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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem
Autoren: Oliver Buslau
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und wirkte gefasst. Eine Welle von unbändigem Hass packte mich.
    Man schlägt keine älteren Damen, sagte mir mein besseres Ich, aber diese hier hatte auf Wonne geschossen. Nachdem sie auf sie eingedroschen hatte.
    Es kostete mich einige Sekunden tiefen Durchatmens, bis ich mich wieder im Griff hatte.
    Ich setzte mich.
    »Na, Herr Rott? Probleme?«
    Mit einem Mal wurde mir klar, dass sie darauf aus war, mich zu reizen. Sie wollte, dass ich auf sie losging. Vielleicht als letzte Möglichkeit, mir zu schaden.
    »Ich werde mich nicht zu dem hinreißen lassen, was Sie sich vorstellen«, sagte ich.
    »Was stelle ich mir denn vor?«
    »Wonne wird durchkommen. Sie wird gegen Sie aussagen. Meine Aussage hat die Polizei schon.«
    »Wonne?« Sie schüttelte belustigt den Kopf. »Die Frau heißt Wonne? Haben Sie was mit ihr? Sie haben was mit Wonne - mein Gott, ist das komisch.« Sie kicherte vor sich hin.
    »Wenn Sie fertig gelacht haben, können Sie mir ja erzählen, warum Sie das getan haben.«
    »Und wenn ich das nicht tue?«
    »Sie wollen eine Aussage machen, Frau Weißenburg. Ich hätte nichts dagegen, nach Hause zu gehen.«
    Sie wurde ernst. Sie schien endlich begriffen zu haben.
    »Es ist vorbei, nicht wahr?«
    »Seit wann wissen Sie, dass Ihr Mann Gabriele Scherf getötet hat?«
    Sie senkte den Blick. Sie wirkte, als würde sie sich sammeln.
    »Also gut«, sagte sie. »Ich erzähle es Ihnen. Letztes Jahr war Klara Hackenberg bei uns und hat mit Siegfried gesprochen. Ich habe mir erst nichts dabei gedacht, aber ihn hat dieser Besuch schrecklich aufgeregt, und schließlich habe ich es nach und nach aus ihm herausbekommen. Damals glaubte ich, dass unsere Ehe in Ordnung sei, und habe ihn in Schutz genommen. Er hat mir beteuert, dass Gabriele ihn reingelegt hatte. Sie kam einfach nach dem Konzert zu ihm und eröffnete, dass sie mit ihm nach Salzburg gehen wollte. Sofort, verstehen Sie? Als er ihr zu verstehen gab, dass das nicht ginge, hat sie gesagt, dass sie schwanger sei. Er hat trotzdem versucht, die Sache gütlich zu regeln, mit ihr zu sprechen. Er hat ihr vorgeschlagen, sie finanziell zu unterstützen. Er wollte die Trennung. Er konnte sie in Salzburg nicht gebrauchen.«
    »Ist mir klar. Weil er schon mit Ihnen zusammen war. Und Sie ihm seine Karriere bahnen sollten.«
    »Und weil dieses einfache Mädchen nicht in die Salzburger Gesellschaft gepasst hätte. Da geht es um Hochkultur. Wie sieht denn das aus, wenn ein gefeierter Künstler mit so einem einfachen Ding … Nein, vollkommen ausgeschlossen.«
    »Und da ermordet man das einfache Ding eben, auch wenn sie einen liebt?«
    »Pah, Liebe … Die war doch nur auf ihren Vorteil aus.«
    Ich unterdrückte den Zorn, der in mir aufstieg. Einen Moment lang dachte ich, er würde überkochen, doch dann sagte ich mir, dass man mit Hermine Weißenburg nur noch Mitleid haben konnte.
    »Frau Hackenberg ließ also nicht locker.«
    »Mir war klar, dass sie unsere Zukunft komplett zerstören konnte, wenn sie herausfinden sollte, was passiert war.«
    »Hat sie Ihrem Mann von ihrer Gewohnheit erzählt, morgens zum Dom zu gehen und dabei den Weg an der Dhünn entlang zu nehmen? Oder wie haben Sie davon erfahren?«
    »Nicht nur das. Sie müssen sich das so vorstellen: Da ist auf der einen Seite der ehemals bekannte Tenor, auf der anderen Seite diese vertrocknete Alte, die sich darüber freut, sich einmal mit jemandem über ihre Probleme unterhalten zu können. Sie hat meinem Mann alles Mögliche erzählt. Details über das Haus. Von den Schwierigkeiten mit ihrem Sohn. Die Verbindung ihres Sohnes zu diesem Büchel. All die Kämpfe, die sie mit dem missratenen Sprössling zu bestehen hatte. Es brach nur so aus ihr heraus. Sie kam gar nicht auf die Idee, dass Siegfried etwas mit dem Verschwinden von Gabriele zu tun haben könnte. Im Gegenteil - sie hat Siegfried bewundert. Sie hat es genossen, mit dem berühmten Künstler zu plaudern, der so herrlich Kirchenmusik singen konnte. Sie haben sich sehr nett unterhalten …«
    »Aber dann war sie ja gar keine Gefahr.«
    »Oh doch. Ich kenne diese Sorte Frauen. Am Ende ihres Lebens entwickeln sie eine Kraft, die einem Angst machen kann. Es war nur eine Frage der Zeit. Das wurde mir sofort klar, nachdem sie wieder weg war. Man musste diese Frau nur einmal ansehen, dann wusste man gleich, woran man war. So etwas Verknöchertes …«
    »Haben Sie Ihren Plan mit Ihrem Mann abgesprochen?«
    »Natürlich. Wir haben es sogar so gedreht, dass er einen
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