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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht
Autoren: P. G. Wodehouse
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umgeben zu sein, die die Metropole zu bieten hat –, aber ich wußte, daß bei Tisch so manches neckische Brotkügelchen geworfen würde, und ich war ganz einfach nicht in der Stimmung für herumfliegende Backwaren. Deshalb änderte ich kurz entschlossen meine Pläne und bat den Fahrer, mich zum nächsten türkischen Bad zu bringen.
    In einem türkischen Bad lasse ich mir gerne Zeit, und es war deshalb schon ziemlich spät, als ich in meine Wohnung zurückkehrte. Ich hatte tatsächlich im Ruheraum zwei oder drei Stündchen geschnurchelt, was zusammen mit dem ausgiebigen Schwitzen im Dampf und dem Eintauchen ins eisige Wasser dazu geführt hatte, daß die Lebensgeister in mir wieder erwacht waren. Als ich die Wohnungstür aufschloß und zum Wohnzimmer ging, lag auf meinen Lippen ein ausgelassenes »Tralala«.
    Aber schon im nächsten Moment erhielt ich einen gewaltigen Dämpfer, als ich auf dem Wohnzimmertisch einen Stapel Telegramme entdeckte.

2
    Ich weiß nicht, ob Sie dabei waren, als ich von meinen früheren Erlebnissen mit Gussie Fink-Nottle erzählte – es könnte ja sein, daß Sie damals gerade anderweitig beschäftigt waren –, aber wenn Sie dabei waren, dann werden Sie sich sicher noch erinnern, daß das Tohuwabohu seinerzeit auch mit einer Flut von Telegrammen begann, und deshalb werden Sie verstehen, daß ich diese vielen Depeschen mißtrauisch beäugte. Seit damals wirken Telegramme, besonders wenn sie in größerer Zahl eintreffen, auf mich immer alarmierend.
    Auf den ersten Blick war es mir so vorgekommen, als lägen da ungefähr zwanzig von diesen Dingern, aber genauere Nachforschungen ergaben, daß es sich nur um drei handelte. Sie waren alle in Totleigh-in-the-Wold aufgegeben worden, und alle stammten sie vom selben Absender.
    Sie lauteten folgendermaßen.
    Das erste:
     
    Wooster
    Berkeley Mansions
    Berkeley Square
    London
     
    Sofort kommen. Krach mit Madeline. Erbitte Antwort.
    Gussie
     
    Das zweite:
     
    Verstehe nicht, wieso keine Antwort auf Telegramm mit Text: Sofort kommen, Krach mit Madeline. Erbitte Antwort.
    Gussie
     
    Und das dritte:
     
    Sag mal, Bertie, warum beantwortest du meine Telegramme nicht? Habe dir schon zwei geschickt, in denen stand: Sofort kommen. Krach mit Madeline. Wenn du nicht schnellstens kommst und vermittelst, wird Hochzeit abgeblasen. Erbitte Antwort.
    Gussie
     
    Ich sagte vorhin, nach meinem Besuch im türkischen Bad habe sich bei mir mens sana wieder in corpore sano befunden. Aber kaum hatte ich diese dramatischen Depeschen gelesen, da bekam ich auch schon einen Rückfall. Mir waren die Dinger ja gleich unheimlich gewesen. Bereits beim Anblick der Umschläge hatte mir eine innere Stimme warnend zugeraunt, jetzt gehe es vermutlich gleich wieder los – und tatsächlich, nun ging es wieder los!
    Der vertraute Klang meiner Schritte hatte Jeeves aus den entfernteren Gemächern herbeischweben lassen. Er erfaßte sofort, daß mit seinem jungen Herrn und Meister etwas nicht stimmte. »Fühlen Sie sich nicht wohl, Sir?« erkundigte er sich besorgt. Ich ließ mich in einen Sessel fallen und fuhr mir mit schlaffer Hand über die Stirn. »Nein, Jeeves, ich fühle mich miserabel. Hier, lesen Sie.«
    Er warf einen Blick erst aufs Telegraphierte und dann auf mich, und der Ausdruck aufrichtigen Mitgefühls in seinen Augen sagte mir, daß er sich um das Befinden seines Prinzipals Sorgen machte.
    »Höchst beunruhigend, Sir.«
    Seine Stimme klang ernst. Ich merkte gleich, daß er verstanden hatte. Die Bedeutung dieser unheilschwangeren Telegramme war ihm ebenso klar wie mir.
    Wir sprechen natürlich nicht über diese Dinge, denn das hieße, hinter dem Rücken einer Dame schlecht über sie zu reden, aber Jeeves ist über die Einzelheiten der Bassett-Wooster-Affäre genauestens im Bilde und weiß, welche Gefahr mir aus Richtung Bassett dräut. Ihm brauchte ich nicht erst zu erklären, weshalb ich mir jetzt eine Beruhigungszigarette ansteckte und dabei meinen herabgesunkenen Unterkiefer nur mit Mühe wieder in seine Normalstellung hievte.
    »Was da wohl dahintersteckt, Jeeves?«
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis, Sir.«
    »Er schreibt, daß es mit dem Heiraten möglicherweise nichts wird. Aber warum? Wenn ich das nur wüßte.«
    »Gewiß, Sir.«
    »Sie wüßten das bestimmt auch gerne, oder?«
    »Gewiß, Sir.«
    »Ich finde das ziemlich rätselhaft, Jeeves.«
    »Es ist zweifellos höchst rätselhaft, Sir.«
    »Mit Sicherheit läßt sich nur sagen, daß Gussie mal wieder auf
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