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Ambient 04 - Terraplane

Ambient 04 - Terraplane

Titel: Ambient 04 - Terraplane
Autoren: Jack Womack
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erhalten hatte. Es trug die Aufschrift: Ich habe die Zukunft gesehen.
    »Es ist so zwanzigstes Jahrhundert«, sagte Jake, der den Zeitungsbericht las, als ob es sonst nichts zu tun gäbe. »Nichts als Sensation und Hirnverbranntes.«
    »Sie werden nichts Wichtiges preisgeben«, sagte ich. »Vor allem über etwaige Zusammenhänge mit Stalin. Sobald sie von den Ereignissen im Bellevue Wind bekommen, werden sie ihre Version bloß ausbauen.«
    »›Die Frau des Quacksalbers wird vermißt.‹«
    »Quacksalber!« sagte Wanda erzürnt. »Keine medizinische Hochschule hätte ihn genommen, selbst wenn er das College besucht hätte. Dreckskerle!«
    »Man hält Sie für tot«, sagte Jake beim Weiterlesen. Es hörte sich an, als wäre er neidisch.
    »Wahrscheinlich wähnt man sie aufgefressen«, sagte ich. »Bei dem Ton, den der Artikel gegen uns anschlägt.«
    »Der Schock des Neuen«, sagte Jake. »Das Ungewohnte bringt sie aus der Fassung.«
    Wir hatten in der Rodman Street nördlich der Siebenundfünfzigsten gehalten, nicht weit vom Tor zum Ausstellungsgelände. Direkt hinter den Drehkreuzen des Eingangs war nach der Karte der sowjetische Pavillon, eine Art Leninmausoleum mit einem braunen Turm, auf dem eine übergroße Arbeitergestalt einen roten Stern packte. Jenseits davon erstreckten sich die weitläufigen Gebäude, die vielgestaltigen Dächer bekrönt mit weißen Kuppeln und schmalen Spitzen, die bauchig geschwungenen Wände bedeckt mit Wandgemälden und abstrakten Entwürfen. In der Ferne und zu unserer Linken erhob sich, was auf der Übersichtskarte als Fallschirm-Sprungturm bezeichnet wurde; beinahe gerade vor uns und viel näher zielte der Trylon himmelwärts. Durch die Drehkreuze des Eingangs gingen Hunderte, die erschöpft vom Gesehenen in die Welt der Gegenwart zurückkehrten, heimwärts strebten, bevor das Unwetter einsetzte; Wolken überzogen den Himmel mit dunklem Grau, als die Zeit des Sonnenuntergangs näherrückte.
    »Nach allem, was Sie gesagt haben«, bemerkte Wanda beim Studium der Übersichtskarte, »und wenn alles so geschieht, wie sie meint, daß es geschehen könnte, dann werden wir hierher zielen müssen.«
    Auf der Karte zeigte sie einen Punkt, der als Washington Square bezeichnet war, jenseits der Constitution Mall und beinahe vor der Spitze und der Kugel.
    »Wo findet die Zeremonie statt?« fragte ich. »Werden wir sie durchbrechen müssen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das wird hier drüben auf der anderen Seite sein, auf dem City Hall Square. Wir werden sie nicht mal zu sehen bekommen. Es wird trotzdem schwierig sein, unter den Umständen hineinzugehen.«
    »Wann gehen die Lichter an?« fragte Jake. »Wann ist die Schau?«
    »Halb neun«, sagte ich. »Bei Dunkelwerden. Sobald die Stromzufuhr eingeschaltet wird, werden wir rennen müssen.«
    »Rennen wohin?« fragte er.
    »Ich bin nicht sicher«, sagte ich, »aber wenn wir es sehen, werden wir es wissen.« Die Uhr am Armaturenbrett zeigte zehn vor acht.
    »Haben Sie sich nach den Berechnungen des Mädchens überhaupt ein Bild gemacht, wie dieses Ding funktionieren soll?« fragte Wanda.
    »Nein«, sagte ich. »Das geht über meinen Verstand. Es hat mit der Menge elektrischer Energie zu tun, die im Verhältnis zur Frequenz des Resonators erzeugt wird. Aber wenn alles nach der Theorie abläuft, sollten wir sprungbereit sein.«
    »Meinen Sie, daß es klappen wird?«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Es ist die letzte Option, und damit ist eine Diskussion überflüssig. Wenn alles nicht so geschieht, werden wir uns eben der Polizei in die Arme werfen und sehen müssen, wie sie mit uns zum Fallbeil walzt.«
    Hinter dem Trylon und der Perisphäre stieg eine Menge bunter Luftballons wie ein Vogelschwarm auf und breitete sich im Aufsteigen aus; Teil der Feierlichkeiten, vermutete ich. Ich beobachtete die Leute, die das Ausstellungsgelände verließen, sah sie vorbeigehen, konnte nicht verstehen, wie sie so fröhlich sein konnten, lebten sie doch in einer Welt, wo bald Krieg ausbrechen würde, wo die Armut niemals endete, wo der Schatten der Seuche alles verdunkelte. Sie schienen geradezu glücklich zu sein.
    »Sie haben sich überlegt, wie Sie es machen wollen?« fragte ich Wanda.
    Sie stieß die Karte beiseite, als schlüge sie eine Decke zurück. »Nein. Hier ist mir nicht mehr viel geblieben, aber was habe ich dort drüben? Warum sollte ich gehen wollen, Luther?«
    »Für ein neues Leben.«
    »Das heißt, wenn diese Geschichte so funktioniert, wie Sie es
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