhehlen, setzte sich Warden und verschränkte die Arme auf der Brust.
    »Es wäre sinnvoller, wir tun mehr als bloß einen Plausch halten«, antwortete er, als dürfte er es sich gestatten, gegenüber dem mächtigsten Mann des Human-Kosmos ungeduldig zu sein. »Für mich ist der Zeitpunkt sowieso sehr ungünstig. Es geht zuviel vor. Selbstverständlich wissen Sie darüber Bescheid, also denke ich mir, Sie wollen mit mir über eine spezielle Angelegenheit beraten. Für Plaudereien reichen die normalen Verbindungen aus.«
    Holt Fasner machte eine Geste, die auf ein Achselzucken hinauslief; seiner Aura ließ sich innere Anspannung anmerken. »Kommen Sie, Warden, seien Sie kein Spielverderber. Wir sollten nichts überstürzen. Ein paar Minuten können Sie ja wohl für mich abzweigen. Wie ist drüben das Wetter?« Er schmunzelte humorlos. »Haben Sie im Zusammenhang mit den Kaze inzwischen irgendwelche Spuren gefunden? Liegen mittlerweile Neuigkeiten von Thanatos Minor vor?«
    Warden saß da wie eine Sphinx. »Was sollten wir nicht überstürzen?«
    Direktheit konnte Fasner nicht beirren. »Was, in Gottes Namen, hat Sie nur darauf gebracht, es sei eine gute Idee, Godsen Friks Freizügigkeit auf das VMKP-HQ zu beschränken?« entgegnete er. »Wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht behaupten, er wäre mir sympathisch gewesen, aber er hat tadellose Arbeit geleistet, darum wird er uns fehlen.« Er zwinkerte heftig, als befielen Zuckungen seine Brauen. »Sicherlich haben Sie inzwischen schon eingesehen, daß er noch am Leben sein könnte, hätten Sie ihm nicht diese Anweisungen erteilt.«
    »Ja, das ist richtig.« Hätte Holt Fasner über eine ähnliche visuelle Prothese wie Warden verfügt, wäre es ihm möglich gewesen, jetzt Bedauern und nutzlosen Zorn sich wie Insekten unter der Haut des VMKP-Polizeipräsidenten regen zu sehen. »Das ist mir klar.«
    »Und…?« fragte Fasner.
    Mit dem Druck seiner Arme um den Brustkorb festigte Warden seine Selbstbeherrschung. »Ich hatte diese Maßnahmen getroffen, um ihn zu beschützen. Jedenfalls bin ich der Meinung gewesen, daß es mir dadurch möglich sei. Ich hatte mich gefragt, wie der Kaze, der auf Kapitän Vertigus angesetzt worden war, an legitime Identifikationen gelangt ist, und die Schlußfolgerung gezogen, daß ein Verräter in einer von drei Institutionen sie ihm besorgt haben muß – beim EKRK-Schutzdienst, im VMKP-HQ oder hier. Bei allem Respekt muß ich erwähnen, ich schließe meine Mitarbeiter vom Kreis der Verdächtigen aus.«
    »Aber meine nicht«, konstatierte Fasner an seiner Stelle.
    Warden nickte. »So wenig wie die Konzilsmitarbeiter. Allerdings fällt der stärkste Verdacht auf Ihr Personal. Unter uns gesagt, Sie und ich, wir beliefern den EKRK-Schutzdienst buchstäblich mit allem. Und Sie haben mehr Leute als das Konzil. Und als ich. Ein größerer Personalbestand heißt zwangsläufig, die Wahrscheinlichkeit, daß sich darunter ein Verräter verbirgt, ist höher.
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