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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben
Autoren: Katja B.
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konnte. Ich wollte mich und die Welt entdecken und hatte lange genug daheim gelebt. Es war Zeit, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.
    Meine Mutter empfand meine Pläne wie eine Ablehnung ihrer Person. Ich konnte nicht mit ihr reden, mir Rat holen, denn sie beharrte auf ihrer Meinung. Also tat ich ihr gegenüber so, als hätte ich meinen Schritt sorgfältig durchdacht und wüsste genau, worauf ich mich einließ. In Wirklichkeit hatte ich Bammel vor dem Sprung ins kalte Wasser: eine fremde Stadt, keine Freunde und noch kein Job. Ich verließ mich voll und ganz auf Cay. Er würde alles für mich regeln. So war es schließlich, seitdem wir uns kannten. Cay wusste immer, was zu tun war.
    Bei einem Besuch bei Cays Eltern erzählte ich, dass ich zu Cay nach Stuttgart ziehen wolle. Ich hatte vor, dort zu arbeiten, und sagte das auch. Schließlich wollte ich ihm nicht auf der Tasche liegen, so etwas war mir fremd. Unser Gespräch kam mir vor wie ein Verhör. Wie so oft in ihrer Gegenwart fühlte ich mich klein und unbedeutend und war um schlagfertige Antworten verlegen. Ich wusste ja noch nicht einmal, was ich als Arzthelferin in Stuttgart verdienen würde, und fürchtete ihre Fragen danach. Ich war verunsichert und ärgerte mich zugleich darüber.
    Erst als Cay und ich wieder im Auto saßen, konnte ich meinen Frust hinauslassen.
    »Katja, reg dich nicht auf. Ich habe dir schon mal gesagt: Mach’s so wie ich, hör gar nicht hin.«
    »Sie ist deine Mutter. So darfst du doch nicht über deine eigene Mutter sprechen. Bei uns zu Hause heißt es: ›Sprich nicht über die Mängel anderer.‹ Aber wenn es Probleme gibt, sollte man doch zusammen darüber reden …«
    »Wenn du sie näher kennenlernst, wirst du mich besser verstehen.«
    Plötzlich kam mir ein Gedanke: »Wie haben meine Vorgängerinnen das denn eigentlich gemeistert?« Es war mir so herausgerutscht. Über seine Exfreundinnen hatten wir noch nie gesprochen.
    »Petra?«, fragte Cay nach einer kurzen Pause ruhig.
    »War das deine Exfreundin?«
    Er nickte und sagte: »Mach dir nicht so viele Gedanken über das, was vor dir war. Es ist doch heute nicht mehr wichtig.«
    »Wer ist diese Petra?« Wenn das Thema schon einmal auf dem Tisch lag, konnte ich mir eine Nachfrage nicht verkneifen.
    »Ach, das ist schon eine Weile her. Petra und ich sind noch immer befreundet. Sie wohnt auch in Stuttgart. Ich werde euch miteinander bekannt machen.«
    »Ist gut.«
    Und dann zog ich zu ihm. Ich belud meinen alten Fiat Punto und brachte einen Teil meiner Sachen nach Stuttgart. Auch ein Arbeitsplatz war schnell gefunden. Ein Freund von Cay arbeitete in einer orthopädischen Gemeinschaftspraxis, wo ich als Arzthelferin in Vollzeit anfangen konnte. Ich behielt mein Auto, weil ich einen Arbeitsweg von über dreißig Kilometern hatte. Das Anfangsgehalt war zwar nicht üppig, aber mehr als ausreichend, sodass ich mich finanziell unabhängig fühlte. Wir hatten getrennte Konten und teilten von nun an alle anfallenden Kosten wie Miete und Einkäufe. Endlich war ich in der Lage, meinen Teil beizusteuern. Aber immer wenn es um das Thema Geld ging, winkte Cay ohnehin ab.
    »Mach dir keine Sorgen. Ich verdiene gut, und das wird so bleiben oder noch besser werden.«
    »Wenn du meinst.«
    »Katja, das Leben ist so schön, und mit dir an meiner Seite ist es wunderschön. Endlich ist meine Kleine immer bei mir. Wir werden es uns richtig nett machen.«
    Das war wieder der alte Cay, der überhaupt keine Probleme zu kennen schien.
    »Muss ich mich nicht irgendwo anmelden? Meinen Wohnsitz, meine ich? Bei der Gemeinde?«
    »Ach ja, mein Kleines. Das habe ich ganz vergessen. Gleich morgen gehen wir zum Einwohnermeldeamt. Dort bekommst du dann auch einen neuen Eintrag in deinen Personalausweis.«
    »Wirklich?«
    »Ja sicher, dort wird unsere gemeinsame Adresse ins Dokument eingetragen.«
    »Ach so …«
    Ich kam mir unwissend und kindisch vor. Aber schließlich war es der erste Umzug meines Lebens. Ich nahm mir vor, in Zukunft die organisatorischen Dinge in die eigenen Hände zu nehmen, statt mich abhängig zu machen. So schwer konnte es doch nicht sein. Andere Mädchen zogen auch in fremde Städte und hatten dabei keinen erfahrenen Mann an ihrer Seite.

Unbeschwerte Sommertage
    Cay liebte es, mir das Stuttgarter Umland und die Sehenswürdigkeiten Schwabens zu zeigen. Ich genoss diese Ausflüge und freute mich, wenn ich etwas Neues erlebte. Es war so anders, als ich es von zu Hause gewohnt war. Dort
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