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American Gods

American Gods

Titel: American Gods
Autoren: Neil Gaiman
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Ma’am?«
    Die Frau sah ihn über das Klemmbrett hinweg an. »Ja?«
    »Was für ein Flughafen ist das hier?«
    Sie sah ihn verdutzt an und schien sich nicht recht sicher zu sein, ob er sich vielleicht einen Scherz mit ihr erlaubte, sagte dann aber: »St. Louis.«
    »Ich dachte, das hier wäre die Maschine nach Eagle Point.«
    »War es auch. Sie ist aber wegen des Sturms umgeleitet worden. Hat man das nicht durchgesagt?«
    »Wahrscheinlich schon. Ich habe geschlafen.«
    »Sie müssen sich an den Mann dort drüben wenden, den mit der roten Jacke.«
    Der Mann war fast so groß wie Shadow und sah aus wie ein Vater aus einer Sitcom der Siebziger. Er tippte etwas in den Computer und teilte Shadow dann mit, er solle zu einem Flugsteig am anderen Ende des Terminals eilen, jawohl, eilen !
    Shadow rannte durch den Flughafen, aber die Türen waren bereits geschlossen, als er zum Flugsteig kam. Durch das Panoramafenster sah er, wie das Flugzeug sich in Bewegung setzte und vom Flugsteig wegrollte.
    Die Frau am Kundenschalter (klein und brünett, mit einem Leberfleck auf dem Nasenflügel) besprach sich mit einer anderen Frau und griff zum Telefon (»Nee, der fällt weg, den haben sie gerade gestrichen«), dann druckte sie eine neue Bordkarte aus. »Nehmen Sie die und laufen Sie«, sagte sie zu Shadow. »Wir rufen beim Flugsteig an und sagen Bescheid, dass Sie kommen.«
    Shadow fühlte sich wie die Kugel beim Hütchenspiel beziehungsweise wie eine Spielkarte, die beim Mischen ständig den Platz wechselt. Wieder rannte er durch den Flughafen und landete am Ende nicht weit von der Stelle, wo er ursprünglich hergekommen war.
    Ein kleiner Mann nahm am Flugsteig seine Bordkarte entgegen. »Wir haben auf Sie gewartet«, vertraute er ihm an, während er den Abschnitt der Karte abriss, auf dem der Shadow zugewiesene Platz – 17D – stand. Shadow eilte zum Flugzeug, und die Tür wurde hinter ihm geschlossen.
    Er schritt durch die erste Klasse – es gab dort vier Sitze, von denen drei besetzt waren. Der bärtige Mann im hellen Anzug, der ganz vorn neben dem unbesetzten Sitz saß, grinste Shadow zu, hob dann das Handgelenk und tippte gegen seine Armbanduhr, als Shadow an ihm vorbeiging.
    Ja, ja, ich halte euch auf, dachte Shadow. Lasst das nur eure geringste Sorge sein.
    Das Flugzeug erschien ihm ziemlich voll, als er sich den Weg nach ganz hinten bahnte. Tatsächlich war es sogar vollständig besetzt, wie er feststellen musste, und auf dem Sessel 17D saß bereits eine Frau mittleren Alters. Shadow zeigte ihr seinen Bordkartenabriss, und sie zeigte ihm ihren: Sie waren identisch.
    »Könnten Sie bitte Ihren Platz einnehmen?«, sagte die Stewardess.
    »Nein«, sagte er, »ich fürchte, das kann ich nicht.«
    Sie schnalzte mit der Zunge und überprüfte die Bordkarten, dann führte sie ihn zurück in den vorderen Teil des Flugzeugs und wies ihn auf den leeren Platz in der ersten Klasse. »Scheint Ihr Glückstag zu sein«, sagte sie. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken bringen? Die Zeit reicht gerade noch, bevor wir abfliegen. Sie haben nach der ganzen Hetzerei jetzt bestimmt einen Drink nötig.«
    »Ich hätte bitte gern ein Bier«, sagte Shadow. »Was immer Sie haben.«
    Die Stewardess entfernte sich.
    Der Mann im hellen Anzug neben Shadow tippte mit dem Fingernagel auf seine Armbanduhr. Es war eine schwarze Rolex. »Sie sind spät dran«, sagte der Mann und legte ein breites Grinsen auf, dem jegliche Wärme fehlte.
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte, Sie sind spät dran.«
    Die Stewardess reichte Shadow ein Glas Bier.
    Einen Moment lang fragte er sich, ob der Mann wohl verrückt war, dann entschied er sich aber, dessen Feststellung auf das Flugzeug zu beziehen, das auf den einen letzten Passagier hatte warten müssen. »Tut mir Leid, wenn ich Sie aufgehalten habe«, sagte er höflich. »Sind Sie in Eile?«
    Das Flugzeug rollte rückwärts vom Flugsteig weg. Die Stewardess kam und nahm Shadow das Bierglas wieder ab. Der Mann im hellen Anzug grinste ihr zu und sagte: »Keine Sorge, ich werd das hier ordentlich festhalten«, worauf sie ihm sein Glas Jack Daniels ließ, nachdem sie ihm halbherzig vorgehalten hatte, dass das ein Verstoß gegen die Flugbestimmungen sei. (»Das überlassen Sie mal meinem Dafürhalten, meine Liebe.«)
    »Die Zeit spielt tatsächlich eine entscheidende Rolle«, sagte der Mann. »Trotzdem, nein. Ich hatte lediglich Sorge, dass Sie das Flugzeug nicht mehr erreichen.«
    »Sehr nett von Ihnen.«
    Das Flugzeug verharrte mit
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