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Am Ende siegt die Liebe

Am Ende siegt die Liebe

Titel: Am Ende siegt die Liebe
Autoren: Maren Simonis
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verstehen.
    Leise ging sie näher. Dann sah sie das Kind. Es handelte sich um einen kleinen Jungen mit eurasischen Gesichtszügen, der nichts als einen bunten Schlafanzug und Hausschuhe trug. Sie schätzte ihn auf etwa vier. Selbstvergessen saß er auf einem Stein. Er war so in sich versunken, daß er sie nicht bemerkte.
    »Hallo«, sagte sie.
    Der Kleine blickte auf. Sein Lied verstummte. Entsetzt sah er sie an, bevor aufsprang und wegrannte.
    »Bleib hier!« rief Carola. »Verlauf dich nicht!« Das Kind hörte nicht auf sie, sondern verschwand zwischen den Bäumen.
    Die junge Frau überlegte, ob sie ihm nachlaufen sollte, sagte sich jedoch, daß sie ihn womöglich nur noch mehr verängstigen würde. Sie fragte sich, was ein so kleines Kind um diese Zeit im Freien tat. Womöglich hatte der Junge heimlich die Wohnung verlassen und seine Eltern vermißten ihn noch nicht einmal.
    Carola wandte sich den Appartements der Angestellten zu. Sie hatte den Kleinen noch nie zuvor im Hotel gesehen und sie war fast sicher, daß es sich um den Sohn der jungen Thailänderin ha ndeln mußte, die dort als Zimmermädchen arbeitete.
    Die junge Frau hatte fast die Häuschen erreicht, als sie Say Wagner aus einer der Haustüren treten sah. Suchend blickte sich die Thailänderin um. »David!« rief sie leise. »David!«
    »Suchen Sie Ihren Sohn?« fragte Carola .
    Say zuckte zusammen. Sie straffte die Schultern. »Meinen Sohn?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Sohn, Frau Bender.« Ihre Lippen umhuschte ein Lächeln. »Sie sind heute morgen sehr früh unte rwegs.«
    Carola ging nicht auf ihre Bemerkung ein. »Vor einigen M inuten habe ich etwa zweihundert Meter von hier einen kleinen Jungen gesehen«, berichtete sie.
    »Er wird zu einem der Gäste gehören«, antwortete Say betont gleichgültig. »Entschuldigen Sie mich bitte.« Sie kehrte ins Haus zurück.
    Carola war nie besonders stolz auf ihre Menschenkenntnis gewesen, dennoch fühlte sie, daß Say sie angelogen hatte. Und nicht nur das! Die junge Thailänderin hatte eindeutig Angst. Rasch ging sie weiter und verschwand hinter den Bäumen. Dort blieb sie stehen und beobachtete Says Appartement.
    Es dauerte keine zwei Minuten, bis Say erneut nach draußen kam und in die Richtung lief, in der sie den kleinen Jungen ges ehen hatte. »David!« hörte sie die junge Frau leise rufen. »David!«
    Da Carola sicher war, daß Say den Kleinen schon bald finden würde, machte sie sich auf den Rückweg zum Hotel. Irgend etwas stimmte da nicht! Weshalb hatte Say ihren Sohn verleugnet? Hielt sie ihn etwa vor den anderen verborgen? War er an diesem Mo rgen nur ausgerissen? Aber wie konnte man ein Kind verstecken? Es brauchte Sonne und frische Luft, um zu gedeihen. Carola konnte sich nicht vorstellen, daß sich Say das nicht auch sagte.
    Nachdenklich kehrte die junge Frau ins Hotel zurück. Sie war so in Gedanken versunken, daß sie in der Halle fast mit Michael Lange zusammenstieß, der zum Frühstück gehen wollte. Gerade noch in letzter Sekunde konnte er ausweichen.
    »Guten Morgen, Frau Bender«, grüßte er. »Sieht aus, als hätten Sie das getan, was ich mir jeden Abend vornehme, nämlich morgens etwas zu joggen.«
    »Sieht nur so aus«, erwiderte Carola. »Ich habe einen Spazie rgang gemacht.« Sie überlegte, ob sie ihn nach dem kleinen Jungen fragen sollte und entschied sich dagegen. Say hatte bestimmt gute Gründe, ihn vor den Augen anderer zu verbergen. »Der Park ist herrlich. Ich fühle mich hier ausgesprochen wohl.«
    »Das freut mich«, meinte er herzlich. Er beschloß, mit einer erneuten Einladung zum Abendessen noch etwas zu warten. Er wollte die junge Frau nicht zu sehr bedrängen, obwohl er es kaum noch abwarten konnte, sie näher kennenzulernen. »Was haben Sie heute vor?«
    »Ich werde nach dem Frühstück nach Tegernsee fahren und mich dort etwas umschauen.«
    »Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Tag. An der Rezept ion gibt es übrigens einen sehr guten Stadtplan von Tegernsee.«
    »Ich habe ihn mir bereits geholt.«
    »Nun, ich merke, Sie sind bestens ausgerüstet.« Michael nickte ihr zu. »Bis heute abend.«
    »Bis heute abend«, wiederholte Carola und ging zum Aufzug. Sie drehte sich nicht um, obwohl sie spürte, daß der junge Hotelier noch immer in der Halle stand und ihr nachschaute. Resignierend gestand sie sich ein, daß es ihr gefiel.
     
    * * *
    Seine Familie und das Gesinde saßen bereits beim Frühstück, als Paul Walkhofer am Sonntagmorgen in die
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