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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat
Autoren: Elizabeth George
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Steig in den Wagen!«
    Joel unternahm einen sinnlosen Versuch kehrtzumachen. »Aber Tobe soll ...«
    »Widersetz dich nicht, Junge.« Der Constable packte Joel am Arm.
    »Aber meine Tante wird sich fragen ...«
    »Komm jetzt.«
    Der Fahrer des Streifenwagens war ausgestiegen und kam im Laufschritt auf sie zu. Er nahm Joels anderen Arm und drehte ihn dem Jungen auf den Rücken, zog wortlos ein Paar Handschellen hervor und legte sie ihm an. Dann zischte er Joel ins Ohr: »Du beschissener kleiner Mischlingsbastard«, und stieß ihn auf den Wagen zu.
    »Immer mit der Ruhe, Jer«, mahnte der andere Beamte.
    »Halt mir keine Vorträge«, entgegnete der Erste. »Mach die Tür auf!«
    »Jer ...«
    »Scheiße, mach die Tür auf!«
    Der Kollege folgte dem Befehl. Joel spürte einen harten Stoß im Rücken, eine Hand drückte seinen Kopf nieder, und er wurde auf die Rückbank geschleudert. Krachend fiel die Tür zu. Als die beiden Beamten vorne einstiegen, spähte Joel aus dem Fenster, um nach Toby zu sehen.
    Der Streifenwagen auf der Brücke war verschwunden. Die Skater in Meanwhile Gardens hatten innegehalten, um Joels Festnahme zu beobachten. Sie standen am Rand der Skate- Bowl aufgereiht, die Skateboards unterm Arm, und unterhielten sich aufgeregt, während der Streifenwagen anfuhr und in die Great Western Road einbog, um den kurzen Weg zur Wache an der Harrow Road zurückzulegen. Joel verdrehte den Kopf auf der Suche nach einem Gesicht in der Menge, dessen Ausdruck ihm verraten würde, wie es nun weiterging. Doch er sah kein Gesicht. Er sah lediglich den unabwendbaren Verlauf seiner Zukunft, die in dem Moment begonnen hatte, als der erste Constable seinen Arm packte.
    Während der Streifenwagen über die Brücke fuhr, erkannte Joel jenseits des Parks die Rückseite von Kendras Haus. Er heftete den Blick darauf, so lange er konnte. Einen kurzen Moment später versperrten ihm die ersten Gebäude der Great Western Road die Sicht.
    Kendra erfuhr es von Majidah. Die Pakistani fasste sich kurz bei ihrem Anruf im Laden, wo Kendra gerade eine afrikanische Flüchtlingsfrau in Begleitung eines älteren Mannes bediente. Drei Streifenwagen seien gekommen, berichtete Majidah. In zweien habe man Ness' Brüder weggebracht. Getrennt. Das Beunruhigende sei, fügte sie hinzu, dass einer der Constables dem älteren Jungen Handschellen angelegt habe.
    Kendra nahm die Neuigkeiten schweigend auf. Sie wollte schnell den Verkauf von Tischlampen, Schuhen und einem gel-ben Essservice abschließen. »Danke. Verstehe. Ich weiß Ihren Anruf zu schätzen«, sagte sie in ihrem förmlichsten Englisch, sodass Majidah am anderen Ende der Leitung dachte: Meine Güte, kein Wunder, dass Kinder vom rechten Pfad abkamen, wenn die Erwachsenen in ihrem Leben eine Schreckensbotschaft ohne einen einzigen Ausruf des Entsetzens aufnahmen. So sehr sie sich in all ihren Jahren in London auch der westlichen Kultur angepasst haben mochte, wusste Majidah doch, sie hätte eine so schreckliche Nachricht nicht empfangen können, ohne sich nicht wenigstens die Haare zu raufen und die Kleider zu zerreißen, ehe sie ihre Kräfte mobilisierte, um etwas zu unternehmen. Also rief Majidah als Nächstes Fabia Bender an, doch das hätte sie sich sparen können. Das Räderwerk der Justiz war bereits in Gang, und Fabia Bender war schon vor Joel auf der Polizeiwache Harrow Road eingetroffen.
    Nachdem ihre Kunden den Laden verlassen hatten und Kendra sich gestattete, Majidahs Neuigkeit in sich aufzunehmen, kam es ihr vor, als treibe sie wie ein Blatt im Wind. Sie kam nicht auf den Gedanken, dass diese Ereignisse im Zusammenhang mit einem Mordfall stehen könnten. Natürlich wusste sie von den Schüssen in Belgravia. Auf der Jagd nach immer neuen Sensationen hatten die Londoner Zeitungen schnell und einhellig beschlossen, dass die Ermordung einer Polizistengattin, die obendrein Countess war, jede andere Meldung überstrahlte. Kendra hatte die Zeitungsartikel gelesen und auch das Phantombild gesehen. Da es jedoch nur marginale Ähnlichkeit mit Joel hatte, kam sie nicht auf die Idee, es mit ihrem Neffen in Zusammenhang zu bringen. Außerdem war sie mit ganz anderen Dingen beschäftigt gewesen, vor allem mit Ness: was ihr in der Vergangenheit passiert war und was jetzt aus ihr werden sollte.
    Und nun Joel. Kendra schloss den Laden ab und legte den kurzen Weg zum Polizeirevier zu Fuß zurück. In ihrer Hast ging sie ohne Mantel und Handtasche. Das Einzige, was sie dabeihatte, waren
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