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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht
Autoren: Jerry Cotton
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türmten. Ganz oben lag der Katalog einer Ausstellung mit Bildern eines gewissen Canaletto in der Galerie Mimi Blum .
    »Interessieren Sie sich für Malerei? Oder war das eine Leidenschaft Ihres Mannes?« fragte ich arglos.
    Emmylou Banks starrte mich an. Im ersten Augenblick schien sie gar nicht zu wissen, was ich meinte. Dann entdeckte sie den Stapel Bücher und Kataloge und lachte nervös auf.
    »Colin und Kunst – das passte gar nicht! Er hätte Picasso wahrscheinlich für eine Espressomarke gehalten. Ich habe ihn nie dazu bringen können, mich einmal ins Museum zu begleiten. Dabei ist die Malerei meine Leidenschaft!«
    Sie öffnete die Tür und ließ uns hinaus.
    Ich wandte mich noch einmal zu ihr um. »Eine allerletzte Frage, Mistress Banks: Haben Sie den Namen Martin Knudson schon einmal gehört?«
    Emmylou Banks starrte mich aus großen Augen an. »Nein. Wer soll das sein?«
    Aber die flammende Röte, die ihr Gesicht bei diesen Worten überzog, verriet mir, dass sie uns schon wieder angelogen hatte.
    ***
    »Diese Frau hat Angst«, resümierte Phil. »Große Angst.«
    Er biss herzhaft in den Cheese-Burger mit extra Käse, den wir auf dem Weg zurück ins Field Office besorgt hatten.
    »Außerdem hat sie gelogen«, nickte ich. »Oder hast du ihr das Märchen von dem Friseur abgekauft, der sie wegen einer Terminverlegung anruft?«
    Auch ich hatte mich mit den Klassikern einer Fastfood-Kette eingedeckt: Hamburger, Donuts und eine heiße Apfeltasche. Unser Zuckerspiegel war im Keller, und eine Verschnaufpause nach dem letzten Job, den wir gerade erst abgeschlossen hatten, schien uns nicht vergönnt.
    »Wenn es nicht der Friseur war, wer war es dann?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Keine Ahnung. Jedenfalls wollte sie in unserer Gegenwart nicht mit ihm reden. Das allein ist schon verdächtig genug.«
    Das Telefon meines Partners klingelte. Weil Phil den Mund voll hatte, nahm ich das Gespräch entgegen. Es war Dr. Drakenhart von der Forensik.
    »Janice. Hast du schon was für uns?
    Im Stillen hoffte ich immer noch, Colin Banks wäre an so etwas Profanem wie einem Herzinfarkt oder einem Blutgerinnsel im Gehirn gestorben. Aber diesen Zahn zog Janice mir mit der berufstypischen Nüchternheit, die vielen Pathologen eigen ist.
    »Kreislaufstillstand als Folge einer reflektorischen Reizung des zehnten Hirnnervs.«
    »Wie bitte?«
    »Man spricht auch von Reflextod. In diesem Fall ausgelöst durch einen gezielten Schlag auf den Erb’schen Punkt. Muss ein Profi gewesen sein.«
    Janice machte sich gerne einen Spaß daraus, uns mit ihrem medizinischen Fachchinesisch zu verwirren. Meistens mit Erfolg.
    »Der Punkt liegt an der Halsseite, gleich neben dem großen Kopfwendemuskel. Wenn du ihn exakt triffst, kann das zum sofortigen Tod des Opfers führen.«
    »Danke, Janice. Nach jedem Gespräch mit dir bin ich wieder etwas schlauer. Und wo lernt man solche Spezialgriffe?«
    »Zum Beispiel dort, wo asiatische Kampfsportarten trainiert werden.«
    Ich wollte schon auflegen, aber Janice war noch nicht fertig.
    »Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, Jerry. Aber sein ganzer Körper war tätowiert. Es gab praktisch keine freie Stelle mehr bis auf das, was man sieht, wenn man einen Anzug trägt.«
    Der Staranwalt im Nadelstreifenanzug – ein Tattoo-Freak? Das war zumindest ungewöhnlich.
    »Interessant. Irgendwelche auffälligen Motive?«
    »Hauptsächlich chinesischer Kram. Schriftzeichen, Drachen, Dämonen. Offenbar aus einer Phase seines Lebens, mit der er abschließen wollte.«
    Irgendwie musste Janice den fragenden Ausdruck auf meinem Gesicht durch die Telefonleitung gespürt haben.
    »Er wollte die Tattoos entfernen lassen. Es gibt deutliche Spuren einer Laserbehandlung. Manche Partien am Rücken sind schon fast völlig blass.«
    »Ein Mann, der seine Vergangenheit loswerden will«, sagte ich nachdenklich. »Danke, Janice, es war wie immer eine Freude, mit dir zu reden.«
    Ich legte auf und brachte meinen Partner auf den neusten Stand.
    »Klingt fast so, als bekämen wir es mit den Triaden zu tun«, bemerkte Phil wenig begeistert.
    »Nicht unbedingt«, erwiderte ich. »Asiatische Kampfsportarten kannst du heute in jedem halbwegs vernünftigen Fitnessstudio lernen.«
    »Von denen es in New York ja auch höchstens 5.000 gibt«, konterte Phil trocken. »Also, worauf warten wir noch? Checken wir die Teilnehmerlisten.«
    Ich nahm einen Schluck Kaffee aus dem Pappbecher und musterte meinen Partner nachdenklich.
    »Wer hatte ein Motiv,
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