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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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alles nur mickrige Jobs. So gesehen – jetzt muss sie sich nicht mehr abrackern. Sie wird auch älter. Wenn es nur diesmal hält, aber … Ach was. Nein, so will ich nicht denken. Das ist ja jämmerlich, dass ausgerechnet ich so denke. Trotzdem. Wenn sie diesmal geschieden wird, der kann wenigstens was zahlen.
    Ich hab mein Leben lang gearbeitet. Ich wüsste gar nicht, wie ich ohne meine Arbeit über die Runden kommen sollte. Ich brauche die Bibliothek, und die da brauchen mich. Jetzt die Lesung, keiner hat das mit der Organisation so im Griff wie ich. Die sind alle zu jung, zu unmotiviert, oder dick und dumm und faul wie Christa. Christa sitzt immer nur und frisst. Mich wollen sie pensionieren, weil ich das Alter hätte – Christa ist zwölf Jahre jünger, aber die tut nichts, nichts. Die sollten sie rausschmeißen, nicht mich.
    Rausschmeißen lass ich mich sowieso nicht. Ich geh weiter hin, die brauchen mich doch. Soll Christa den Martin begrüßen? Ich mein, ich seh es schon. Mit Streuselkuchen in der Hand, kauend. Die hat doch nicht mal ein Buch von ihm gelesen, die kennt ihn nur aus dem Computer.
    Früher war es viel schöner, als es noch Karteikarten gab. Ich hab das so geliebt, für jedes Buch ein Kärtchen, und hinten konnte man sehen, wie oft es ausgeliehen worden ist. Heute hockt man vor diesem Computer. Und wenn jetzt noch das E-Book kommt – du lieber Himmel! Jaja. Die neue Zeit. Ich scheiß doch auf die neue Zeit. Wieso ist neu immer automatisch gut?
    Ach, ich hab einfach schlechte Laune. Das Wetter. Das Alter. Alles. Ich fühl mich müde und angestrengt, aber das darf ich keinem sagen, Lore ist doch immer so stark, Lore schafft doch immer alles, und Harry muss ich das auch vorspielen, sonst lässt der sich noch mehr hängen. Harry ist so mürrisch geworden. So muffig, so gegen alles. Manchmal hab ich so eine Wut auf ihn. Jetzt wieder, wegen der Hochzeit. Was für ein Theater, was für zermürbende Diskussionen und wozu das alles? Am Ende fährt er ja doch mit. Mir graut vor dieser Hochzeit. Mir doch auch. Aber das ist auch so was, was ich nicht sagen darf. Schon gar nicht zu Harry.

    *

    »Harry, ich freu mich richtig auf die Hochzeit, weißt du.«
    »Du hast sie ja nicht alle. Was freut dich denn da?«
    »Ach, vielleicht wird es ein schönes Fest. Vielleicht ist ja alles wunderbar.«
    »Man kann sich alles schönreden.«
    »Aber du fährst mit, oder? Du lässt mich da doch nicht allein?«
    »Ich weiß es nicht, Lore. Ich will morgen mal mit Gloria telefonieren, mal die Stimmung testen.«
    »Mach’ s doch heute.«
    »Heute kann ich nicht.«
    »Wieso kannst du heute nicht?«
    »Ich spiele heute Golf mit Ede, und da will ich mir die Laune nicht verderben lassen.«
    »Ach, du weißt also schon von vornherein, dass dir ein Telefongespräch mit unserer Tochter die Laune verdirbt, ja?«
    »Bitte, Lore.«
    »Ist doch wahr. Du machst einem alles kaputt, weißt du das?«
    »Was mach ich denn jetzt kaputt?«
    »Alles. Meine Laune.«
    »Du hast schon den ganzen Morgen schlechte Laune. Ich geh aber gleich, dann kannst du in Ruhe brummeln.«
    »Ich hab keine schlechte Laune. Ich ärger mich.«
    »Wieso, worüber? Ich schon wieder?«
    »Ich ärger mich, weil ich dir extra gesagt habe, dass heute die Lesung ist. Du könntest ruhig mal mitkommen. Aber nein, Golf spielen. Golf! Wenn uns das damals jemand gesagt hätte. Golf. Harry spielt Golf.«
    »Was für eine Lesung?«
    »Na, in der Bibliothek. Heute liest Martin.«
    »Was für ein Martin?«
    »Mein Gott, was für ein Martin, was für ein Martin. Walser.«
    »Walser? Was liest der?«
    »Sein neues Buch. Du kennst ja nicht mal die alten. Du liest ja gar nicht mehr. Golf!«
    »Ein flüchtiges Pferd hab ich neulich …«
    »Fliehendes.«
    »Ein fliehendes Pferd. Kenn ich, hab ich neulich gelesen.«
    »Das ist Jahrzehnte her.«
    »Na und, seit wann spielt es eine Rolle, wie alt ein Buch ist?«
    »Du liest nicht, du interessierst dich nicht, du verblödest.«
    »Ach, ich verblöde. Na dann. Wenn du nur gescheit bist und immer alles weißt.«
    »Du liest nicht. Das stimmt nun mal.«
    »Ich lese jeden Tag die Zeitung.«
    »Ja, den Sport – das ist kein Lesen.«
    »Doch. Außerdem lese ich nicht nur den Sport, sondern auch die Politik. Und ich treibe Sport.«
    »Golf.«
    »Kannst du vielleicht mal damit aufhören, dich auf dieses dämliche Golf einzuschießen?«
    »Jetzt sagst du selbst, dass es dämlich ist.«
    »Ich bin mit Ede an der frischen Luft, das willst du doch
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