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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes
Autoren: John Saul
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kleine Pfeifchen, und dann würde er den letzten Fang
dieser Nacht einholen. Den letzten und den langwierigsten.
Er klopfte seine Pfeife aus, bevor er die Position der Netze
überprüfte. Irgend etwas war nicht in Ordnung. Der Wind hatte
umgeschlagen und warf die Wellen gegen das Boot. Die
Wasseroberfläche hatte sich ebenfalls verändert. Bis jetzt
waren die Wellen regelmäßig Richtung Küste gelaufen, doch
jetzt wurden sie von Böen aufgepeitscht und wuchsen von
Augenblick zu Augenblick.
Pete ging wieder nach achtern, um die Netze einzuholen. Er
legte einen Hebel um, und die Winde begann stetig zu
summen. Langsam kamen die Netze herein. Er arbeitete mit
raschen Bewegungen, zog das Netz über die Reling und
dirigierte seinen Inhalt in die Ladeluke.
Der Seegang verstärkte sich, und der Wind zerrte an seinem
Ölzeug. Er beschleunigte die Winde und machte sich nicht
mehr die Mühe, das Netz sauber zu verstauen. Am Morgen war
genug Zeit, es wieder ordentlich zu falten. Jetzt kam es nur
noch darauf an, den Fang hereinzubringen und den Hafen zu
erreichen, bevor der Sturm voll losbrach. Pete Shelling
arbeitete wie besessen. Er zerrte das Netz herein, stieß
herausfallende Fische mit den Füßen in die Ladeluke – ein
Wettlauf mit den Elementen.
Gleich darauf brach der Sturm mit voller Wucht los. Ein
blendender Blitzstrahl, gefolgt vom Donner, ließ die wilde
Küstensilhouette für einen Augenblick gleißend weiß
aufleuchten.
Das Unheil kam mit dem Abebben des Donners. Die Winde
blieb plötzlich stehen, und die Netze begannen immer schneller
ins Meer zurückzugleiten. Pete Shelling erkannte die Gefahr
und versuchte fluchend zur Seite zu springen.
Aber es war zu spät. Eine Netzrolle schnellte hoch, wickelte
sich um seinen Fuß und verdrehte ihn schmerzhaft. Der Fischer
verlor den Halt, knallte aufs Deck und spürte, wie er Richtung
Reling gezogen wurde. Einen Augenblick konnte er sich noch
daran festklammern, aber dann wurde er von der unerbittlich
am Netz zerrenden See über Bord gezogen. Bevor er schreien
konnte, schlug das kalte Wasser über ihm zusammen.
Die Zeit schien sich zu verlangsamen; er kämpfte gegen den
verzweifelten Impuls an, wild um sich schlagend sofort wieder
an die Wasseroberfläche zu kommen. Vielmehr zwang er sich,
noch tiefer hinabzutauchen, um den gefangenen Fuß zu
erreichen. Er riß kurz die Augen auf, schloß sie aber sofort
wieder, da in der Dunkelheit der aufgewühlten See nichts zu
erkennen war. Schließlich fand er die Schlinge um seinen
Knöchel und sich windend und verrenkend gelang es ihm
tatsächlich, ihn zu befreien. Jetzt begann der Kampf zurück an
die Oberfläche. Auch seine Arme hatten sich inzwischen im
Netz verfangen. Er strampelte mit aller Kraft, und plötzlich
stieß sein Kopf ins Freie. Verzweifelt zog er die eisige Luft in
die Lungen, bevor ihn das Netz wieder hinabzwang.
Er versuchte die Arme freizubekommen, mußte das aber
sofort wieder aufgeben, um erneut Luft holen zu können.
Diesmal öffnete er die Augen und sah über sich sein Boot. Das
Netz rutschte noch immer rasch über die Bordwand, während
die Winde sich abspulte.
Shelling sank erneut ins Meer zurück. Das Netz hatte sich
jetzt eng um seinen Leib gelegt, so daß er seine Arme und
Beine kaum noch bewegen konnte.
Pete Shelling wußte, daß er sterben würde.
Angst zog ihm die Kehle zusammen. Er versuchte dagegen
anzukämpfen. Langsam und gleichmäßig ließ er die Luft aus
seinen schmerzenden Lungen. Er fühlte, wie sein Auftrieb
nachließ, und einen Augenblick lang verließ ihn die Angst.
Sobald er wieder einatmete, würde er auch wieder Auftrieb
haben. Doch dann erinnerte er sich, daß es hier unten keine
Luft zum Atmen gab. Nur Seewasser.
Er zwang sich mit aller Kraft, die See in seine Lungen zu
saugen, stellte aber überrascht fest, daß sein Körper seinen
Befehlen nicht mehr gehorchte. Seine Kehle schloß sich. Er
fühlte, daß er sterben würde.
Als er sich schließlich entspannte und die See den Weg in
seinen Körper fand, änderte Pete Shelling noch einmal seine
Meinung. Er wollte nicht einfach sterben. Er würde sich
wehren. Die See sollte ihn nicht haben.
Er versuchte noch einmal mit aller Kraft sich zu befreien,
doch seine geschwächten Arme wehrten sich vergeblich gegen
das Netzwerk.
Doch dann, ganz plötzlich und wie durch ein Wunder, stieß
sein Kopf noch einmal durch die Wasseroberfläche. Aber es
war zu spät. Seine Augen suchten verzweifelt nach Hilfe, aber
da war niemand. Er wollte
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