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.Am Vorabend der Ewigkeit

.Am Vorabend der Ewigkeit

Titel: .Am Vorabend der Ewigkeit
Autoren: .Brian W. Aldiss
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sich verbrannte.
    Der erste Traverser fiel nun schneller. Seine Füße berührten kaum noch das Kabel. Scheinbar haltlos stürzte er in das grüne Blätterdach des Waldes, um seine Beute zu schlagen. Es gab nur einen gefährlichen Feind für den Traverser – die Tigerfliege. Sie hatte ihre eigenen Methoden, den übermächtigen Gegner zu erledigen.
    In den langen Äonen der immer stärker werdenden Sonneneinstrahlung waren aus den Wespen die Tigerfliegen geworden – größer und raubgieriger denn je zuvor. Sie griffen den Traverser in Schwärmen an, lähmten ihn mit den Giftstacheln und legten dann ihre Eier in den bewußtlosen Körper. Später, wenn die Larven auskrochen, ernährten sie sich von dem lebendigen Fleisch der Riesenspinne.
    Diese Gefahr war es gewesen, welche die Traverser immer weiter hinein in den blauen Himmel getrieben hatte. Im Verlauf der Jahrmillionen hatten sie den Weltraum erreicht und konnten in ihm leben. Die harte Strahlung wurde für sie unentbehrlich. Während der Mensch, der auf der Erde zurückgeblieben war, den Kampf aufgab und auf die Bäume zurückkehrte, von denen er einst gekommen war, drangen die Traverser bis zum Mond vor. Bald verband ein silbernes Gewirr von Netzen und Kabeln die beiden Welten miteinander.
    Der Traverser stürzte in das Blätterdach. Unterwegs war es ihm gelungen, Beute zu machen. Einige Vogelblätter, zwei oder drei Taumler und einen Fallenschnapper. In aller Ruhe verzehrte er sie und ließ die ausgesaugten Hüllen einfach fallen. Dann verdaute er.
    Ein bösartiges Summen schreckte ihn auf. Gelb-schwarz gestreifte Schatten umsurrten ihn. Ein paar Tigerfliegen!
    Sofort begann der Traverser sich zu bewegen. Durch den Druck der Lufthülle kleiner geworden, hatte sein gewaltiger Körper immer noch einen Durchmesser von mehr als tausend Metern. Trotzdem bewegte er sich fast schwerelos und kletterte an seinem Kabel hinauf, dem sicheren Vakuum entgegen. An den haarigen Beinen blieb allerlei hängen, so auch sechs durchsichtige Kokons, in denen sechs bewußtlose Menschen lagen.
    In einigen Meilen Höhe pausierte er. Seine Fühler vibrierten. Dann erzeugte er eine große Luftblase und befestigte sie an dem Kabel. Kurze Zeit darauf setzte er die Reise in den Weltraum fort. Der Luftdruck ließ nach, und er dehnte sich immer mehr aus.
    Die Geschwindigkeit stieg, als der Traverser neue Spinntaue ausstieß. Der Rückstoß trieb ihn voran. Die Sonnenstrahlung wurde stärker. Der Traverser war in seinem Element.
     
    Als Daphe erwachte, öffnete sie sofort ihre Augen, aber sie begriff nicht, was sie sah. Sie wußte nur, daß sie die Wipfelzone des Waldes verlassen hatte. Ein Teil ihres Blickfeldes war verdeckt. Grelles Licht wechselte mit absoluter Dunkelheit. Licht und Schatten schienen langsam zu rotieren.
    Ein großer Ball, grün, mit blauen und weißen Flecken, stand am Himmel. Tausende von silbernen und goldenen Fäden strebten auf ihm zusammen. Überall waren diese Fäden. Das war die Region der Götter im ewigen Schein der Sonne.
    Daphe fühlte nicht viel. Unbeweglich ruhte sie in ihrem Kokon. Die Luft war dick, und ihr war, als träume sie das alles. Sie versuchte den Mund zu öffnen und zu schreien, aber kein Ton kam über ihre spröden Lippen. Dann schwand ihr Bewußtsein.
    Viel später sank der Traverser auf die Mondoberfläche hinab.
    Hier konzentrierten sich die Netze und Taue, die bis zur fernen Erde reichten. Der Mond war der Stützpunkt der Spinnen, von denen es Tausende hier gab. Hier war die Luft dünner und alles leichter. Sie hatten den Mond entdeckt und erobert. Hier ließ es sich leben, bis der lange Nachmittag der Ewigkeit vorüber war.
    Der Traverser segelte wie ein riesiger Ballon der farblosen Vegetation der Mondoberfläche entgegen. Als er schließlich landete, wurden die Mitbringsel von der Erde abgestreift. Kletten, Samen und Nüsse fielen in das Blätterdickicht. Darunter auch die Samenschoten der Feuerlinse, sechs an der Zahl, durchsichtig und lang. Sie blieben am Boden liegen, und niemand kümmerte sich um sie.
    Haris erwachte zuerst. Er spürte Schmerz in der Seite und richtete sich auf. Es ging nicht. Er öffnete die Augen und begriff, daß er in dem Kokon gefangen war. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Schalen. Plötzlich zersplitterten sie in tausend Stücke. Haris wurde hinausgeschleudert und landete sanft in einigen Metern Entfernung.
    Regungslos blieb er liegen und saugte die Luft in seine Lungen. Die Luft war dünn und kalt. Sie
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