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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
Autoren: Bernhard Hoecker
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doch von unserem Guide, und schon deswegen hat sich der kleine Ausflug gelohnt.
    Das eine betrifft den Moa. Das große Laufvogeltier, das die Maori in manchen Gegenden innerhalb von gerade einmal fünf Jahren ausgerottet haben sollen. An einer der Seilstrecken steht ein schwarzes Pappmodell dieses Vogels unter uns auf einer Lichtung. Während ich also mit surrendem Geräusch im Ohr, Wind im Gesicht und unter spürbaren Erschütterungen über das Modell gleite, kann ich das ganze Tier in Lebensgröße betrachten und auf mich wirken lassen. Das ist schon groß. Auch von oben wirkt es mit 3,70 Meter Laufhöhe nicht wie ein Hofhuhn. Und wenn diese Tiere Pflanzenfresser und für Menschen ungefährlich waren, kann ich mir schon vorstellen, warum die ersten Polynesier die einfach eingesammelt und verspeist haben. Die recht unscheuen Tiere wurden so schnell ausgerottet, dass nicht einmal Zeit für eine technologische Evolution war, soll heißen: Es mussten noch nicht mal spezielle Waffen entwickelt werden, um sie zu jagen. Bilder, die Maoris mit Bogen zeigen, entspringen der blühenden Fantasie damaliger Forscher und Zeichner.
    Wahrscheinlich haben die einfach »Put-put, ins Töpfchen« gesagt, und die Vögel sind dann dort reingehüpft. Wie wir nach der kurzen Seilfahrt lernen, hatten diese Viecher bis auf eine Ausnahme keine Fressfeinde und deshalb vor den Maoris gar keine Angst. Wahrscheinlich haben sie sich nur doof angeguckt.
    »Hm … warum soll ich denn hier ein Fußbad machen?«, könnte dann so ein Vogel gedacht haben. »Oh, das ist aber schön warm hier.«
    »… jetzt sogar heiß …«
    »Und wie, das muss aber nicht sein!«
    »Au, Au, Au – ich will raus!!!«
    Aber da war’s dann schon zu spät – und die Maoris etwas später satt.
    Hier im Seilbahngarten begegnet mir dann auch zum ersten Mal genau der Fressfeind, der ebenfalls dazu beitrug, dass die Moas keine Gelegenheit hatten, auf der Liste der bedrohten Tierarten zu erscheinen. An einen hohen Baumstumpf ist auf die glatte Schnittkante ein Haastadler geschraubt. Dieser Vogel erhielt den Namen seines Entdeckers, Julius von Haast.

    Die Vorstellung, dass diese Raubvögel mit einer Flügelspannweite von vielleicht drei Metern und einem Gewicht von bis zu 18 Kilo auf einem Baum lauernd mal eben kurz zum schnellen Snack zwischendurch ihre Krallen in meine Wirbelsäule versenken, ist furchterregend. Dass sie mir gefährlich werden könnten, wäre gar nicht so abwegig, wenn es sie heute noch geben würde. Die Haastadler haben ihre Vorstellung über das äußere Erscheinungsbild einesMoa nämlich glatt auf die Menschen übertragen: Alles, was zwei Beine hat, passt auch in den Schnabel. In alten Legenden der Insel tauchen große Raubvögel auf, die Kinder fressen: Pouakai, Hokioi und Hakawai. Auf Felsenzeichnungen der Maori kann man sehen, wie diese Jagd auf die Raubvögel gemacht und sie dann wohl ausgerottet haben. Ich hätte das auch so gemacht.
    Jetzt könnte ich zwar eine Diskussion über die Neuansiedlung von Wölfen in Deutschland anstoßen und dann auf die, auch bei Naturvölkern vorgekommene, gezielte Vernichtung von Arten eingehen. Aber ich werde wohl schon bei dem Wort »Naturvolk« zu Recht beschämt die Segel streichen. Zu lange war ich mit Tobi unterwegs, der meine Begrifflichkeiten immer wieder mit konsequenter Ruhe korrigierte.
    Mit Genugtuung vernehme ich, dass ich auch während meiner physischen Abwesenheit einen kontrollierenden Platz in deinem Hirn gefunden habe und dir jetzt immer ein kleiner Tobi im Nacken sitzt, der dir jedes Mal vors Großhirn tritt, wenn du auch nur versuchst, an »primitive, wilde Eingeborene« zu denken.
    Das andere interessante Stück Allgemeinwissen, das ich mir im Seilbahngarten aneigne, betrifft den Lake Wakatipu. Zwei Baumplattformen nach dem Moa lauschen wir andächtig dem Bericht unserer Begleitung. Abgesehen von der für einen See sehr seltenen Form – zwei großen geschwungenen Bögen – findet sich hier nämlich eine sogenannte »Seiche«, eine stehende Welle. Das heißt, eine immer wiederkehrende Welle läuft von einem Ende des Sees zum anderen. Sie lässt den See regelmäßig um 2 bis 15 Zentimeter ansteigen.
    So etwas entsteht oft in Bergseen, insbesondere dann, wenn Wellenlängen genauso lang sind wie der See selbst, und diesesPhänomen durch Wind, Erdbeben oder unterschiedliche Wasserdichten verstärkt wird.
    Die Maori haben allerdings eine weit schönere Erklärung parat. Mit dieser Geschichte möchte
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