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Am Ufer (German Edition)

Am Ufer (German Edition)

Titel: Am Ufer (German Edition)
Autoren: Rafael Chirbes
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stelle das Handy an,belle ins Telefon, gebe Anweisungen und Befehle. Ich schimpfe mit einem, sag ihm, er soll mir den anderen an den Apparat holen, blaffe den ebenfalls an. Ich tu so, als sei ich verärgert: Wenn ich nicht da bin, läuft bei euch wohl nichts, gebe mich nervös, weil ich mich um so viele Dinge kümmern muss, die diese Leute nicht auf die Reihe kriegen. Die Arbeiter müssen merken, dass ich über ihnen stehe, alles überwache, sie müssen meinen Atem in ihrem Genick spüren, auf dass die Anspannung nicht nachlässt: Los, auf geht’s, Jungs, hopp, in zwei Wochen haben wir das Chalet von Bernalda fertig, dann gibt es einen Festschmaus zur Baubeendigung, und sodann zu neuen Ufern. Die Bungalows von Serrata, mit denen ich vor einem Monat hätte anfangen müssen, stecken immer noch im Schlamm, ich habe einen Hilfsarbeiter abgestellt, der treibt sich da geschäftig herum, damit der Bauherr weiß, dass ich ihn nicht vergessen habe, an mein Versprechen denke, aber er wird noch eine Weile warten müssen. Wenn ich dem Besitzer des Grundstücks begegne, ein Deutscher mit dem Gesicht einer Bulldogge, dann schwöre ich, dass ich wegen ihm nicht schlafen kann, nicht esse, haha. Ich mache mir einfach Sorgen. Dafür, dass du nichts isst, hast du aber einen ganz schönen Bauch, du Gauner, sagt der Typ, und ich wieder: Haha. Man kommt einfach nicht nach, mein Lieber, ich kann mich nicht zerreißen. Und da er keinen anderen Bauleiter finden wird, genau, ist Ruhe angesagt. Wir haben Arbeit bis zum Gehtnichtmehr. Das hätte sich mein Vater nicht träumen lassen, dass seinem Sohn eine so fantastische Zukunft bevorstand, als er mich mit vierzehn als Handlanger mit auf den Bau nahm, ungeschickt lässt grüßen, sagte er ständig, du kannst ja nicht einmal einen Eimer bringen, ich weiß nicht, was sollen wir bloß mit dir machen. Na, da siehst du, Papa, ihr habt gar nichts machen müssen, das habe ich ganz allein geschafft, für mich, und leider kann ich für dich nichts mehr tun, da wo du bist, gibt es keine Not, keine Sorgen, keine Mühen. Ich hab’s allein geschafft, habe schnell gelernt, da siehst du, der Familientrottel: zwanzig
conguitos
auf einem Gerüst und das Lenkrad eines Geländewagens in den Händen und ein Seidenlaken unter dem Arsch, der frisch gewaschen ist von der sanftenHand der Ukrainerin, die sie jetzt beim Mund auf und ab bewegt, mit den Fingern auf dem Stamm meiner Rübe klimpernd, sie arbeitet sich ab, gibt sich Mühe, denn bei all dem Alkohol und dem Koks werde ich nicht richtig fertig, aber ich bin glücklich (nimm, nimm, schau, wie er reingeht, und wieder, noch mal, nimm, uff, schau, was du da anrichtest, kleines Miststück), das gefällt mir, meinen Schwanz aus diesem süßen Mäulchen raus- und reingehen sehen, Frau und Kinder zu vergessen, die bei ihrem Ding sind, und das heißt: Ausgeben. Sie haben sich an all die guten Dinge gewöhnt, an den Tennisklub, den kleinen Katamaranausflug über die Bucht mit einem befreundeten Paar, das Beauty & Nails Center, das Abendessen am Samstag mit dem Plopp des Moët, um den Appetit anzureizen, danach dann eine Flasche Ribera del Duero; sonntags den Brunch im Marriot: Was ist ein Brunch?, fragt die Rundfunkwerbung, die um unsere Aufklärung bemüht ist: Ganz einfach, halb breakfast, halb lunch, antwortet der Sprecher sich selbst, weder Frühstück noch Mittagessen, da siehst du es, weder Fisch noch Fleisch, am Sonntag waren wir beim Brunch, oder besser, am Sonntag gehen wir zum Brunch, und die Ukrainerin oder Litauerin, los, oder ich schlag dich, blase o blase die Posaune, stoß nicht so, was willst du denn, kleines Luder, nimm, nimm, arbeite dran, dafür zahle ich schließlich, und dann die Golfpartie, verflucht, nicht so feste, du kratzt mich ja mit den Zähnen, immer mit der Ruhe, keine Hast, mit Geduld und Spucke, es kommt, wenn es kommt.
    Ich unterbreche den Bauleiter: Schon gut, schon gut, keine weiteren Details, sonst spritzt du mich an. Es ist an der Zeit, dem Schwätzer das Tonband abzuschneiden. Lass gut sein, Freund. Dein Leben erinnert stark an das meine, auch wenn ich mich oft auf einer anderen Ebene bewege, mit mehr Brimborium, aber auch ich verbringe im Herbst die Sonntagvormittage im Marriot, hast du mich dort nicht gesehen? Dich habe ich jedenfalls schon mal gesehen. Ein makelloser Himmel, wie im Touristikprospekt, du gesegnetes mittelmeerisches Herbstlicht, wenn der Dunst sich auflöst und die Sonnenstrahlen die Silhouetten der Dinge scharf
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