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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem
Autoren: Oliver Buslau
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Tag später aus Salzburg kam als ich, damit er ein Alibi hat. Er ist erst am Samstagmittag mit der Maschine gelandet, ich kam schon einen Tag früher.«
    »Und Sie sind mit dem Bus frühmorgens von Köln nach Wermelskirchen-Tente gefahren, haben sich auf dem alten Bahndamm versteckt. Sie wussten, wo sich der Schlüssel zum Haus befand, sodass Sie den Autoschlüssel und das Messer holen konnten …«
    »Reinhold Hackenberg schlief noch. Ich hörte ihn in seinem Zimmer schnarchen. Ich wusste, wann Klara Hackenberg hinunter nach Altenberg fahren würde. Ich holte das Messer und den Schlüssel und fuhr ihr in seinem Wagen nach.«
    »Und dann haben Sie sie getötet.«
    Sie nickte leicht. Ihr Blick zeigte kein Bedauern.
    »Anschließend hatten Sie die Nerven, den Wagen zurück zum Haus in Tente zu fahren und dort wieder abzustellen?«
    »Er ist nicht dorthin geflogen.«
    Wir schwiegen eine Weile.
    »Was haben Sie eigentlich damit gemeint, als Sie von Ihren Plänen für die Zukunft sprachen?«, fragte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wir sind alt, Herr Rott. Wir wollten Schluss machen mit der Agentur. Wir wollten reisen. Nicht immer nur beruflich. Auch einmal aus Freude. Wir wollten …«
    Sie brach ab. Tränen schimmerten in ihren Augen.
    »Die Karibik?«, fragte ich und dachte an Wonne, die mir davon berichtet hatte. Jäh brandete der Schmerz wieder auf.
    »Ja, die Karibik«, sagte sie. »Zum Beispiel.«
    »Aber Sie hätten doch mit Ihrem Mann gehen können … Ich meine, warum haben Sie ihn getötet?«
    »Er war es nicht wert.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine, dass er in mir plötzlich nur noch Ekel auslöste. Können Sie das nicht verstehen? Mich widerte das an. Er machte ewig mit jungen Frauen herum. Das fing schon kurz nach unserer Hochzeit an. Er hat mehrere uneheliche Kinder. Mittlerweile kommen junge Mädchen zu ihm und glauben, dass er ihr Vater ist. Zuletzt kam diese junge Frau, Ihre Freundin, Wonne …«
    Sie wusste es also. Und hatte mir bei unserem Gespräch perfekt etwas vorgespielt.
    »Ist denn etwas daran?«
    »Das weiß ich nicht, und ich will es auch gar nicht wissen. Aber ich weiß, dass mein Mann mich über Jahre mit allen möglichen Frauen betrogen hat. Ich fühlte mich plötzlich so … benutzt. Ich hatte seinetwegen einen Mord begangen. Als ich heute Morgen im Hotel saß, wurde mir das klar. Als hätte jemand einen Vorhang zur Seite gezogen. Von nun an würden wir beide an diesem Mord schuldig sein. Er würde unsere Ehe noch mehr belasten. Ich würde auf eine ganz neue Art von meinem Mann abhängig sein. Dieses Gefühl lähmte mich.«
    Jetzt bildete ich es mir nicht mehr ein, jetzt liefen die Tränen tatsächlich. Etwas in ihr war aufgebrochen. Sie weinte hemmungslos.
    »Ich hatte mich so auf diese Zeit der Freiheit gefreut. Der Besuch Ihrer Freundin hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich stellte ihn zur Rede - fragte ihn, wie viele Sprösslinge da draußen noch herumliefen, für die er die Vaterschaft übernehmen würde. Und er verspottete mich. Ich stellte ihn zur Rede, fragte, was mit den anderen Frauen gewesen sei, und da sagte er zu mir, während er seelenruhig seinen Koffer packte: ›Die anderen sind eben besser als du. Du hast es nicht geschafft, aus mir einen Star zu machen. Aber die anderen schaffen es wenigstens, meinen Schwanz nach oben zu kriegen.‹ Können Sie sich das vorstellen? Diese gossenhafte Ausdrucksweise. Die hat er immer wieder mal an den Tag gelegt, wenn er betrunken war … aber im nüchternen Zustand hatte er noch nie so mit mir gesprochen. Und mit einem Mal überlagerte sich das alles - das Bild von dieser Gabriele und der Hass auf ihn, der keinen Deut besser war als diese primitive Person. Ich hatte endlich begriffen, dass auch er aus dem Sumpf der Gesellschaft stammte, und mir wurde klar, wie wenig Zeit mir nur noch bleibt… und in diesem Moment habe ich mich von ihm befreit. Ob Sie es glauben oder nicht - ich kann mich nicht erinnern, wie es passiert ist. Eben hatte er sich noch über das Bett gebeugt, um seinen Koffer zu schließen - und im nächsten Moment lag er tot auf dem Boden. Und ich spürte eine unglaubliche Befreiung … Ich dachte, dass mich nie im Leben jemand verdächtigen würde. Ich bin seelenruhig nach unten gegangen und habe so getan, als würde ich in der Bar auf ihn warten.«
    Die Tür öffnete sich. Ein Uniformierter kam herein und legte ein Blatt Papier auf den Tisch. »Von Hauptkommissar Kotten«, sagte er und ging wieder.
    Ich
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