Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
American Gods

American Gods

Titel: American Gods
Autoren: Neil Gaiman
Vom Netzwerk:
er machte keine Anstalten, wieder zu gehen, und so kam es zu einer kleinen Auseinandersetzung.
    Das Ergebnis von all dem war, dass Johnnie Larch nie in Seattle ankam. Die nächsten Tage verbrachte er in den Bars der Stadt, und als die hundert Dollar alle waren, überfiel er mit vorgehaltener Spielzeugpistole eine Tankstelle, um mit dem erbeuteten Geld weiter seine Zeche bezahlen zu können; die Polizei nahm ihn schließlich fest, weil er auf die Straße gepisst hatte. Bald saß er wieder im Bau, um seine Reststrafe zu verbüßen und dazu noch ein kleines Extra für die Tankstellensache.
    Und die Moral von der Geschicht’, Johnnie Larch zufolge, lautete folgendermaßen: Leg dich nicht mit Leuten an, die in Flughäfen arbeiten.
    »Bist du sicher, dass man nicht eher sagen könnte: ›Ein Verhaltensmuster, das in einem speziellen Umfeld wie dem Gefängnis funktioniert, kann wirkungslos oder sogar schädlich sein, wenn es außerhalb dieses Umfelds angewendet wird‹?«, fragte Shadow, nachdem Johnnie Larch ihm die Geschichte erzählt hatte.
    »Nein, ehrlich, Alter, wie ich gesagt hab«, sagte Johnnie Larch. »Leg dich bloß nicht mit diesen Flughafentussis an.«
    Die Erinnerung ließ den Anflug eines Lächelns auf Shadows Gesicht erscheinen. Sein Führerschein hatte noch einige Monate, bevor er ungültig wurde.
    »Busbahnhof! Alle raus!«
    Das Gebäude roch nach Pisse und saurem Bier. Shadow stieg in ein Taxi und wies den Fahrer an, ihn zum Flughafen zu bringen. Er informierte ihn, dass ein Sonderhonorar von fünf Dollar drin sei, wenn ihm das schweigend gelinge. Sie schafften es in zwanzig Minuten, und der Fahrer sagte die ganze Zeit kein einziges Wort.
    Dann stolperte Shadow durch das hell erleuchtete Flughafenterminal. Er machte sich Sorgen wegen der ganzen e-Ticket-Geschichte. Es war ein Ticket für einen Flug am Freitag, und er wusste nicht, ob es auch für heute funktionieren würde. Alles Elektronische schien Shadow von grundlegend magischer Qualität zu sein und konnte sich jeden Augenblick in Luft auflösen.
    Immerhin hatte er seine Brieftasche, die erstmals seit drei Jahren wieder in seinem Besitz war. Sie enthielt diverse abgelaufene Kreditkarten, aber auch eine Visa-Karte, die, wie er freudig überrascht feststellte, erst Ende Januar ihre Gültigkeit verlieren würde. Er hatte eine Reservierungsnummer. Und er besaß, das war ihm klar, die Gewissheit, dass alles irgendwie wieder in Ordnung kommen würde, sobald er zu Hause wäre. Laura würde wieder wohlauf sein. Vielleicht war das Ganze ja nur eine Art Finte gewesen, um ihn ein paar Tage eher nach Hause zu kriegen. Oder ganz einfach eine Verwechslung: Die Leiche von irgendeiner anderen Laura Moon war aus den Autotrümmern gezogen worden.
    Draußen flackerten Blitze, wie man durch die Fensterwände verfolgen konnte. Shadow bemerkte, dass er den Atem anhielt, auf irgendetwas wartete. Fernes Donnergrollen. Er atmete aus.
    Eine müde weiße Frau saß hinter dem Schalter und blickte ihm erwartungsvoll entgegen.
    »Hallo«, sagte Shadow. Du bist die erste fremde Frau seit drei Jahren, mit der ich in natura spreche. »Ich habe eine e-Ticket-Nummer. Ich sollte eigentlich Freitag fliegen, aber ich muss schon heute weg. Es hat einen Todesfall in der Familie gegeben.«
    »Hm. Tut mir Leid, das zu hören.« Sie tippte auf die Tastatur, starrte auf den Bildschirm, tippte erneut. »Kein Problem. Ich habe Sie auf den 15-Uhr-30-Flug gesetzt. Er könnte allerdings wegen des Sturms Verspätung haben, achten Sie also bitte auf die Anzeigen auf der Bildschirmtafel. Wollen Sie irgendwelches Gepäck aufgeben?«
    Er hielt seine Umhängetasche hoch. »Die muss ich doch nicht aufgeben, oder?«
    »Nein«, sagte sie. »Das ist so in Ordnung. Haben Sie einen Ausweis mit Bild?«
    Shadow zeigte ihr seinen Führerschein.
    Es war kein großer Flughafen, aber die Menge der Leute hier, Leute, die einfach umherschlenderten, erstaunte ihn. Er beobachtete Menschen, die lässig ihre Koffer abstellten, verfolgte, wie Portmonees in hintere Hosentaschen gestopft wurden, sah Handtaschen, die unbeobachtet unter Stühlen abgestellt waren. Erst jetzt begriff er richtig, dass er nicht mehr im Gefängnis war.
    Dreißig Minuten Wartezeit, bis er an Bord gehen konnte. Shadow kaufte sich ein Stück Pizza und verbrannte sich die Lippen an dem heißen Käse. Er kratzte sein Kleingeld zusammen und ging zu den Telefonen. Er rief Robbie im Fitnesscenter an, aber es sprang nur der Anrufbeantworter an.
    »He,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher