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Am Ufer (German Edition)

Am Ufer (German Edition)

Titel: Am Ufer (German Edition)
Autoren: Rafael Chirbes
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hervortreten lassen, die Kappe nach Yankee-Art auf dem Kopf,der Schirm schützt meinen Nacken, und für mich und die Jungs Kleidung von Nike oder Adidas (ich hab was gegen Lacoste, das ist mehr was für feine Pinkel, nicht mein Stil, mehr was für einen Bank- oder Büromenschen, Architekt geht auch noch, aber nicht für mich, ich bin selbständiger Unternehmer, ich habe lieber richtige Sportkleidung, was Lässiges). Und Amparo mit ihrem italienischen Strohhut (tatsächlich ist es Stroh aus dem Nachbardorf, wo sie Korbweide, Stroh und Rattan verarbeiten, oder verarbeiteten, denn jetzt kommt das meiste aus China, aber sie sagt den Freundinnen, sie habe den Hut aus Florenz mitgebracht) und der Sonnenbrille, die ihr halbes Gesicht verdeckt: Meine Frau sieht aus wie ein Model aus dem Fernsehen, ein klein wenig welk, aber immerhin Model, schlimm ist nur, dass sie wie die Lamana aussehen will, die mit den Eierprodukten und dem kantigen Gesicht, aber das von meiner Frau ist eher rundlich, und jetzt ist sie bald nur noch Haut und Knochen, Diät, Pilates, es bleiben gerade noch die Brustwarzen und die roten Lippen, die sich so eingehend mit dem Strohhalm in ihrem Vermouth-Campari beschäftigen wie die Nutte mit meinem Schwanz; auf dem Stuhl daneben die Taschen von Vuitton; dazu die Dior-Schuhe, und das Kleid von Versace oder Carolina Herrera. Wir Männer zeigen die Uhren. Von meinem Liegestuhl aus sehe ich, wie die Kerle bei jeder Bewegung den Arm strecken, damit man die Uhr sieht, verdammte Angeber, die Armbänder umarmen ihr braungebranntes Handgelenk, du weißt ja, viele von ihnen eben erst aufgestiegene Maurer wie du. Von der Uhr her kannst du schließen, auf welchem politischen Fuß sie hinken: eine fette Rolex mit vielen Zeitmessern und Barometern weist eher auf die Volkspartei hin, Leute von der Rechten; und wenn sie sich eher zu den Sozialisten hingezogen fühlen, tragen sie eine schlanke Patek Philippe, wie Felipe González. Patek Philippe, eine gute Cohiba, ein brasilianischer Hintern, apfelförmig, Renette, und ein Wermut mit einer gefüllten Olive und einem Schuss Gin, der Himmel. Felipe, er war am konsequentesten: Schließlich und endlich ist Sozialismus Reichtum, Wohlstand, Knete für jedermann.
    Ich höre das plätschernde Gerede des Bauleiters und auch mein eigenes,ich sehe sogar die Szene vor mir, denTag, an dem wir uns auf der Terrasse des Restaurants trafen, ich weiß nicht mehr, wie der Kerl sich vorgestellt hatte, doch ich schaue mit Melancholie auf jene Zeiten der Unschuld zurück. Was wohl aus ihm und seinen auf dem Gerüst zwitschernden Vögeln geworden ist. Das goldene Zeitalter stand unmittelbar bevor, fast konnten wir es mit den Fingerspitzen erreichen, es fehlte nur eine Handbreit, aber die fehlte, und als wir hochsprangen, um es zu berühren, fielen wir auf den Arsch. Jetzt ist alles im Arsch, so ist es gelaufen, das Geld, das vom Himmel fiel (dem guten Bauleiter fiel es von den Gerüsten, ich hatte mehrere Quellen, aus denen es plätscherte), die Massenfressereien, der Koks und die Nutte, die dann die Posaune bläst; und das Paddle und das Squash und das Pilates und der Brunch. Es dauerte, solang es dauerte, es war nicht schlecht, tausend Generationen, die uns vorangegangen sind, haben keinen einzigen solchen Tag gehabt, das ist wahr, und jetzt haben wir einen Kater und Kopfschmerzen, diesen Nagel in der Schläfe (die Freuden des Berufs, es gibt keine Lust ohne Gefahr und kein Glück, das hundert Jahre dauert), denn die Geldkatzen haben nichts bewahrt für die schlechten Zeiten, und gerade jetzt mangelt es nicht nur an Whisky oder französischem Cognac: Es reicht nicht mal für den Saimaza-Kaffee in der Speisekammer, auch nicht für ein paar Lammkoteletts aus der Tiefkühltruhe, ganz zu schweigen von einem frisch gefangenen Seehecht oder einem Zackenbarsch, davon kann man nicht mal träumen, es ist die Stunde des Heulens und Zähneklapperns, der Reue: Wo sind sie hin, die Euros von einst, was ist aus diesen wunderhübschen zartvioletten Scheinen geworden, sie sind schnell gefallen, wie tote Blätter im herbstlichen Wind, und im Matsch verfault, sie sind auf die Spieltische gefallen, auf die Betten der Bordelle, zwischen die Scheren der Hummer und Taschenkrebse, die wir mit den Zangen für Schalentiere knackten (ja, ich war dabei, als Erster. Ein paar Stufen über ihnen, aber genau dasselbe. Den Reis heute nicht einfach im Fischsud, mach ihn saftig mit Hummer, nicht mit Languste, die ist so trocken
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