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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Sears
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Jason.«
    »Ob du’s glaubst oder nicht, ich hab deine Stimme erkannt.« Sie schaffte es, amüsiert und desinteressiert zugleich zu klingen.
    »Ich wollte die ganze Zeit schon anrufen. Es gab da ein paar Sachen, um die ich mich kümmern musste. Beziehungsweise muss.« Ich verstummte. Die verschiedenen Reden, die ich mir während der vergangenen vierundzwanzig Stunden zurechtgelegt hatte, rivalisierten jetzt in meinem Kopf miteinander, was dazu führte, dass ich gar nicht mehr wusste, was ich sagen sollte.
    Sie legte nicht auf. Das nahm ich als Ermutigung.
    Ich räusperte mich.
    »Entschuldige.« Ich wollte nicht missverstanden werden. »Ich meine, entschuldige, dass ich dir hier was ins Ohr huste.« So wurde ich mit Sicherheit missverstanden. »Und entschuldige wegen neulich Abend.« Ich kam mir vor wie der Mann, der es vermeiden konnte, das Eichhörnchen zu überfahren, indem er von der Brücke rollte. »Vor allem Letzteres.«
    Verdammt. Jeder Mann, der an dem Abend in der Bar gewesen war – selbst der, dem ich eine verpasst hatte –, hätte längst etwas gesagt wie: »Ach, komm, mach dir nicht so viele Gedanken.« Oder: »Lass es gut sein, das Leben geht weiter.« Ich hätte einen ausgegeben, und die Sache wäre erledigt gewesen. So gut wie vergessen. Noch ein Thema für eine kleine Stichelei in einem halben Jahr oder so, aber nicht mehr.
    Sie schwieg.
    »Ich bin jetzt auf dem Weg nach Louisiana. Wenn ich wiederkomme, würde ich dich gern sehen.« Nun war es heraus – eine einfache, direkte Erklärung. Auf irgendeine Weise musste sie darauf reagieren.
    »Fährst du hin, um Jason zu besuchen?«
    »Um ihn zurückzuholen. Hoffe ich.«
    In der Zeit, die sie brauchte, um sich zu einer Antwort durchzuringen, hätte die St.-Patrick’s-Day-Parade vorbeiziehen können.
    »Na dann«, sagte sie schließlich. »Viel Glück.«
    Und ich hatte schon damit gerechnet, dass sie Lebewohl sagen würde.
    »Hör zu, es tut mir leid. Wenn ich könnte, würde ich diesen ganzen Tag ungeschehen machen. Bitte, Skeli! Ich möchte dich anrufen.«
    »Warum?«
    Aha. Sie verlangte etwas. Ich sollte mich vielleicht nichtverpflichten, aber doch eine Absicht bekunden. Der Ball war wieder bei mir. Wo ich ihn haben wollte.
    »Mit meinem Sohn bin ich ein anderer. Das habe ich selbst nicht gewusst. Jetzt weiß ich es. Ich brauche ihn. Ihm Liebe zu geben macht einen besseren Menschen aus mir. Zumindest bin ich ohne ihn ein viel mieserer Kerl.« Ich hatte keine Ahnung, ob das ankam oder nicht. »Als ich ihn vor ein paar Wochen mit hierhergebracht habe, wusste ich gar nicht genau, was ich tue. Ich dachte einfach, ich bin ein Held und bewahre ihn davor, sein Leben lang auf dem Dachboden eingesperrt zu sein. Ja, ein Stück weit wollte ich sicher auch Angie wehtun. Einer Menge Leute wollte ich wehtun.«
    »Du hattest zwei Jahre verloren. Darüber wäre wohl jeder wütend.«
    Vielleicht kam es an. Zumindest hatte sie den Hörer noch nicht aufgeknallt.
    »Aber ich lerne etwas von ihm. Darüber, wie es ist, neu anzufangen. Ich weiß, dass er jetzt bei mir besser aufgehoben ist als bei seiner Mutter oder seiner Großmutter oder sonst wem; dass es das Richtige ist, wenn er hier bei mir lebt. Auch wenn er meine Gegenwart kaum zur Kenntnis nimmt. Weil ich weiß, dass er auch mir guttut.«
    Wieder folgte langes Schweigen. Die wichtigsten Dinge zu sagen hatte ich immer noch nicht hingekriegt.
    »Und ich glaube, du bist gut für mich. Wenn wir zusammen sind, kann ich mich selbst viel besser leiden. Und ich wünsche mir eine Chance, dir gutzutun.«
    Jetzt zog die Thanksgiving-Day-Parade vorüber.
    »Okay. Ruf mich an, wenn du wieder da bist.«
    Ein weiteres Glied der Stahlkette, die um meinen Brustkorb lag, flog weg. Das Atmen wurde leichter. Mein Herz versuchte nicht länger, sich aus meiner Brust herauszuklopfen.
    »Danke, Skeli.«
    »Wofür?«
    »Die zweite Chance.«
    »Ja. Versuch, dich bis dahin nicht auf weitere Prügeleien einzulassen, okay?«
    Ich war bei den Gepäckbändern mit NOLA Exotic Car Rentals verabredet. Der junge Schwarze trug einen Anzug, dazu ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Er hätte als Bestatter durchgehen können.
    Der BMW Z4 stand draußen bereit – er entsprach genau dem neuen blauen Matchbox-Auto in meiner Tasche. Das Spielzeug zu finden und das mit dem Leihwagen klarzumachen hatte mich am Tag zuvor mindestens eine Stunde Telefonate gekostet.
    Der junge Mann mit dem ernsten Gesicht brachte mich zu dem Wagen und zeigte mir,
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