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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht
Autoren: P. G. Wodehouse
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erst einmal dafür zu rüffeln, daß ich zu so später Stunde noch im Bett läge und, wie sie es in ihrer unverblümten Art ausdrückte, schnarchte wie ein Faultier.
    »Ich habe mitnichten wie ein Faultier geschnarcht«, wies ich sie zurecht, »und ich bin sogar schon ein Weilchen wach. Um genau zu sein: Ich wollte gerade mein Frühstück einnehmen. Du wirst mir dabei doch hoffentlich Gesellschaft leisten? Gegen Spiegeleier mit Speck hast du sicher nichts einzuwenden, und wenn du einen Räucherhering möchtest, mußt du’s nur sagen.«
    Bei diesen Worten stieß sie ein heftiges Schnauben aus, das mich vor vierundzwanzig Stunden noch völlig entnervt hätte. Sogar jetzt wirkte es auf mich wie eine dieser verheerenden Gasexplosionen, von denen man gelegentlich in den Zeitungen liest.
    »Spiegeleier! Räucherhering! Was ich jetzt brauche, ist ein Brandy mit Soda! Jeeves soll mir einen bringen, und wenn er das Sodawasser vergißt, ist mir’s auch recht. Bertie, es ist etwas Furchtbares geschehen.«
    »Komm, du zitternde Espe, wir verziehen uns lieber ins Eßzimmer«, sagte ich. »Dort sind wir ungestört. Jeeves wird hier nämlich gleich meine Sachen packen.«
    »Willst du verreisen?«
    »Nach Totleigh Towers. Ich erhielt ein sehr beunruhigendes …«
    »Totleigh Towers? Na, so was! Ich wollte dir gerade sagen, daß du dort gefälligst sofort hinfahren sollst.«
    »Wie bitte?«
    »Es geht um Leben und Tod.«
    »Was meinst du damit?«
    »Das wirst du gleich hören.«
    »Dann komm mit ins Eßzimmer und erzähle. – So, du Meisterin der geheimnisvollen Andeutung«, sagte ich, als Jeeves uns das original englische Breakfast vorgesetzt und sich wieder zurückgezogen hatte, »nun schieß mal los.«
    Ein paar Sekunden herrschte Stille, in der nur das Gluckern eines Brandy Soda in einer Tantenkehle und mein Schlürfen an der Kaffeetasse zu hören waren. Dann setzte sie ihr Glas ab und holte tief Luft.
    »Bertie«, sagte sie, »ich möchte zunächst ein paar Worte über Sir Watkyn Bassett, C. B. E., sagen. Mögen Blattläuse seine Rosenstöcke befallen! Möge seine Köchin sich am Abend des großen Diners sinnlos betrinken! Mögen seine Hühner allesamt den Pips kriegen!«
    »Hat er denn Hühner?« fragte ich interessiert.
    »Möge seine Sickergrube überlaufen und mögen Termiten, falls es in England welche gibt, die Fundamente von Totleigh Towers aushöhlen! Und wenn er seine Tochter Madeline zum Traualtar führt, um sie diesem Kamel Spink-Bottle zur Frau zu geben, dann soll er einen Niesanfall bekommen und ohne Taschentuch dastehen!«
    Sie machte eine Pause. Ich fand, daß das zwar alles sehr markig klang, aber irgendwie völlig unklar war.
    »Schön«, sagte ich. »Ich bin ja ganz auf deiner Seite, aber was hat er denn getan?«
    »Was er getan hat? Du erinnerst dich doch an das Sahnekännchen?«
    Ein Zittern überlief mich, während ich in meinem Spiegelei herumstocherte.
    »Und ob! Ich werde es nie vergessen. Ob du’s glaubst oder nicht, Tante Dahlia, aber der Zufall wollte es, daß ich in diesem Laden genau diesen Bassett traf …«
    »Das war kein Zufall! Er ist dort hingegangen, um sich das Ding anzusehen und festzustellen, ob es wirklich so einmalig sei, wie Tom behauptet hat. Denn – es ist einfach nicht zu fassen, Bertie – dieser Trottel von deinem Onkel hat dem Kerl von dem Kännchen erzählt. Dabei hätte er doch wissen müssen, daß dieser Halunke irgendeinen teuflischen Plan aushecken würde, um ihm zuvorzukommen. Das hat er dann auch prompt getan. Gestern mittag war Tom mit Sir Watkyn Bassett in dessen Club zum Essen. Auf der Speisekarte stand kalter Hummer, und dieser Machiavelli hat ihn verführt, davon zu essen.«
    Ungläubig sah ich sie an.
    »Willst du damit etwa sagen«, fragte ich, denn ich wußte, daß Onkel Toms Magen ein hochempfindliches und äußerst störanfälliges Organ ist, »daß er Hummer gegessen hat? Nach allem, was letzte Weihnachten passiert ist?«
    »Dieser Unmensch hat ihn offenbar dazu gebracht, nicht nur pfundweise Hummer zu verzehren, sondern auch noch ganze Kübel von Gurkenscheiben zu verschlingen. Nach dem, was er mir heute früh erzählte – als er gestern abend heimkam, konnte er nur ächzen –, hat er anfangs noch versucht, sich zu wehren. Er blieb fest und standhaft. Aber die Umstände waren gegen ihn. In Bassetts Club gibt es anscheinend in der Mitte des Speisesaals ein Büffet, das man ständig vor Augen hat, egal, wo man sitzt.«
    Ich nickte.
    »Im Drones Club ist das
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