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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels
Autoren: Elizabeth Peters
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Zum einen interessierte sich die Herausgeberin brennend für das, was nach der Rückkehr der Emersons in die Vergessene Oase passierte; zum anderen lag ihr bis zu besagtem Zeitpunkt nur ein Journal aus den Jahren 1907 bis 1914 vor, einer Phase nicht zu unterschätzender beruflicher und persönlicher Weiterentwicklungen innerhalb der Ägyptologenfamilie. Das geneigte Lesepublikum darf jedoch darauf hoffen, dass sich diese Wissenslücke bald schließen lässt, und auf weitere erstaunliche Enthüllungen gespannt sein. Auch diesmal sind Teile aus Manuskript H, von Ramses Emerson verfasst, eingefügt. Unwahrscheinlich, dass Mrs Emerson dieses aufschlussreiche Dokument jemals gelesen hat, das ihr Sohn wohl mit der Geburt seiner Kinder nicht mehr weiterführte (Eltern werden verstehen, warum). Eine wertvolle Informationsquelle ist nicht zuletzt auch die Korrespondenz aus Briefsammlung C, die sich, chronologisch sortiert, in einem separaten Bündel befand und ganz offensichtlich nie abgeschickt wurde.
1. Kapitel
    Als wir Ägypten im Frühjahr 1907 verließen, fühlte ich mich wie ein General nach verlorener Schlacht, der zurücktritt, um seine Wunden zu lecken (diese etwas unappetitliche, aber anschauliche Metapher sei mir hier erlaubt). Unsere archäologische Saison war von den üblichen Ereignissen begleitet gewesen – Entführung, Mord, Verbrechensaufklärung – aber daran war ich gewöhnt. Hinzu kamen in jenem Jahr jedoch andere, unvorhergesehene Katastrophen.
    Am härtesten hatte uns der Tod unseres lieben alten Freundes Abdullah getroffen, viele Jahre lang Vorarbeiter bei unseren Exkavationen. Er hatte sich für mich geopfert, ein Heldentod, wie er es sich gewünscht hätte, aber das war uns lediglich ein schwacher Trost. Kaum vorstellbar, wie es ohne ihn weitergehen sollte.
    Falls es denn weiterging. Mein Ehemann, Professor Dr. Radcliffe Emerson, ist zweifellos der renommierteste Ägyptologe aller Zeiten, aber leider Gottes auch ein ausgemachter Choleriker. Unfähige Exkavatoren und nachlässige wissenschaftliche Dokumentation verärgern ihn maßlos und in der zurückliegenden Saison hatte man ihn bis aufs Blut gereizt.
    Seinerzeit arbeiteten wir im Tal der Könige bei Luxor, meinem favorisierten Ausgrabungsgebiet. Die Konzession für dieses Areal besaß ein impertinenter, in die Jahre gekommener Amerikaner, Mr Theodore Davis, den die Bergung kostbarer Artefakte beileibe mehr interessierte als die wissenschaftliche Feldforschung. Infolgedessen hatte man uns die kleineren, unbedeutenderen Gräber zugewiesen, aber immerhin, wir waren da und wir wären auch im folgenden Herbst wieder dort gewesen, hätte Emerson uns keinen Strich durch die Rechnung gemacht.
    Das Problem begann mit der furiosen Entdeckung eines mysteriösen Grabmals, das Mr Davis’ Mannschaft im Tal freilegte. Es enthielt ein Sammelsurium unterschiedlichster Bestattungsbeigaben in teilweise sehr schlechtem Zustand, aber auch eine Mumie, einen Sarkophag sowie Fragmente eines goldenen Schreins. Im Zuge fachmännischer Exkavation hätte die ägyptische Altertumsforschung gewiss fulminante neue Erkenntnisse gewonnen. Vergeblich boten wir Mr Davis unsere Dienste an. Unser damaliger Vorarbeiter Abdullah war der erfahrenste Rais in ganz Ägypten, unser Sohn Ramses ausgebildeter Linguist und Exkavator, sein Freund David ein ebenso kompetenter Zeichner. Und, nicht zu vergessen, unsere Adoptivtochter Nefret, Ärztin mit Exkavationserfahrung und bestens vertraut im Umgang mit Mumien. Nur ein selbstherrlicher Trottel hätte da abgelehnt – Davis lehnte ab. Der amerikanische Mäzen sah die archäologische Exkavation als eine Form der Zerstreuung und nicht als wissenschaftliche Recherchemethode, er missgönnte anderen den Erfolg, verabscheute es zutiefst, wenn ihm jemand den Ruhm streitig machte.
    Als die Mumie wegen unsachgemäßer Behandlung auseinander fiel (was vermutlich ohnehin passiert wäre, aber das hätte Emerson nie zugegeben), kam es zum Eklat zwischen den beiden. Emerson trägt nicht von ungefähr den ägyptischen Beinamen Abu Shitaim, Vater der Flüche.
    Monsieur Maspero, der Chef der Antikenverwaltung, musste schlichtend in den Disput der beiden Streithähne eingreifen. Da Davis jedoch am längeren Hebel saß, wurde unsere gesamte Familie aus dem Tal verbannt.
    Es gibt noch etliche andere Ausgrabungsgebiete in und um Luxor. Maspero bot uns einige davon an, aber mein Ehemann war so wütend und verbohrt, dass er sämtliche Angebote ausschlug. Als wir
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