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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda
Autoren: Magdalen Nabb
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nicht. Der Minister hatte dem befehlshabenden Oberst in Florenz deswegen schon eine Zigarre verpaßt, die der natürlich prompt an Maestrangelo weitergab. Der Capitano war alles andere als glücklich über die unorthodoxen Methoden, die zur Lösung dieses Falles geführt hatten, aber ihn trafen sie wenigstens nicht unvorbereitet. Staatsanwalt Fusarri, der sich im Ledersessel des Capitanos hinter einer Rauchwolke verschanzte, war mit den unorthodoxen Methoden ebenso zufrieden wie mit dem dadurch erzielten Erfolg. Der Maresciallo erschrak ordentlich, als er plötzlich vorschnellte und mit seinem Zigarillo auf ihn zielte.
    »Jetzt hab ich’s! Die Maxwell-Entführung, natürlich! Ich weiß nicht mehr genau, was Sie da gemacht haben, aber jedenfalls war’s ein ausgefuchster Dreh…«
    »Nein, nein…«, wehrte der Maresciallo ab, und sein Blick schweifte von der Zeitung zu dem Gemälde hinter Maestrangelos Schreibtisch. »Den Fall hat doch der Capitano geleitet.«
    »Hm.« Fusarri hob eine Braue, schürzte die Lippen und sagte mit verschmitztem Lächeln: »Maestrangelo, wir geben eine Pressekonferenz.«
    Der Capitano tat ein übriges und lud noch einen Vertreter des Sondereinsatzkommandos dazu, dessen Anwesenheit die Fragen ganz auf die nächtliche Befreiungsoperation konzentrierte. Die Geschichte kam so gut an – insbesondere das Täuschungsmanöver mit dem fingierten Hubschraubereinsatz –, daß das Fernsehen die Aktion in einem Dokumentarfilm nachstellte. Der Capitano sah den taktischen Vorteil dieses Ablenkungsmanövers, aber als der gewissenhafte, seriöse Charakter, der er war, reute es ihn, daß von der eigentlichen, der Hintergrundgeschichte nicht einmal das, was man hätte preisgeben können, irgendeinen Reporter hinter dem Ofen hervorgelockt hätte. Sondereinsatzkommandos, gefährliche mitternächtliche Schießereien, Tarnausrüstungen und teure Spezialwaffen, damit machte man heutzutage Schlagzeilen. Dagegen gaben vertrauliche Informationen nicht viel her. Und die Geschichte eines biederen Unteroffiziers aus einer Landgemeinde, der sich ohne viel Aufhebens um die Probleme seiner Schäfer und Bauern kümmerte, die taugte auch nicht zu einer Fernsehdokumentation. Aber wie hätte man sie aufblasen sollen? Etwa mit der Pointe von dem ebenso unbedeutenden Maresciallo eines kleinen Florentiner Reviers, der seinem Kollegen vom Dorf aufmerksam zugehört hatte? Der Capitano beugte sich also dem Diktat des Medienrummels, was die Journalisten freute, ihn selbst aber gehörig irritierte, wie er dem Maresciallo versicherte, der die Pressekonferenz im Büro seines Chefs abgewartet hatte. Der Maresciallo sagte nur: »Hauptsache, die arme Frau ist in Sicherheit…«, und entschuldigte sich, sobald es irgend ging, mit einer dringenden Verabredung.
    Der Maresciallo war mehr als irritiert, er war in großer Sorge. Als Teresa aus dem Augenwinkel sah, wie er schwarz und massig im Türrahmen lauerte, begrüßte sie ihn nicht eben freundlich.
    »Los, Salva, geh und zieh dich um. Wir müssen in zehn Minuten dort sein.«
    »Es ist doch gleich um die Ecke.«
    »Geh und zieh dich um. Es macht einen schlechten Eindruck, wenn wir zu spät kommen.«
    Die massige Gestalt zog sich widerstrebend zurück.
    Sie überquerten die abschüßige Freifläche vor dem Palazzo und warteten unten an der Straße, bis die Ampel umschaltete. Um diese Zeit – es war halb sieben – staute sich der Verkehr, aber morgens hatte es geregnet, jetzt war der Himmel rein gefegt, und der betörende Duft der Linden triumphierte in der lauen Abendluft sogar über die Abgase. Ein paar Schritte weiter blockierten eine Mutter und ihr bockiges Kind den schmalen Gehsteig.
    »Das reicht, hörst du! Ich sag’s dir nicht noch einmal.« Das kleine Mädchen aber schrie aus Leibeskräften und schlug mit den Fäusten nach der Mutter. »Ich hasse dich, und ich sag alles meinem Papa wieder! Ich hoffe, du machst dir ins Hemd, jawohl! Ich hasse dich!!!«
    »Wirst du wohl still sein! Und mach dich nicht so breit, du siehst doch, da wollen Leute vorbei.«
    Die Mutter zog das widerstrebende Kind hinter sich her und lächelte den Maresciallo und seine Frau verständnisheischend an. »Das kommt davon, wenn sie jeden Willen kriegen…«, sagte sie, ohne sich durch den Wutausbruch der Kleinen aus der Ruhe bringen zu lassen.
    Teresa hatte sich immer ein Mädchen gewünscht. Sie lächelte der Frau zu, als man nebeneinander die Straße überquerte. »Ja, ja, es heißt nicht umsonst: Kleine
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