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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht
Autoren: Jerry Cotton
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Anwalt getippt. Er trug einen klassischen, dunkelblauen Zweireiher mit feinen grauen Nadelstreifen. Die braunen italienischen Lederschuhe waren neu und hatten mindestens 300 Dollar gekostet. Sein Gesichtsausdruck verriet noch im Tod Entschlossenheit und Siegesgewissheit. Sicher hatte er im Gerichtssaal eine gute Figur abgegeben.
    Bevor ich mich aufrichtete, fiel mir eine kleine, rote Druckstelle an der linken Halsseite auf. Ich wusste, dass es am Hals Bereiche gab, sogenannte »Todespunkte«, die bei bestimmten Nahkampftechniken eine wichtige Rolle spielten. Übte man gezielt und unerwartet starken Druck darauf aus, konnte dies zum Tod führen. Aber darum würden sich unsere Forensiker kümmern.
    Im nächsten Moment entdeckte ich ein auffälliges Zeichen auf dem Boden unmittelbar neben der Leiche. Zwei große C und ein B, merkwürdig ineinander verschlungen. Wollte Colin Banks uns damit einen Hinweis auf seinen Mörder geben?
    »Wenn Sie eine Mund-zu-Mund-Beatmung beabsichtigen, kann ich nur sagen: Sie kommen zu spät, Agent. Es sei denn, in Quantico werden jetzt auch Techniken vermittelt, Tote wieder lebendig zu machen.«
    Ich drehte mich um. Sergeant Ed Morris hatte sich in voller Größe vor uns aufgebaut. Ein vierschrötiger Kerl, gut in Form trotz unübersehbarem Bauchansatz, Glatze und einem vernarbten Gesicht, das an die Oberfläche eines von Kometen verwüsteten Planeten erinnerte. Sein Grinsen war so breit, dass ein Sattelschlepper darin bequem eine Fahrprüfung hätte ablegen können.
    Quantico war die Academy auf dem Gelände der US Marine Corps Base in Virginia, in der FBI-Agents ausgebildet wurden. Meine Zeit in Quantico lag zwar schon ein paar Tage zurück, aber ich war sicher, dass derartige Qualifikationen auch heute nicht auf dem Lehrplan standen.
    Phil und ich wechselten einen vielsagenden Blick. Typen wie Ed Morris änderten sich nie. Besser man ignorierte seinen Humor. Oder das, was er dafür hielt.
    »Was wissen Sie über Colin Banks?« fragte ich ihn ruhig.
    »Der Kerl war ein verdammter Mafia-Gangster!«, ereiferte sich Ed Morris.
    »Ich dachte, er war Anwalt?«, warf Phil ein. Was bei Sergeant Morris nur ein höhnisches Lachen hervorrief.
    »Banks stand auf der Lohnliste der Drogenbosse von Harlem bis runter nach Jersey City. Unsere Jungs haben sich den Arsch aufgerissen, um Beweismaterial gegen diese Leute zu sammeln. Aber jedes Mal, wenn wir einen von ihnen vor Gericht brachten, kam dieser Anwalt und zerpflückte es kalt lächelnd. Die Anklage fiel zusammen wie ein Kartenhaus und die Verbrecher durften das Gerichtsgebäude als freie Menschen verlassen.«
    Noch jetzt spürte man, wie sehr ihn diese Kränkungen getroffen haben mussten. Sein Gesicht hatte einen ungesunden roten Farbton angenommen.
    Ich warf einen nachdenklichen Blick zu dem toten Anwalt, der gerade von zwei Mitarbeitern der Crime Scene Unit in einen schwarzen Leichensack verfrachtet wurde.
    »Nach unseren Informationen liegt die Kooperation zwischen Colin Banks und der Drogen-Mafia einige Jahre zurück. Er soll in den letzten Jahren ins seriöse Fach gewechselt sein.«
    Über so viel Naivität konnte Ed Morris nur den Kopf schütteln.
    »Der Verein akzeptiert keine Kündigung der Mitgliedschaft. Wer einmal drin ist, bleibt für den Rest seines Lebens dabei. Absetzungsversuche enden in der Regel tödlich.«
    Ed Morris nickte uns bedeutungsvoll zu.
    »Da ist eine alte Rechnung beglichen worden. Denken Sie an meine Worte.«
    Damit wandte er sich grußlos ab und stieg in seinen Dienstwagen, der kurz darauf mit quietschenden Reifen davonfuhr.
    »Glaubst du, er liegt mit seiner Vermutung richtig?«, fragte Phil.
    »Ich denke, es ist noch zu früh, sich darüber ein Urteil zu erlauben. – Sagtest du nicht, die Kanzlei, für die er arbeitete, liegt ganz in der Nähe?«
    Auf der Fahrt hierher hatte Phil ein paar Informationenzu Colin Banks in den diversen Datenbanken gecheckt.
    » Farnsworth, Smith & Cogan . 249, Warren Street.«
    »Worauf warten wir dann noch?«
    Erst jetzt bemerkte ich den sehnsüchtigen Blick meines Partners. Er galt einem kleinen Thai-Imbiss auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    »Wie kannst du in diesem Moment bloß ans Essen denken«, tadelte ich ihn gespielt vorwurfsvoll.
    Im selben Moment knurrte mein Magen.
    ***
    Ich hatte schon einige Anwaltskanzleien gesehen, aber diese hier war anders. Der Empfangs- und Wartebereich war riesig. Mit grellbunten Stoffen bezogene Stühle, die eher an abstrakte Kunstwerke
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