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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Sears
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ihm. Er schwankte beim Gehen leicht von einer Seite zur anderen – wie ein Kleinkind. Ich überholte ihn und hielt ihm die Tür des Z4 auf. Seine Augen leuchteten.
    »Steig ein, da, rauf auf den Sitz!«
    Er erkannte die Sitzerhöhung und schüttelte den Kopf.
    Wenn ich ihn einfach hochnahm und in den Wagen setzte, riskierte ich, gebissen zu werden.
    »Hör mal, diesen Sitz habe ich dir extra besorgt. Extra! Ich hab zu dem Mann gesagt, mein Sohn muss aus dem Fenster schauen können wie ein Großer. Er wollte mir den Sitz erst gar nicht geben! So einen kriegt nicht jeder. Da muss man schon jemand Besonderes sein. Mein Gott, Kid, und ich kenne niemanden, der so besonders ist wie du. Ich hab zu dem Mann gesagt, ohne den Sitz würdest du gar nicht in dem Auto mitfahren.«
    Kid seufzte, als laste die ganze Verantwortung für den Fortbestand unseres guten Verhältnisses auf seinen Schultern und als sei es, wenn er mir jetzt diesen Gefallen tat, nur eine von tausend Varianten, wie er seinem vertrottelten Vater gegenüber Entgegenkommen zeigte. Dann kletterte er auf den Sitz, warf sich zurück und streckte die Arme hoch, um die Kreuzigung durch den Gurt über sich ergehen zu lassen.
    »Habe ich dir schon mal gesagt, dass du diese dramatische Ader von deiner Mutter hast?« Der Gurt schnappte zu, und ich schloss die Tür.
    Er holte das Spielzeugauto aus der Hosentasche und hielt es mit beiden Händen fest. »Der Z4 hat ein Turbo-Twin-Sechs-Gang-Getriebe und High Precision Injection mit maximal dreihundertsechs PS bei einem Drehmoment von bis zu fünfhundert Nm ...«
    Während der ersten halben Stunde plapperte er glücklich weiter, erzählte mir alles über sein neues Auto. Die Sitzerhöhung reichte aus, damit er auf seiner Seite zum Fenster hinausschauen konnte, doch er ignorierte die Aussicht. Das Spielzeug war für ihn realer als der Leihwagen; die Welt in seinem Kopf viel interessanter als das, was draußen vorbeiglitt.
    Ich erwog, mich noch einmal auf ein Tauziehen am Flughafen einzulassen. Beim letzten Mal hatten wir einanderkaum gekannt. Er musste schreckliche Angst gehabt haben. Im Rückblick erschien es mir wie ein kleines Wunder, dass es überhaupt gegangen war. Diesmal würden wir es bestimmt viel besser hinkriegen.
    Je näher wir dem Flughafen kamen, desto unsicherer wurde ich.
    »Also, mein Junge. Ich hab mir gedacht, dass du bestimmt am liebsten den ganzen Weg nach Hause mit dem Auto fährst. Dass wir uns Zeit lassen. Ein bisschen was vom Land sehen.«
    Ich nahm sein Schweigen als Zustimmung.
    Und erledigte schnell einen Anruf.
    »Skeli?«
    »Jason! Wie läuft’s? Wie geht es Jason?«
    »Uns beiden geht es schon viel besser. Wir sitzen im Auto und sind auf dem Weg.«
    »Schon? Dann seid ihr heute Abend zurück?«
    »Na ja, nicht ganz. Wir haben uns entschlossen, die ganze Strecke zu fahren. Das wird ein paar Tage dauern.«
    »Ach so. Gab es Schwierigkeiten?«
    »Nein. Kid ist nur kein großer Flieger.«
    »Ich meinte, Schwierigkeiten, an ihn heranzukommen?«
    »Oh, nein«, sagte ich stolz. »Ich habe niemanden verprügelt.«
    »Gut gemacht.« Ihr Ton wurde schwül wie eine Südstaatennacht. »Sieh zu, dass du bald hier bist.«
    »Ich ruf dich später am Abend noch mal an. Von wo auch immer.« Ich legte auf.
    Im Heckfenster hing noch der letzte blutrote Schein der untergehenden Sonne, die Straße vor uns war bereits vollständig dunkel.
    »Wie ist es: Wollen wir den 59 rauffahren bis Chattanooga und dann die Abkürzung durch die Smoky Mountainsnehmen? Dann kommen wir auf den Skyline Drive, immer die Bergkämme entlang, und fahren durch bis zur Route 66. Was meinst du?«
    Er sah zu mir herüber, als hätte ich plötzlich angefangen zu bellen oder Urdu zu sprechen.
    »Schneller wär’s den 81 hoch. Auf mich wartet ein hübsches Mädchen, aber du hast natürlich nur Heather, also überlasse ich es dir. Heute bestimmst du.«
    Er wandte den Kopf und beobachtete die funkelnden Lichter im Seitenspiegel.
    »Ist schon okay«, sagte ich. »Wir nehmen die schöne Strecke. Aber wenn’s uns langweilig wird, biegen wir ab und fahren doch auf den Highway.«
    Sein Kopf ruhte an der Lehne – die Augen waren geschlossen.
    »Und dann muss ich mit dir in diese Bäckerei. In College Point. Die machen die besten Schwarz-Weiß-Amerikaner im ganzen Staat New York. Du glaubst gar nicht, wie lecker die sind.«
    Er schlief.
    »Ich weiß, ich weiß. Du magst keine Schokolade. Kein Problem. Das ist das Gute, wenn man sich einen
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