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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht
Autoren: P. G. Wodehouse
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erwiesen.«
    Wieder warf er mir durch seinen Kneifer einen bösen Blick zu. Ich kann mich nicht erinnern, schon mal einem Mann begegnet zu sein, dessen Blicke mir unsympathischer waren.
    »Sie werden vielleicht noch wissen, Mr. Wooster, daß ich Ihnen im Verlauf unserer Unterredung in der Bibliothek sagte, ich nähme diese Angelegenheit sehr ernst. Ich erklärte Ihnen, daß es mir unmöglich sei, Ihrem Vorschlag zu entsprechen und es bei einer Geldstrafe von fünf Pfund bewenden zu lassen wie seinerzeit bei dem Prozeß im Polizeigericht Bosher Street, als Sie wegen eines ähnlichen Verstoßes gegen die Rechtsordnung zur Rechenschaft gezogen wurden. Der dreiste Überfall auf Polizeiwachtmeister Oates, so versicherte ich Ihnen, könne nur durch eine Haftstrafe geahndet werden, und ich sehe keine Veranlassung, diese Entscheidung jetzt zu revidieren.«
    Seine Verlautbarung fand ein unterschiedliches Echo. Eustace Oates war davon offenkundig sehr angetan. Mit einem kurzen, zustimmenden Lächeln blickte er von seinem Helm auf, und wenn ihn seine eiserne Selbstdisziplin nicht daran gehindert hätte, wäre er sicherlich in Jubelrufe ausgebrochen. Tante Dahlia und ich dagegen nahmen eine ablehnende Haltung ein.
    »He! Moment mal. Augenblickchen, Sir Watkyn. Hören Sie«, wandte sie ein. Wenn es darum geht, die Interessen unseres Clans zu verteidigen, ist sie stets auf dem Quivive. »Das können Sie doch nicht tun!«
    »Ich kann, Madam, und ich werde es tun.« Er wedelte mit der Hand in Eustace Oates’ Richtung. »Wachtmeister!«
    Er brauchte gar nicht hinzuzufügen: »Nehmen Sie diesen Mann fest!« oder: »Walten Sie Ihres Amtes!«. Der Polizist hatte sofort kapiert und kam eilfertig angestapft. Ich dachte schon, gleich würde er mir die Hand auf die Schulter legen oder die Handschellen zuschnappen lassen, aber das tat er nicht. Er baute sich neben mir auf, als wollte er mit mir ein Duett singen, und blieb dort pausbäckig stehen.
    Tante Dahlia fuhr fort, Einwände zu erheben und für mich eine Lanze zu brechen.
    »Wie können Sie nur jemanden zu sich einladen und ihn dann, kaum daß er über Ihre Schwelle getreten ist, in den Kerker werfen! Wenn man das in Gloucestershire unter Gastfreundschaft versteht, dann kann ich nur sagen: armes Gloucestershire!«
    »Nicht ich habe Mr. Wooster eingeladen, sondern meine Tochter.«
    »Das ist doch Wurst! Versuchen Sie bloß nicht, sich herauszureden. Er ist Ihr Gast, und er hat an Ihrer Tafel gespeist. Und da wir gerade davon reden: ich habe schon besser gespeist als an Ihrer Tafel.«
    »Ach, wirklich?«
    »Jawohl. Die Suppe war versalzen.«
    Papa Bassett machte eine bedauernde Handbewegung.
    »Es tut mir leid, wenn mein Koch Anlaß zu Beanstandungen gegeben hat. Möglicherweise werde ich ihn in Kürze durch einen andern ersetzen. Aber um zu unserem Ausgangspunkt zurückzukommen: Mr. Wooster ist vorläufig festgenommen, und morgen werde ich die nötigen Schritte unternehmen, um …«
    »Und wo bleibt er heute nacht?«
    »Wir haben im Dorf ein kleines, aber zweckdienliches Polizeirevier, dem Wachtmeister Oates vorsteht. Oates wird ihm sicherlich Quartier geben können.«
    »Sie wollen den Ärmsten doch nicht etwa zu schlafender Nachtzeit in ein Polizeirevier schleppen lassen? Das mindeste, was man erwarten kann, ist doch, daß Sie ihm gestatten, in einem anständigen Bett zu übernachten.«
    »Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Man ist ja kein Unmensch. Sie werden also bis morgen früh in diesem Zimmer bleiben, Mr. Wooster.«
    »Oh, danke.«
    »Ich werde die Tür abschließen …«
    »Oh, bitte.«
    »… und den Schlüssel mitnehmen.«
    »Oh, gewiß.«
    »Und Wachtmeister Oates wird während der Nacht unter Ihrem Fenster patrouillieren.«
    »Jawoll, Sir!«
    »Dadurch werden wir verhindern, daß weiterhin wer weiß was aus Mr. Woosters Fenster nach draußen gelangt. Am besten beziehen Sie jetzt gleich Posten, Oates.«
    »Jawoll, Sir!«
    In der Stimme des Polizeibeamten lag ein Unterton stillen Leidens, und man merkte, daß die Zufriedenheit und Schadenfreude, mit der er die Entwicklung der Ereignisse bisher verfolgt hatte, verflogen war. Hinsichtlich des Acht-Stunden-Schlafs hegte er anscheinend ganz ähnliche Ansichten wie Tante Dahlia. Er salutierte bekümmert und verließ den Raum ziemlich niedergeschlagen. Zwar hatte er nun seinen Helm wieder, aber man hatte den Eindruck, als ob er sich fragte, ob Helme denn wirklich das Wichtigste im Leben seien.
    »Und nun, Mrs. Travers,
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