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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße
Autoren: Brian Keene
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Minuten lang saßen wir einfach nur da und lauschten auf die Geräusche von der Straße.
    »Vielleicht ist es eine Sonnenfinsternis«, meinte ich. »Ich sollte Russ fragen. Der wird’s wissen.«
    »Der ist aber wahrscheinlich schon auf dem Weg zur Arbeit.«
    »Na ja, ich kann ja mal runtergehen und mich umsehen. «
    Christy legte mir eine Hand aufs Bein und drückte fest zu. Sie klang wieder besorgt, als sie sagte: »Nein, bleib hier. Geh nicht raus. Wir wissen doch gar nicht, was los ist.«
    »Es wird schon nichts Dramatisches sein.«
    »Was, wenn es ein Terroranschlag oder so was ist? Oder eine Atombombe?«
    Ich seufzte. »Wenn es ein Atomschlag wäre, wären wir jetzt wahrscheinlich gar nicht mehr da. Und wenn es irgendeine andere Bombe gewesen wäre, hätten wir die Explosion gesehen oder zumindest gehört.«
    »Nicht wenn es weit weg war.«

    »Warte einfach hier. Mir passiert nichts. Ich verspreche dir, dass ich zurückkommen werde, sobald ich rausgekriegt habe, was hier los ist.«
    Widerwillig gab sie nach. Ich zog ein T-Shirt und Socken an und stieg in meine Schuhe.
    »Nimm deinen Schlüssel mit«, bat Christy, »ich werde hinter dir abschließen.«
    Ich fand das etwas paranoid, behielt den Gedanken aber für mich. Mit der Taschenlampe in der Hand ging ich nach unten. Die Stufen quietschten. Vor Cranstons Tür blieb ich kurz stehen, aber in seiner Wohnung war es still.
    Draußen war alles ungefähr so, wie ich es schon beschrieben habe. Einige Leute benahmen sich ganz normal. Andere drehten durch. Ich schätze, dass ich mich irgendwo zwischen den beiden Extremen befand. Ich rastete nicht aus, wusste aber, dass das alles nicht normal war. Ein Blick zum Himmel lieferte den eindeutigen Beweis dafür.
    Der Himmel war verschwunden. Keine Sonne, keine Wolken, keine Flugzeuge oder Vögel. Da war gar nichts – nur Schwärze. Mit dem Horizont war es dasselbe. Eigentlich hätte ich in der Ferne Berge sehen müssen, außerdem Sendemasten und solche Sachen, aber auch hier war nichts. Es sah aus, als hätte jemand Walden in eine Flasche gesteckt und dann ein schwarzes Tuch darübergelegt.
    Jemand tippte mir auf die Schulter. Ich wusste nicht, wie der Mann hieß, erkannte aber sein Gesicht. Er lebte in dem Wohnblock neben unserem. Ich hatte ihn ein paarmal nach Hause kommen sehen.

    »Ziemlich unheimlich, oder?«
    Ich nickte. »Das kann man wohl sagen. Wissen Sie, was hier los ist?«
    »Keine Ahnung. Als ich aufgewacht bin, war es schon so. Gestern Abend, bevor ich ins Bett gegangen bin, hieß es, wir würden Regen bekommen. Angeblich sollte heute Morgen ein heftiges Gewitter kommen. Vielleicht ist es das? Irgendeine seltsame Sturmfront?«
    »Vielleicht.« Ich schaute zum Himmel hoch. »Aber warum regnet es dann nicht? Warum gibt es keinen Donner und keine Blitze? Nicht einmal Wind. Spüren Sie das? Die Luft steht völlig still.«
    »Gutes Argument.« Er streckte mir die Hand hin. »Tom Salvo.«
    »Robbie Higgins.«
    Während ich ihm die Hand schüttelte, kam mir der Gedanke, wie surreal die ganze Situation eigentlich war. Da musste erst so ein bizarrer Scheiß wie das passieren, damit die Leute mal höflich und zivilisiert miteinander umgingen.
    »Freut mich, dich kennenzulernen, Robbie. Du lebst mit deiner Freundin da oben, nicht wahr?«
    »Ja, im ersten Stock. Und du wohnst nebenan, oder?«
    Er nickte. »Schon seit einem Jahr, seit meine Frau und ich uns getrennt haben. Die Wohnung ist klein, aber ich kann mir nichts Größeres leisten. Wegen der Alimente und so. Ich habe zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Sie leben bei ihrer Mutter, aber ich sehe sie jedes zweite Wochenende.«
    Jetzt, wo er es sagte, fiel mir auch wieder ein, dass ich
hin und wieder gesehen hatte, wie er mit zwei Kindern ankam.
    Wir unterhielten uns noch eine Weile. Alle paar Minuten blieb jemand bei uns stehen und fragte, ob wir wüssten, was los war. Einige wanderten weiter, wenn sie herausfanden, dass wir nichts wussten. Andere blieben bei uns. Ein Typ, der auf der anderen Straßenseite wohnte, brachte eine Thermoskanne mit heißem Kaffee und ein paar Pappbecher mit raus und verteilte sie an die Gruppe. Er hatte gerade eine Kanne Kaffee fertig gehabt, als der Strom ausfiel, und ihn dann in die Thermoskanne gefüllt, damit er nicht kalt wurde. Er schmeckte echt gut. Einige Minuten später war unser kleines Kaffeekränzchen an der Ecke auf ein Dutzend Leute angewachsen. Ich kannte keinen von ihnen, aber das hinderte uns nicht daran, uns zu
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