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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern
Autoren: Jack Womack
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Armdrücken, hatten ihre Fließbilder vergessen, jede stemmte die Füße in den Segeltuchschuhen gegen den Stuhl, während sie sich abrackerte, um den Arm der Kontrahentin umzubiegen; Immobilienhändler beschnippten sich gegenseitig mit Brotkügelchen, als versuchten sie ihre Konkurrenten durch unerprobte Bannflüche zu dezimieren. An der Theke bramarbasierte ein gealterter Mentor vor seinen Verwaltungsexperten und Sekretärinnen, krallte gelegentlich die Klaue in eine Kugel Käse, leckte sich beim Reden die Finger. Wer in New York wohnte, dem verzieh man jede Sauerei.
    Gus zeigte Jake mit dem unbenutzten Besteck, wie man richtig den Tisch deckte; für seine Begriffe war gesellschaftliche Korrektheit ebenso wichtig wie gesellschaftliche Macht. »Die Salatgabel«, erklärte er, »legt man immer links neben die normale Gabel.«
    »Gebongt«, sagte Jake, sah sich die Zinken beider Gabeltypen an. Wieder umstrich etwas sachte mein Bein. Um meine Strumpfhose nicht zu beschädigen, war Thatcher aus dem Schuh geschlüpft, er rieb mit dem Fuß meine Waden, wirkte währenddessen auf seine Tischnachbarn so meisterhaft unbeteiligt-elegisch, als hockte er auf dem Klo.
    »Jeder hier kann einmal den Sprung nach oben tun«, behauptete Susie, fischte die Oliven aus ihrem Glas, trocknete sich die Hand ab, indem sie ihr kurzes Haar wuschelte, vielleicht weil sie im stillen hoffte, dadurch nebenbei das Grau in Platinblondtöne umzufärben. »Aus der Masse an die Spitze hochschießen. Das weißt du doch selbst.« Gus schnitt eine Miene des Mißvergnügens; anscheinend hatte er gegenwärtig Probleme mit den Erinnerungen an seine Vergangenheit. »Was willst du eigentlich beweisen?«
    »Ich lege gar keinen Wert darauf, überhaupt irgend was zu beweisen, Liebling«, erwiderte Thatcher. »Ich versuche das Leben zu genießen, solang's irgendwie geht.« Sein Fuß schlängelte sich über meine Knie. Ich blieb reglos, ließ niemanden etwas merken. Als seine Zehen in meinen Oberschenkeln zu bohren anfingen, hätte ich ihn am liebsten ermordet. »Es sind die Extreme, die das Leben lebenswert machen. Der Tanz durchs Minenfeld der Existenz. Zum Beispiel, nachts ohne Licht über die Grenze zu fliegen. Oder in den Wettbewerb einzusteigen und mitzubieten, wenn keiner mehr damit rechnet. Bloß wenn jemand 'n normales Leben führt, heißt das noch längst nicht, daß er nicht dann und wann 'n Nervenkitzel braucht …«
    »Du bist echt ein Blödmann …«
    »Tja, Scheißparanoia, das ist dein Problem, Liebling«, unterbrach er sie, lachte. »Wenn meine Jungs was anpacken, haut's nicht daneben.« Er saugte seine Lippen auf ihrer Wange fest, als hätte er vor, sie anzufressen, stieß gleichzeitig seinen Fuß zwischen meine Beine, bis er ihn tiefer nicht mehr schieben konnte, bewegte die Zehen, als knetete er Matsch. Ich verschluckte mich, das Glas entfiel meiner Hand; Jake fing es auf, ohne einen Tropfen zu verschütten. »Was ist los, Schatzi?« fragte Thatcher, in seinen Augen, als er den Fuß zurückzog, einen postkoitalen Ausdruck.
    »Hab was in den falschen Hals gekriegt«, sagte ich, preßte die Beine zusammen, hatte ein Gefühl, als hätte ich Unerwünschtes geboren. »Klappt schon wieder.«
    Susie betrachtete mich mit nicht mehr oder weniger Sympathie als eine auf Urteilsfindung erpichte, auf Verurteilung bedachte Richterin; meine Unschuld war so eindeutig wie bei jedem Beklagten. »Paranoid …!« wiederholte sie. »Du bist doch derjenige, der alles unter Verschluß hält. Der immer ankündet, nächstes Weihnachtsfest wird's endlich rausgeholt …«
    »Ich habe dir dabei geholfen«, sagte Thatcher, »die Unklarheiten der Situation zu überblicken.«
    »Ich denke bloß daran, was ich mit alldem, das du in deinen Schränken versteckst, anfangen könnte.« Er nickte lediglich, schwieg dazu. »Du bist gut darin, Geheimnisse zu wahren, wenn du's unbedingt willst. Diese Sache, die Joanna morgen für dich recherchieren soll … Wonach soll sie denn suchen? Was kann sie da finden? Du verhältst dich, als ob du der Überzeugung wärst, es müßte sich lohnen.«
    »Kann sein.« Thatchers Miene täuschte Ahnungslosigkeit vor, als wäre Vorspiegelei eine seiner natürlichen Eigenschaften. »Laß uns nach der Arbeit nicht übers Geschäftliche reden, Liebling …«
    »Ich wüßte keinen günstigeren Zeitpunkt«, erwiderte Susie. »Was hat dieser Freak, auf das du scharf bist?«
    »Stell dir vor, auf 'm Weg woandershin machen Typen bei dir 'ne Stippvisite«,
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