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0404 - Die Bande der Toten

0404 - Die Bande der Toten

Titel: 0404 - Die Bande der Toten
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Zwei Männer standen fröstelnd im Gebüsch neben der Straße. Es war dicht vor einer Haarnadelkurve, und auf der rechten Straßenseite fiel die Felsschlucht achtzehn Yards tief ab. Der Nebel war so dicht, dass man den Grund der Schlucht nicht sehen konnte. Außerdem war es Nacht. Eine kühle, neblige Nacht.
    »Ich weiß nicht«, murmelte der Schwarzhaarige und trat von einem Fuß auf den anderen, um sich die Beine zu wärmen, »der Nebel könnte ruhig ein bisschen dicker sein.«
    »Für einen Autofahrer ist er dicht genug«, erwiderte der Blonde neben ihm.
    »Ich versteh’s nicht. Der Nebel ist für jeden gleich. Trotzdem macht er einem Fußgänger gar nichts aus, während er einem Autofahrer den Tod bringen kann.«
    »Bei einer Sicht von sechs bis acht Yards? Der Bursche wird viel zu früh erkennen, dass die Straße plötzlich zu Ende ist.«
    »Sehen wird er es vielleicht noch. Hast du dir schon einmal ausgerechnet, wie viel Yards du in einer Minute zurücklegst, wenn du nur mit fünfundzwanzig Meilen in der Stunde fährst?«
    »No. Wie viel sind es denn?«
    »Mehr als sechshundertsechzig Yards pro Minute! Das heißt also: mehr als elf Yards in der Sekunde! Acht Yards Sicht hat der Bursche. Wenn er das Ende der Straße erkennt, blieben ihm drei Viertelsekunden. Endlich kapiert? In einer Dreiviertelsekunde kann er nichts mehr machen. Vielleicht reicht es, um Angst zu kriegen. Das ist aber auch alles.«
    Der Schwarzhaarige staunte. »Man sollte tatsächlich daran denken, wenn man am Steuer sitzt und so ein Nebel ist.«
    »Man sollte«, bestätigte der Blonde »Nur tun es die meisten nicht. Und deshalb wird es heute Nacht hier einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang geben. Hoffentlich bald. Ich fange an zu frieren.«
    Der Blonde sah auf das Leuchtzifferblatt seiner Uhr. Er war mit sich restlos zufrieden. Nach seiner Meinung hatte er das perfekte Verbrechen geplant.
    Und tatsächlich war ihr ahnungsloses Opfer bereits unterwegs.
    ***
    Vierhundert Meilen weiter herrschte kein Nebel. Aber dunkel war es auch hier, und selbstverständlich brannte nachts kein Licht in den Zellen des Zuchthauses. Dempsy the Artist, Dempsy der Künstler, wie man ihn in den Kreisen der Unterwelt nannte, konnte deshalb den schweren Schraubenschlüssel kaum sehen, als er ihn in der Hand wog. Trotzdem wusste er ganz genau, wie lang der Schlüssel war. Vier Nächte lang hatte er sich in der Finsternis daran gewöhnt, die Länge des Schlüssels genau abzuschätzen. In jeder Nacht war er mehr als hundertmal auf das schwarze Viereck der Tür zugegangen und hatte den Arm mit dem Schlüssel ausgestreckt, wenn er glaubte, dass er jetzt mit dem Ende des Schlüssels die Tür erreichen müsste. Nun war ihm die Länge so vertraut wie die Länge seines Arms.
    Dempsy legte den Schlüssel auf sein Bett. Er hatte ihn vor fünf Tagen aus der Schmiede mit in die Zelle geschmuggelt. Nicht so einfach - bei Lebenslänglichen wäre das nicht möglich gewesen. No. Dempsy hatte vor vier Monaten den Verlust des Schlüssels gemeldet. Als er ihn selbst in der Schmiede sicher versteckt hatte. Es war genauso gekommen, wie er es sich ausgemalt hatte. Sofort nach der Verlustmeldung hatte man sämtliche Zellen durchsucht. Gründlich.
    Und natürlich hatte man den Schlüssel nicht gefunden. Der lag ja immer noch in der Schmiede. Drei Wochen danach war wieder eine plötzliche Zellendurchsuchung gekommen und wieder mit dem gleichen negativen Resultat. Trotzdem hatte Dempsy den Schlüssel weitere drei Monate in seinem Versteck gelassen, bis er ihn unter dem Hemd in seine Zelle schmuggelte. Und heute Nacht würde er ihn benutzen.
    Er tastete sich zum Tisch. Die anderen drei Insassen lagen in ihren Betten. Wenn man diese Pritschen mit den billigen, stinkenden Decken Betten nennen konnte. Dempsy suchte im Dunkeln das Brot, das er sich vom Abendessen aufgespart hatte. Er brach kleine Brocken ab und stopfte sie mit dem Daumen hinter die linke Wange. Dann schob er sich den schweren Schraubenschlüssel unter das grobe Drillichjackett, tappte zur Tür und hämmerte mit den Fäusten dagegen.
    Die anderen drei Zelleninsassen wurden wach und fluchten. Dempsy ließ sich nicht beirren. Er trommelte weiter mit den Fäusten gegen die Tür. Der Lärm hallte draußen durch die Korridore und das ganze Treppenhaus. Irgendwo schrie eine schrille, piepsige Stimme laut: »Ruhe, verdammt noch mal! Ich will schlafen!«
    Andere Stimmen antworteten, brüllten durcheinander, erfüllten den Block mit
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