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Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel

Titel: Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
Autoren: Roger Zelazny
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war ebenfalls müde, und wollte einfach nur jemanden in den Armen halten.
    Wie lange ich schlief, weiß ich nicht. Ich wurde von finsteren, wirren Träumen heimgesucht. Gesichter -menschliche, tierische, dämonische - bewegten sich um mich herum, und keines davon hatte einen besonders fröhlichen Ausdruck. Wälder gingen in Flammen auf und stürzten in sich zusammen, die Erde bebte und spaltete sich, gewaltige Wassermassen türmten sich zu riesigen Meereswogen auf und klatschten gegen das Land, aus dem Mond tropfte Blut, und es erklang ein lautes Wehklagen. Etwas rief meinen Namen...
    Ein heftiger Wind rüttelte an den Fensterläden, bis einer davon polternd und klappernd zerbrach. In meinem Traum drang dann ein Geschöpf in den Raum und kauerte sich am Fußende des Bettes nieder, wobei es mich leise rief, wieder und immer wieder. Der Raum schien zu beben, und meine Gedanken kehrten nach Kalifornien zurück. Anscheinend geschah ein Erdbeben. Der Wind erhob sich von einem Kreischen zu einem Brüllen, und ich hörte von draußen lautes Krachen, wie von fallenden Bäumen, einstürzenden Türmen ...
    »Merlin, Prinz aus dem Hause Sawall, Prinz des Chaos, steh auf«, schien es zu sagen. Dann fletschte es die Reißzähne und fing aufs neue an.
    Bei der vierten oder fünften Wiederholung durchfuhr mich die Ahnung, daß ich vielleicht gar nicht träumte. Von irgendwo draußen drangen Schreie herein, und in gleichmäßigen Abständen zuckten Blitze auf und vergingen wieder, begleitet von einem beinahe melodischen Donnergrollen.
    Ich errichtete eine Schutzhülle, bevor ich mich bewegte, bevor ich die Augen öffnete. Die Geräusche waren Wirklichkeit, ebenso wie der zerbrochene Fensterladen. Und ebenso wie das Geschöpf am Fußende des Bettes.
    »Merlin, Merlin. Steh auf, Merlin!« sagte es zu mir. Es war ein Wesen mit einer langen Schnauze, spitzen Ohren, scharfen Reißzähnen und ebensolchen Klauen, einem grünlich-silbernen Schimmer im Gesicht, großen, glänzenden Augen und feuchten, lederartigen Flügeln, die an die mageren Seiten angelegt waren. Sein Gesichtsausdruck verriet mir nicht, ob es lächelte oder unter Schmerzen litt. »Aufgewacht, Lord des Chaos!«
    »Gryll«, sagte ich; das war der Name eines alten Dieners der Familie in den Burgen.
    »Sehr wohl, Lord«, antwortete das Geschöpf. »Derselbe, der Euch das Knochentanz-Spiel beigebracht hat.«
    »Verdammt will ich sein!«
    »Geschäft vor Vergnügen, Lord. Ich bin dem schwarzen Faden über eine lange und schreckensreiche Strecke gefolgt, um zu Euch zu kommen.«
    »Die Fäden reichten früher nicht so weit«, sagte ich, »ohne daß man ziemlich heftig nachhalf. Ist das heute anders?«
    »Heute ist es leichter«, antwortete er.
    »Wie das?«
    »Seine Majestät Swayvill, der König des Chaos, begibt sich heute nacht mit den Ahnen der Dunkelheit zur Ruhe. Ich bin ausgeschickt worden, um Euch für die Bestattungsfeierlichkeiten zurückzuholen.«
    »Jetzt gleich?«
    »Jetzt gleich.«
    »Na ja - also gut. Klar. Laß mich nur eben meine Sachen einsammeln. Wie ist es denn dazu gekommen?«
    Ich zog mir die Stiefel an, schlüpfte in den Rest meiner Kleidung, schnallte mir den Schwertgürtel mit der Klinge um.
    »Ich bin mit näheren Einzelheiten nicht vertraut. Natürlich war es allgemein bekannt, daß seine Gesundheit sehr angegriffen war.«
    »Ich möchte eine Nachricht hinterlassen«, sagte ich rasch.
    Er nickte.
    »Eine kurze, nehme ich an.«
    »Ja.«
    Ich kritzelte auf ein Stück Pergament, das auf dem Schreibtisch lag: Coral, bin durch Familienangelegenheiten abberufen worden. Ich melde mich wieder. Dann legte ich es neben ihre Hand.
    »Also gut«, sagte ich. »Wie stellen wir es an?«
    »Ich werde Euch auf dem Rücken tragen, Prinz Merlin, wie ich es vor langer Zeit getan habe.«
    Ich nickte, während eine Flut von Kindheitserinnerungen über mich hereinbrach. Gryll war ungewöhnlich stark, wie die meisten Dämonen. Mir fielen unsere Spiele wieder ein, am Rande der Großen Grube und über der Dunkelheit, in Leichenkammern und Höhlen, auf noch qualmenden Schlachtfeldern, in zerstörten Tempeln, den Grabkammern toter Zauberer, privaten Höllen. Anscheinend hatte es mir immer mehr Spaß gemacht, mit Dämonen zu spielen, anstatt mit den Bluts- oder angeheirateten Verwandten meiner Mutter. Ich hatte sogar meiner wichtigsten Chaos-Form eine von ihrer Sorte zugrunde gelegt.
    Er absorbierte einen schweren Sessel aus der Zimmerecke, um zusätzliche Masse zu erlangen, und
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