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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting
Autoren: Sobo Swobodnik
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verzerrt klang, aber egal. Und auch Arno selbst war wie aus dem Ei gepellt. Und das nachts um elf. Entweder war der noch nicht lange wach oder. . . fit, fun, Zeitgeist. Das war ein ganz anderer Lebensentwurf als der von Plotek. Diametral entgegengesetzt sozusagen. Was so viel bedeutet wie: Plotek war alles wurscht, Arno nichts. Deswegen war Plotek auch am Ende und Arno auf dem Höhepunkt. Das konnte man sehen. Zeige mir wie du aussiehst, und ich sage dir, wie es dir geht. Demzufolge ging es Arno prächtig. Obwohl – da ist Manipulation ja mittlerweile gang und gäbe. Auch bei Männern. Gerade bei Männern. Bei Arno-Männern. Von Kajalstiften über Make-up bis hin zu Faltenbeseitigungscremes ist heutzutage alles möglich. Gibt’s, ja, unglaublich, im Nu sind die Krähenfüße verschwunden, wenigstens für ein paar Stunden. Ebenso Tränensäcke. Und Stirnfalten – alles weg. Nicht für immer, nein, aber das ist vielleicht auch nur noch eine Frage der Zeit. Die Creme einfach auftragen und dann sind für acht bis zehn Stunden die Falten wie weggeflogen. Die Krähenfüße sind nicht mehr zu sehen. Die Tränensäcke auch nicht. Wichtiger Geschäftstermin: Creme drauf und schon sieht man frischer aus, als man ist. Natürlich ist das eine Täuschung, aber ohne hat man vermutlich keine Chance mehr und deswegen ist es erlaubt. Ob Arno jetzt auch? Keine Ahnung, aber so frisch wie der ausgesehen hat, glatt rasiert, mit Gel im Haar, akkurat zurückgekämmt – wirklich, mit oder ohne Hilfsmittel war der jetzt eine gepflegte Erscheinung. Quasi ein idealer Schwiegersohn und Traum aller Mütter heiratsfähiger Töchter.
    Arno hat jedenfalls geredet und Plotek hörte zu. Obwohl sich nicht genau sagen lässt, ob Plotek all das aufnehmen konnte, was Arno von sich gab. Weil erstens war er betrunken und zweitens hatte er kein Interesse. Für nichts. Arno dagegen interessierte sich für alles und jetzt für Plotek.
    Zuerst hat Arno von früher erzählt. Das fiel unter die Kategorie: Erinnerungen aufwärmen. Weißt du noch damals . . . Hahaha! Schauspielschule. Hahaha! Rollenspiel. Hahaha! Du, der Faust. Hahaha! Ich Mephistopheles! Hahaha. Und die dicke . . . wie war noch mal der Name? Egal. . . Gretchen. Hahaha!
    Arno lachte. Plotek nicht. Es gab nichts, worüber Plotek hätte lachen können. Rein gar nichts. Schon gar nicht über damals, das Früher, das Zurückliegende. Das war aus und vorbei, aus den Augen und weg. Praktisch erledigt.
    Trotzdem: Damals waren Plotek und Arno zusammen auf der Schauspielschule gewesen. Plotek war bis zum Ende dort, Arno nur bis zur Hälfte. Nach zwei Jahren ist Arno abgegangen. Das war eigentlich gar nicht überraschend. Arno wollte überhaupt nicht auf die Schauspielschule. Er musste. Wegen dem Vater von Arno, dem Ersten Bürgermeister von Altötting. Der wollte schon immer hoch hinaus. Warum? Na ja, Psychologie eben! Nur wer oben ist, hat’s geschafft. Oben ist da, wo man hin will, und unten, von wo man kommt.
    Der Erste Bürgermeister von Altötting kam von ganz unten. Nach ganz oben war’s für ihn zu weit, weil er genau genommen bereits zu alt dafür war. Also musste der Sohn ran. Vater-Sohn-Projektion quasi. Der Vater hat im Sohn schon den neuen Heinz Erhard gesehen. Oder Harald Juhnke. Im Fernsehen als Weltstar. Der Sohn vom Ersten Bürgermeister von Altötting! Aber nicht einfach so, von der Straße weg, gleich hinein ins Fernsehen, nach der Devise: Heute ein Star, morgen schon vergessen. Nein, nein, da hätte man den Ersten Bürgermeister von Altötting aber schlecht gekannt, wo er doch bekannt war wie ein bunter Hund – wegen den ganzen Affären, den Skandalen und immer in der Presse. In Altötting und ganz Oberbayern. Bis nach Passau hinein. Das war dann schon Niederbayern. Meistens war das, was über ihn zu lesen war, überhaupt nicht positiv, aber egal.
    Eine solide Ausbildung muss also her, hatte der Erste Bürgermeister von Altötting gedacht, und dann eins nach dem anderen. Die Karriereplanung vom Sohn wie die Abwasserlogistik bei der neuen Kläranlage – soll heißen: Zuerst kommt die Schauspielschule, dann kleine Rollen im Fernsehen, später größere, zuletzt nur noch Hauptrollen. Dann die eigene Show, Filmpreise, schließlich Hollywood – na ja, ohne Hollywood würde es auch gehen. Das hat sich der Erste Bürgermeister von Altötting damals in den Kopf gesetzt, so wie jetzt die Passionsfestspiele. Und sich dann darin festgebissen. Obwohl Arno ganz andere Talente hatte und auch
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