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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Sears
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Prozent der Menschheit zurückschrecken würden, und von dem man dennoch erwartet, dass er einer von der Sorte ist, die eine auf der Straße gefundene Brieftasche dem Eigentümer zurückgibt, ohne auch nur nachgeschaut zu haben, wie viel Bares darin ist? Es könnte doch ein Tausender drin sein? Oder gar eine Million?
    Neil klopfte an die offene Tür und trat ein. Stress war ihm grundsätzlich nicht anzumerken – wenn er ihn überhaupt empfand. Fliege und Hosenträger passten zusammen undharmonierten perfekt mit dem hell gestreiften Hemd. Sein Haar – das er vielleicht noch genauso geschnitten trug wie an seinem ersten Tag in der Privatschule – war exakt gescheitelt, Strähne für Strähne ein Zeugnis von Ordnungsdrang, Disziplin, Kinderstube und permanenter Aufmerksamkeit für die Details eines guten Lebens.
    »Ihre Nachricht hat mich erreicht«, sagte er. Seine Bewegungen waren beiläufig, aber einstudiert. Fast konnten Haltung und Stil darüber hinwegtäuschen, dass er angespannt war wie eine Bogensehne. Er drehte die Sitzfläche des Stuhls mir gegenüber, bis er sie auf der gewünschten Höhe hatte. Dann ließ er sich mit elegantem Schwung darauf nieder.
    Ich wartete, bis er mit seinem Auftritt fertig war.
    »Jack Avery und ich hatten gestern ein langes Gespräch.«
    »Ach ja?« Er zog die Brauen hoch. Unschuldig. Ahnungslos.
    »Jetzt gibt es nicht mehr viel, das ich nicht weiß.«
    Er nickte höflich.
    Ich musste ihn aus der Reserve locken.
    »Haben Sie gewusst, dass er Hochstadt umbringen würde? Er hat angedeutet, dass das eine Entscheidung von oben war.«
    »Warum fragen Sie mich?« Was er meinte, war: »Wie viel wissen Sie?«
    »Als ich von ihm wegging, wusste ich, dass Hochstadt in Panik war. Aber warum hätte er sich an Avery wenden sollen? Vor Avery hatte er Angst. Scheiße, vor Ironman Jack hatten alle Angst. Also hatte er doch wohl vor, sich mit jemand anderem zu treffen. Mit jemandem, dem er vertraute. Mit Ihnen, Neil.«
    Er kräuselte die Lippen. »Jack ist einfach kein Manager. Man hätte das mit Geoffrey regeln können. Mit ihm hatte es vorher schon Zwischenfälle gegeben – weil er Schuldgefühle hatte oder Angst aufzufliegen. Man hätte ihn nicht tötenmüssen. Ich habe Jack gebeten, ihm eine Nachricht zu überbringen. Das war ein Fehler. Er kann sehr impulsiv sein.«
    »Das klingt so, als könnte er mit Ihrem Stil nicht viel anfangen. Warum haben Sie ihn trotzdem einbezogen? Was außer Muskeln hat er beizusteuern?«
    »Jack wurde nicht dazugebeten. Er hat sich eingeschlichen. Seine Sekretärin hatte alle Abschlüsse, die die Firma mit Arrowhead gemacht hatte, geprüft und Verdacht geschöpft. Damit ist sie zu ihm gegangen, und er hat eine Möglichkeit gewittert. Er hat sich an mich gewandt und einige Forderungen gestellt. Sie schienen vernünftig. Ich hätte mich auch auf viel mehr eingelassen.«
    »Und die Sekretärin?« Avery hatte sie aus dem Weg haben wollen.
    Wilkinson blickte zur Decke. »So, wie ich es verstanden habe, hatte sie persönliche Schwierigkeiten.«
    »Hat Jack das gesagt?«
    Er fixierte mich. »Das war zwischen uns nie Thema.«
    Avery hatte die Frau umgebracht, da war ich sicher. Aber wusste Neil davon? Oder hatte er beschlossen, nichts davon wissen zu wollen? Ich entschied mich, die Frau in Frieden ruhen zu lassen.
    »Jack ist tot.«
    Für einen Moment geriet seine Reserviertheit ins Wanken. Doch er erholte sich schnell.
    »Das wusste ich nicht.«
    »Die Polizei untersucht den Fall. Sie werden auch hierherkommen.«
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Er ist schwimmen gegangen.«
    »Also ein Unfall«, schloss er, in einem Ton, als sei ihm das vollkommen gleichgültig. Dann beugte er sich vor und zeigte zum ersten Mal so etwas wie Interesse an unseremGespräch. »Was brauchen Sie, Jason? Gibt es ein Problem, das mit Geld gelöst werden kann? Ich bin bereit, Opfer zu bringen.«
    »Ich habe Stockman vorhin eine Auflistung aller Trader gegeben, die regelmäßig mit Arrowhead zu tun hatten. Ich habe ihm erklärt, wie das Ganze funktioniert. Von den Casinos bis hin zu den Konten im Ausland.«
    Er blinzelte nicht einmal.
    »Das FBI verfügt über dieselben Informationen«, fügte ich hinzu. »Aber die werden eine Weile brauchen, bis sie sich damit befassen. Sie sind diese Woche anderweitig beschäftigt.«
    »Ich dachte, wir verhandeln«, sagte er.
    »Das tun wir.« Ich hielt den Silberpapier-Stick hoch – den, auf dem die Namen und Kontonummern gespeichert waren; den, den ich
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