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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels
Autoren: Elizabeth Peters
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Heiligen Stadt wie eben möglich in den wenigen ihnen verbleibenden Tagen zu archivieren. Und er sollte sich auf den Weg ins nördliche Tal machen, wo Daria noch in Tareks Villa lebte. Als er diesen gefragt hatte, wieso sie nicht mitgekommen sei, hatte der Monarch milde gelächelt und irgendetwas von den Eigenheiten der Frauen gemurmelt. Vielleicht erwartete sie ja von ihm, dass er sie holen kam.
    Ramses spielte mit dem Gedanken, verwarf diesen jedoch wieder. Er liebte das Mädchen. Er sollte tun, was er für richtig hielt und was ihn glücklich machte (obwohl ihm davor graute, sich seinen Eltern mitzuteilen). Also, warum zögerte er noch? Nefret war eine Illusion, ein Wunschtraum, der sich für ihn nie erfüllen ließe. Und sie benahm sich höchst eigenartig, als wäre sie eine gespaltene Persönlichkeit: Einmal war sie das aufgeweckte, fröhliche junge Mädchen und dann wieder eine reservierte Fremde mit schwermütig entrücktem Blick.
    Als er die oberste Stufe erreichte, trat ein schläfrig dreinblickender Priester aus dem kleinen Schrein und gab ihm weitere Anweisungen. Er folgte dem Pfad, den der Mann ihm beschrieben hatte, und während er weiterlief, überlagerte die Faszination des Wissenschaftlers seine quälenden Gedanken. Er fühlte sich um mehr als zweitausend Jahre zurückversetzt, als er die Gräber in ihrer schlichten Schönheit gewahrte. Wie in Meroe oder Napata. Rechterhand befanden sich die in die Felsen geschnittenen Grabmonumente mit den vorgelagerten Kapellen, jede mit einer Miniaturpyramide auf dem Dachfirst. Vor diesen Kapellen gaben zylindrische Stelen Auskunft über Namen und Titel der dort Bestatteten, in den meisten Fällen auch über die ihrer Frauen und Kinder. Die Farben der gemalten Reliefe waren noch immer von ungeahnter Leuchtkraft, die eingemeißelten Symbole gestochen scharf.
    Er hatte eine ziemliche Strecke zurückgelegt, bevor er zu dem Grab von Nefrets Vater kam. Tarek war nirgends zu sehen. Er wartete eine ganze Weile, las die kryptischen Inschriften auf Forths Stele und schlüpfte dann in die kleine Kapelle. Im Innern war es kühl und dämmrig. Das Erste, was er wahrnahm, waren die beiden lebensgroßen Statuen vor dem Grabmal. Dessen Fassade war aber nicht glatt und unbeschädigt. Stattdessen gähnte eine rechteckige Öffnung zwischen den Statuen. Irgendjemand war in das Grab eingedrungen.
    Die wenigen Sekunden, in denen er das realisierte, waren fatal für ihn. Hände packten ihn, ein Strick wurde ihm so fest um den Hals gezogen, dass es ihm die Luft abschnürte. Ihm wurde schwarz vor Augen, er hatte nicht mehr die Kraft, sich zu befreien. Er spürte, wie seine Knie den nackten Steinboden streiften. Man zerrte ihm die Arme auf den Rücken und fesselte seine Handgelenke. Danach wurde das Seil in seinem Genick wieder gelockert und er vernahm eine sanfte, hohe Stimme, die ihn anwies, jede Gegenwehr zu unterlassen, denn dann würde ihm nichts geschehen. Er glaubte, er hörte nicht richtig, als man ihn sogar um Verzeihung für die raue Behandlung bat. Immer noch kurzatmig versprach er, keinen Widerstand zu leisten, worauf man ihm aufhalf und ihn weiterschob, durch den aufklaffenden Eingang und eine kurze Steintreppe hinunter. Dort unten brannte eine kleine, trüb flackernde Lampe. Seine Häscher – es waren vier – ließen ihn behutsam zu Boden gleiten.
    Ein riesiger Granitsarkophag füllte fast die gesamte Grabkammer aus. Er war mit einem fadenscheinigen Leinentuch bedeckt, auf dem goldglitzernde Perlen lagen. Die Wände schmückten Begräbnisszenen und das Gericht der Maat, mit Göttern und Göttinnen, die den Toten im Jenseits begrüßten. An der Wand links von Ramses befand sich ein geschnitzter Durchlass mit einem kleinen Altar davor. Die Tür zeigte nach Westen; durch sie würde das Ka der Verstorbenen kommen, um sich an dem aufgebauten Festmahl zu laben. Die Opfergaben waren frisch: Früchte und Brot, ein Krug, in dem sich entweder Bier oder Wein befand, ein gebratener Fasan.
    Ramses grauste sich nicht vor Mumien, dafür hatte er schon zu viele gesehen; trotzdem schauderte es ihn unwillkürlich, als eine gebückte Gestalt hinter dem gewaltigen Steinsarg hervorkam, in dem Forths einbalsamierter Leichnam ruhte. Dann erkannte er die alte weise Frau und dass sie jemanden an der Hand hielt. Nefrets Haar schimmerte wie die goldenen Perlen auf dem Leichentuch. Sie sah nicht zu ihm, auch nicht, als er ihren Namen rief.
    Ramses rappelte sich auf und versuchte zu stehen. Eine
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