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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht
Autoren: P. G. Wodehouse
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würde ich mich gerne einmal mit Ihnen unter vier Augen unterhalten.«
    Die beiden entfernten sich, und ich blieb allein zurück.
    Ich gebe zu, daß ich das Drehen des Schlüssels im Schloß mit gemischten Gefühlen vernahm. Einerseits war es ja ganz nett, mein Zimmer mal eine Weile für mich allein zu haben. Aber andererseits war der Preis dafür der, daß ich mich quasi in Einzelhaft befand, aus der es kein Entkommen zu geben schien.
    Natürlich war mir dieser Zustand nicht ganz fremd, denn seinerzeit in der Bosher Street hatte ich auch mit anhören müssen, wie man hinter mir Schloß und Riegel vorlegte. Aber damals hatte ich mich wenigstens mit dem Gedanken trösten können, daß ich mit einer Verwarnung von der Richterbank oder schlimmstenfalls, wie es dann der Fall war, mit einem Griff ins Portemonnaie davonkommen würde. Anders als jetzt mußte ich nicht damit rechnen, beim Morgengrauen für dreißig Tage in ein Kittchen eingesperrt zu werden, in dem ich kaum erwarten konnte, nach dem Aufwachen die gewohnte Tasse Tee serviert zu bekommen.
    Auch die Gewißheit, unschuldig zu sein, war mir kein Trost, und es half mir wenig, daß Stiffy Byng mich mit Gregory Peck verglichen hatte. Ich war dem Mann zwar nie persönlich begegnet, aber vermutlich gehörte er zu denen, die einem Mädchen keinen Wunsch abschlagen können, und wenn einer so was tut, dann ist er für mich ein Riesenkamel. In dieser Hinsicht bestand also zwischen Gregory Peck und Bertram Wooster wirklich kein Unterschied. Einer war so dämlich wie der andere.
    Ich ging zum Fenster und sah hinaus. Da Wachtmeister Oates den Auftrag, während der Nachtstunden Wache zu stehen, ohne großen Enthusiasmus aufgenommen hatte, hoffte ich im stillen, er könnte, sobald er sich dem Blick des Großen Bruders entzogen hatte, heimlich davongeschlichen sein, um eine Runde zu schlafen. Aber nein – da unten latschte er auf dem Rasen herum, ein Muster an Pflichterfüllung und Wachsamkeit. Gerade war ich zum Waschbecken gegangen, um ein Stück Seife zu holen, mit dem ich nach ihm werfen könnte, um meinem Groll Luft zu machen, da hörte ich ein Rütteln an der Tür.
    Ich ging hinüber und gab Laut. »Hallo?«
    »Ich bin es, Sir. Jeeves.«
    »Ah, hallo, Jeeves.«
    »Ihre Tür ist anscheinend zugeschlossen, Sir.«
    »Und das scheint nicht nur so, Jeeves. Das ist eine Tatsache. Papa Bassett hat mich eingesperrt und den Schlüssel mitgenommen.«
    »Sir?«
    »Ich stehe unter Arrest.«
    »Tatsächlich, Sir?«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich sagte: ›Tatsächlich, Sir?‹«
    »Ach so. Ja. Tatsächlich. Und ich will Ihnen auch sagen, warum.«
    Ich gab ihm einen kurzen Abriß der jüngsten Ereignisse. Da uns die Tür trennte, konnte ich nichts Genaues hören, aber ich glaube, daß mein Bericht ihn zu einem sorgenvollen »Ts, ts« veranlaßte.
    »Das ist sehr bedauerlich, Sir.«
    »Ja, das ist es. Und was gibt’s bei Ihnen Neues, Jeeves?«
    »Ich habe mich bemüht, Mr. Spode ausfindig zu machen, Sir, aber er befindet sich zur Zeit auf einem Spaziergang in der Umgebung. Mit seiner Rückkehr ist jedoch in Kürze zu rechnen.«
    »Na, jetzt brauchen wir ihn ja nicht mehr. Die Dinge haben sich so rasend schnell entwickelt, daß wir den Punkt, an dem uns Spode hätte nützlich sein können, schon weit überschritten haben. Haben Sie sonst noch irgendwelche Neuigkeiten?«
    »Ich habe ein paar Worte mit Miss Byng gewechselt, Sir.«
    »Mit der würde ich auch gerne mal ein Wörtchen reden. Was hat sie gesagt?«
    »Die junge Dame war sehr verstört, Sir. Sir Watkyn hat ihr die Verbindung mit Hochwürden Pinker untersagt.«
    »Du lieber Himmel, Jeeves! Wieso das denn?«
    »Es hat offenbar Sir Watkyns Unmut erregt, daß Mr. Pinker durch seine Handlungsweise dazu beigetragen hat, daß der Dieb des Sahnekännchens entkommen konnte.«
    »Warum sagen Sie ›der Dieb‹?«
    »Aus taktischen Erwägungen, Sir. Wände haben Ohren.«
    »Ach ja, ich verstehe. Sehr clever, Jeeves.«
    »Danke, Sir.«
    Ich dachte ein Weilchen über diese jüngsten Entwicklungen nach. Zweifellos gab es zu dieser späten Stunde allerhand Herzeleid in Gloucestershire, und mich beschlich ein gewisses Mitgefühl. Obwohl ich meine derzeitige unangenehme Lage einzig und allein Stiffy zu verdanken hatte, war ich dieser Person doch wohlgesonnen, und es tat mir leid, daß man ihr so übel mitspielte.
    »Da hat dieser alte Knilch also nicht nur bei Gussie quergeschossen, sondern auch noch Stiffys Romanze platzen lassen. Der
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