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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Sears
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Avery nicht gegeben hätte. Den, den ich auch dem FBI nicht gegeben hatte. »Hier drauf hat Hochstadt alle Auslandskonten gespeichert, alle Überweisungen. Auch Ihre. Das Original der Datei befindet sich wahrscheinlich auf seinem Bürocomputer, aber ich bin sicher, dass die Daten dort verschlüsselt oder aber gut versteckt sind.«
    Er lächelte. »Bravo. Ich dachte, Geoffrey hätte es hingekriegt, meinen Namen aus allem herauszuhalten.«
    »Das hat er. Er war sehr geschickt darin, Gelder hin und her zu schieben. Es ist wirklich ein Jammer, dass er an Sie geraten ist.«
    Das Lächeln verschwand. »Sie haben gesagt, wir verhandeln. Also, wo bleibt Ihr Angebot?«
    »In mancherlei Hinsicht sind wir einander sehr ähnlich, Sie und ich. Überall suchen wir mathematische Muster. Sich wiederholende Abstände bei Zahlenreihen vielleicht oder mathematische Relationen zwischen zwei Märkten. Dafür sind wir ausgebildet, aber wir hatten vorher schon eine Begabungdafür. Sie haben vielleicht gelernt, mit dreizehn zu multiplizieren, als Sie zum ersten Mal ein Kartenspiel gesehen haben. In der Grundschule konnten Sie sich bereits den Wert von Pi bis zur hundertsten Stelle nach dem Komma merken.«
    »Bis zur hundertzwanzigsten.«
    »Muster. Mein Sohn hat mich gelehrt, dass es auch bei Menschen Muster gibt. Er ist Autist, deshalb sind seine Verhaltensmuster deutlicher sichtbar, wenn auch manchmal irritierend. Sie können – zumindest bei oberflächlicher Betrachtung – viel komplizierter sein als unsere. Wenn er gegen eine Panikattacke ankämpft – die aus dem Nichts plötzlich da sein kann –, stützt er sich auf kleine Muster, die ihm helfen, nicht außer sich zu geraten. So umrundet er zum Beispiel unser Wohnzimmer – drei Mal. Alle drei Runden bestehen aus genau der gleichen Anzahl von Schritten. Wenn er sie noch einmal gehen muss, geht er sie wieder drei Mal.«
    »Das heißt Stimming, soweit ich weiß.«
    Ich nickte. »Wenn er Angst hat oder wütend ist und Mühe hat, sich zu beherrschen, flattert er ganz merkwürdig mit den Fingern. Ich habe das immer für rein zufällige, chaotische Bewegungen gehalten, bis eine Freundin mich darauf hingewiesen hat: Es ist ein komplizierter Dreizehn-Achtel-Takt. Dreimal drei Achtel und dann eine Vierergruppe. Seine Finger bewegen sich die ganze Zeit in einem Thrash-Metal-Takt. In rasendem Tempo.«
    Mit einem höflichen Lächeln täuschte Neil Interesse vor.
    »Entschuldigung. Ich hole wohl zu weit aus.«
    »Nein, bitte«, entgegnete er. »Fahren Sie fort. Ich höre jedes Wort.«
    »Zwei Wochen lang habe ich jetzt auf Handelsprotokolle gestarrt. Listen über Listen anonymer Käufe und Verkäufeeiner großen Bandbreite von Produkten. Dabei hat sich für mich etwas bestätigt, was ich immer vermutet hatte. Jeder Händler hat seine eigene Art, an die Dinge heranzugehen; hinterlässt eine Signatur, ein Muster. Und als ich einmal wusste, wonach ich suchen muss, war es nicht schwer, Ihres zu entdecken.«
    »Aber ich habe mit Arrowhead nie einen Abschluss gemacht.«
    »Das stimmt beinahe. Hochstadt war allerdings ein Messie. Er hat alles aufbewahrt. Auch die Daten der Trades, die Sie gemacht haben, um zu testen, ob das System funktioniert. Da gab es zu Anfang durchaus ein paar mit Arrowhead . Sie waren Händler bei Rothkamp. Etwa ein halbes Jahr lang haben Sie da pro Woche eine Handvoll Trades probiert. Und als Sie wussten, dass es funktioniert und dass andere Händler sich scharenweise danach drängeln würden mitzumachen, haben Sie sich in den Hintergrund zurückgezogen. Haben sich von jedem Trade Ihren Anteil genommen und es den anderen überlassen, das Risiko zu tragen.«
    »Muster? Etwas, das Sie intuitiv erfassen? Wie man im Kaffeesatz liest? Sie können nicht beweisen, dass ich beteiligt war.« Am meisten schien ihn zu beschäftigen, dass er durchschaubar gewesen sein könnte.
    Noch einmal hielt ich den USB-Stick hoch. »Vergessen Sie nicht: Hochstadt hat nichts weggeworfen. Aber ich habe auch – nur so zum Spaß – heute Morgen noch mal einen alten Freund bei Rothkamp in London angerufen und ihn gebeten zu prüfen, wer damals niederländische hypothekengesicherte Wertpapiere gehandelt hat. Das war ein kleiner Markt.«
    Er nahm die Brille ab und massierte seine Nasenwurzel. »Und was nun?« Er klang irritiert. Nicht wütend oder auch nur verärgert. Das alles kratzte ihn kaum; es bereiteteihm allenfalls ein wenig Kopfschmerzen. Zwei Aspirin und ein Liter stilles Wasser, und die Welt war
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