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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht
Autoren: Jerry Cotton
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abgetrennte Bereiche geteilt war.
    Wir nahmen in der großzügigen Sitzecke aus lindgrünen Ledersesseln Platz. Emmylou Banks schlug die Beine übereinander und blickte uns erwartungsvoll an.
    »Bevor ich Ihnen etwas zu trinken anbiete, Agents – dürfte ich vielleicht den Grund Ihres Besuchs erfahren?«
    Phil und ich tauschten einen kurzen Blick. Das Überbringen einer Todesnachricht gehörte zu den unangenehmsten Aufgaben unseres Berufs.
    »Leider müssen wir Ihnen eine traurige Mitteilung machen«, wandte ich mich mit ernster Miene an sie. »Ihr Mann ist tot. Passanten fanden ihn vor zwei Stunden leblos auf dem Bürgersteig, nur wenige Schritte von der Kanzlei entfernt, in der er beschäftigt war. Möglicherweise wurde er das Opfer einer Gewalttat.«
    Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie unterschiedlich Menschen auf eine solche Nachricht reagieren. Bei Emmylou Banks schien sie erst gar nicht anzukommen. Sekundenlang starrte sie mich ungläubig an, dann schüttelte sie langsam den Kopf.
    »Nein … nein … das kann nicht sein … Colin … wir haben doch noch vor zwei Stunden miteinander telefoniert … da sagte er mir …«
    Plötzlich brach sie ab, und der Ausdruck ihrer Augen veränderte sich. Irgendetwas schien ihr plötzlich klar zu werden. Etwas, das ihr ganz und gar nicht gefiel. Für einen kurzen Moment blitzte Wut in ihren schönen, grünen Augen auf. Tödlicher Hass. Dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
    »Was ist mit Colin passiert?«, fragte sie mit tonloser Stimme.
    Ich beschloss, ihr nichts von der verdächtigen Stelle am Hals zu erzählen. Es war bisher nur ein Verdacht. Möglicherweise gab es auch eine völlig harmlose Erklärung dafür.
    »Wir haben keine Spuren von Gewaltanwendung bei ihm gefunden. Es ist also durchaus möglich, dass Ihr Mann einen Herzinfarkt erlitten hat. Oder einen Schlaganfall.«
    Emmylou Banks sah mich irritiert an.
    »Aber Sie sagten doch gerade, Colin wäre ermordet worden.«
    Phil übernahm für mich. »Wir sagten: möglicherweise. Es gibt Methoden, einen Menschen umzubringen, ohne dass man dies auf den ersten Blick erkennen kann«, erklärte er behutsam. »Das Beste wird sein, wir warten das Ergebnis der Obduktion ab.«
    Emmylou Banks nickte zögernd, aber mit ihren Gedanken schien sie ganz woanders zu sein.
    »Hatte Ihr Mann Feinde, Mistress Banks? Gab es irgendjemanden, der ein Interesse an seinem Tod gehabt haben könnte?«
    Sie sah mich vollkommen verständnislos an.
    »Nein. Natürlich nicht. Colin war beliebt. Er konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Niemand wünschte ihm etwas Böses. Im Gegenteil. Er war der beste und liebste Mensch, dem ich jemals begegnet bin!«
    Jetzt konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie kramte ein Taschentuch aus den Tiefen ihres Seidenkimonos.
    Ich gab ihr noch einen Moment, sich zu beruhigen.
    »Der Fall, an dem Ihr Mann gerade arbeitete … der sogenannte Grundstückskrieg in East Harlem. Ihr Mann sollte die Interessen der Hausbewohner vertreten. Der Prozess ist auf nächste Woche angesetzt …«
    »Über seine Arbeit hat Colin nie mit mir gesprochen!«, fiel seine Witwe mir schroff ins Wort.
    »Vielleicht hat er mal einen Namen erwähnt. Jemand von der Gegenseite, der ihm besonders zugesetzt hat.«
    »Bei solchen Auseinandersetzungen wird oft mit harten Bandagen gekämpft«, assistierte mir Phil. »Wäre nicht das erste Mal, dass jemand so kurz vor dem Prozess die Nerven verliert und übers Ziel hinausschießt.«
    Aber Emmylou Banks blieb dabei. »Ich weiß nicht mehr darüber als das, was in der Zeitung steht.«
    Sie erhob sich abrupt und trat fahrig zu der mobilen Cocktailbar, die gleich neben einem niedrigen Blumentischchen stand. Kein Zweifel, das Thema war ihr unangenehm.
    »Entschuldigung, ich habe Ihnen gar nichts angeboten. Eine Cola? Ein Cream Soda? Oder lieber etwas Alkoholisches?«
    Ich erhob mich, Phil folgte meinem Beispiel.
    »Danke, wir gehen jetzt besser. Sie haben uns sehr geholfen, Mistress Banks.«
    Auf dem Weg zur Tür klingelte ihr Handy. Sie warf einen kurzen Blick aufs Display und drückte das Gespräch hastig weg.
    »Mein Friseur. Wahrscheinlich will er den Termin verlegen. Das könnte ihm so passen.«
    Das sollte flapsig klingen, aber als ich sah, wie ihre Hand zitterte, als sie das Handy wieder einsteckte, wusste ich, dass sie gelogen hatte.
    Mein Blick fiel auf einen Stapel teurer Kunstbände, die sich neben einer Säule aus Edelmetall auf dem Parkettboden
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