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Am Schwarzen Berg

Am Schwarzen Berg

Titel: Am Schwarzen Berg
Autoren: Anna Katharina Hahn
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werde. Und daß mein Schnuck zum ersten Mal seit Wochen wieder ansprechbar ist. Euer komischer Ausflug scheint geholfen zu haben, Emil.«
    Emil grinste. »Ich leg mal was auf den Grill.« Carla hielt ihn am Ärmel fest und schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine das ernst. Zum ersten Mal habe ich wieder das Gefühl, alles könnte noch gut werden. Vielleicht lag das wirklich an eurer Ochsentour gestern. Peter hat durchgeschlafen. Sonst geistert er jede Nacht durchs Haus. Er denkt, ich merke das nicht, aber ich tue ja auch kein Auge zu. Natürlich ist er heute früh nicht mit uns aufgestanden. Aber als er in die Küche kam, so gegen halb zwölf, war er geduscht und angezogen. Fragte mich, ob das Bügelbrett noch immer im Keller steht. Ich sagte, ich mach dir das schon, aber er meinte, nein, er wolle das selber tun. Und ging mit einem weißen Hemd über dem Arm die Treppe runter. Da bin ich gleich zum Telefon, ich wollte Hajo in der Praxis anrufen und ihm sagen, ich glaube, da tut sich endlich was. Im selben Augenblick klingelte es, und Hajo erzählte von Mias Nachricht, daß sie in Italien sind und so weiter. Ich bin fast umgekippt, das kann ich euch sagen.« Sie erhob sich und füllte ihr Glas erneut. Während sie trank, fragte Veronika: »Hat Peter denn noch irgendwas zu Mias Nachricht gesagt?« Sie sah zu Hajo hinüber, der an seinem Brillenbügel herumspielte und nicht sofort antwortete.
    »Wir haben ihm nicht die ganze Mail gezeigt. Sie macht ihn ja für alles verantwortlich. Aber natürlich haben wir ihm sofort davon erzählt, als ich nach Hause kam. Er ist ganz ruhig geblieben. Das Medikament dämpft die Stimmung, im guten wie im schlechten. Aber ein bißchen enttäuschend war es schon, wie er reagiert hat. Da sag ich ihm: ›Ich weiß, wo Ivo und Jörn sind. Sie kommen bald zurück.‹ Und er nickt nur und sagt: ›Schön.‹« Hajo lächelte und zuckte mit den Schultern. »Immerhin fand er die Idee gut, zusammenzusitzen und ein bißchen zu feiern.«
    Carla rutschte auf ihrem Stuhl nach vorn. Emil konnte die verschwitzte Rinne zwischen ihren Brüsten sehen. Ihre Stimme wurde im Weiterreden lauter. »Paßt auf, zwischen Mia und Peter ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Ich habe vorhin mit Hajo darüber geredet. Wir könnten ihnen doch ein Haus kaufen oder eine Wohnung. Das hat Peter ja immer abgelehnt. Er wollte nie abhängig von uns sein. Gebt das Geld für euch aus, ich brauche nichts.« Veronika stieß Emil in die Seite. Er rückte ein Stück von ihr ab und schüttelte leicht den Kopf. Sie verdrehte die Augen. Carla sprach weiter: »Wenn er ihr ein wenig entgegenkommt, vor allem bei diesen Schulgeschichten und bei der Wohnsituation, dann wird das schon wieder mit den beiden. So ein Krach ist doch nicht das Ende. Wie oft wir uns schon getrennt hatten, innerlich, Hajo und ich.« Sie sah Emil an. Für einen Augenblick herrschte Stille.
    Hajo und Emil erhoben sich gleichzeitig und gingen zur Feuerstelle. Hajos Glatze glänzte. Er erzählte von der Wirkung des Medikaments, von dem Spiegel, der sich jetzt in Peters Blut aufgebaut habe, und daß das Warten sich doch gelohnt habe. Je länger er redete, desto mehr Fachausdrücke brachen in seine Rede ein: Neuronentransmittersignale, Trizyklika, GABA-Rezeptoren. Dabei unterstrich er seine Sätze mit energischen Handbewegungen wie mit dem Rotstift. Emil schwieg und wendete die Würste auf dem Rost.
    Unten quietschte das Tor. Peter kam in den Garten der Bubs. Genau wie seine Mutter nahm er nicht die Treppe, sondern ging quer über die Wiese. Das gebügelte weiße Hemd steckte in dunklen, neu aussehenden Jeans. Die Hosen saßen schlecht und wurden von einem geflochtenen Ledergürtel über den Hüften gehalten. Er trug saubere Chucks und grüßte in die Runde. »Na, mein Schnuck«, rief Carla ihm entgegen. »Hast du alles fertiggemacht? Was hast du denn da gefunden? Das ist ja mein alter Gürtel aus Rom! Ich glaube, am Montag fahren wir mal einkaufen!« Kopfschüttelnd sah Peter auf die Lampions, dann auf Emil und Veronika. »Ihr hebt wirklich alles auf, man könnte ein Museum aufmachen.« Carla erhob die Stimme. »Ja, das Peter-Museum am Schwarzen Berg – in meinem Keller gibt es noch viel mehr Fundstücke.«
    Sie saßen sich an den vollgestellten Tischen gegenüber, Emil neben Veronika, Carla neben Hajo, Peter am Kopfende. Ab und zu stand einer der Männer auf und kümmerte sich um den Grill. Die Glut knackte leise, Fett tropfte von den Würsten, den langen
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