Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Abgrund der Zeit (Science-Fiction-Roman) (German Edition)

Am Abgrund der Zeit (Science-Fiction-Roman) (German Edition)

Titel: Am Abgrund der Zeit (Science-Fiction-Roman) (German Edition)
Autoren: Manfred Wegener
Vom Netzwerk:
Frage ebenfalls gestellt, sie jedoch nicht ausgesprochen. Der bloße Anblick des Schiffes zermürbte sie. Sie mochten sich gar nicht vorstellen, was die Mannschaft alles durchgemacht hatte.
    »Wir wissen es nicht. Sie befindet sich vermutlich an Bord, obwohl dieser Begriff mittlerweile abstrakt sein dürfte.«
    Commander Stafford schluckte unmerklich. Das war seine einzige, nach außen sichtbare Reaktion. Auch seine Augen blieben kühl, als er sich im Kreis seiner Mannschaft umsah.
    In Gedanken sondierte er, welcher der Männer den Belastungen vermutlich nicht gewachsen war und in einer extremen Situation die Nerven verlor oder durchdrehte.
    Es gab keine labilen Typen unter der Mannschaft. Sie war hundertfach gesiebt worden und bestand aus streng ausgesuchten Wissenschaftlern und Spezialisten. Jeder war ein absoluter Profi auf seinem Sektor.
    Er begegnete dem Blick von Hather Torlan. Er konnte den Mann noch nicht so richtig einordnen, aber in seinen Augen glomm ein ganz kurzes Flackern auf. Anzeichen von Angst?
    Hather Torlan war Hydrologist und zusammen mit zwei Assistenten für die Biosphäre an Bord verantwortlich. Das war eine Aufgabe, die alles abverlangte und von der das Schicksal aller abhing. Die Biosphäre der »Herakles« nahm fast vierhundert Meter Raum ein mit ihren Miniaturwäldern, dem Strand, dem kleinen künstlichen See und dem gesamten Ökosystem. Es war ein Biotop, das sich ständig erneuerte und für Luft, Wasser und Nahrung sorgte. Außer den Triebwerken war es das komplizierteste System an Bord.
    Etliche der Männer waren Stafford bekannt. Während er sie unauffällig musterte, analysierte er sie gleichzeitig, bis sein Blick schließlich auf dem geheimnisvollsten Mann kurz hängen blieb.
    Es war der Navigator Kane Gray – und er war blind!
    Einige nannten ihn Mercator, für andere war er schlicht und einfach der Celestial-Atlas, der einzige Mann an Bord, der ein Schiff durch den Hyperraum bringen konnte, während umgekehrt dabei alle anderen blind waren.
    Kane Gray war ein Infrarotseher und er bewegte sich so zielsicher wie jeder normale Mensch auch. Er orientierte sich in einer geheimnisvollen Welt der Strahlenquellen und Wellenlängen und war in der Lage, unsichtbare Rotations- oder Schwingungszustände der Moleküle wahrzunehmen.
    Für alle anderen war er ein Phänomen mit unbegreiflichen Eigenschaften, die niemand so recht verstand.
    Ohne ihn, dachte Stafford, würden sie ihr fernes Ziel niemals erreichen. Fast war es ein Witz, dass ausgerechnet ein Blinder als Navigator fungierte.
    »Das Objekt wandert aus«, hörte er den Admiral sagen. »Falls Sie noch Fragen haben, stehe ich gern zur Verfügung. Leider bin ich nicht in der Lage, mehr Details über »Danae« bekannt zu geben. Sie haben später Gelegenheit, »Danae« noch einmal aus der Nähe zu sehen. Allerdings wird Ihnen das keine neuen Erkenntnisse bringen, meine Herren.«
    Der Kosmologe Frank Beauregard hatte noch eine Frage.
    »›Danae‹ hatte genau wie wir den Auftrag, das Schwarze Loch im Cygnus Nebel zu erkunden und herauszufinden, ob Zeitreisen im Ereignishorizont des Black Hole möglich sind. Besteht die Möglichkeit, dass der Fernraumer zeitversetzt zurückkehrte, Sir? Der Zeitfaktor muss sich umgekehrt haben. Das, was von dem Schiff noch übrig ist, kehrte viel früher als erwartet zurück.«
    »Wir wissen leider nichts darüber, Mr. Beauregard. Als ›Danae‹ kurz vor seinem Ziel stand, brach jede Verbindung zur Erde ab. Danach galt die Expedition als gescheitert, bis dieses – dieses Ding zurückkehrte, von dem wir anfangs nicht wussten, was es war. Eine Zeitversetzung liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Andererseits kann es sein, dass der Raumer lange vorher aus irgendwelchen Gründen wieder umkehrte.«
    Ein paar Sekunden lang herrschte Schweigen. Die meisten Blicke waren auf den Fernschirm gerichtet, wo das unheimliche Objekt jetzt langsam auswanderte.
    Der Zeitfaktor gab allen zu denken. Vor zwei Jahren war der Raumer gestartet. Dabei hatte man mit einer reinen Expeditionszeit von etwa fünf bis sechs Jahren gerechnet. Theoretisch hätte »Danae« das Zielgebiet in dieser Zeit nicht einmal erreichen können.
    Die neuen Antriebe waren zwar fast lichtschnell, doch sie konnten die LG-Konstante nur überwinden, indem sie das Hypertriebwerk zuschalteten und einen Sprung über mehrere Lichtjahre vornahmen. Dabei war der Verbrauch an Strahlmasse derart hoch, dass jeweils nur drei Transitionen durchgeführt werden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher